Hilpoltstein
Heimat: ökologisch und digital?

Umweltpolitiker Josef Göppel fordert auf dem Jahresempfang der Hilpoltsteiner CSU Abkehr vom Flächenverbrauch

27.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:47 Uhr
Diskutieren beim CSU-Jahresempfang über Umweltschutz, Flächenverbrauch und Innenstadtbelebung: Josef Göppel, Ortsvorsitzende Ulla Dietzel und der designierte Bürgermeisterkandidat Christoph Raithel (von rechts). −Foto: Kofer

Hilpoltstein (HK) Nach der Wahl ist vor der Wahl. Und so rührt die Hilpoltsteiner CSU bei ihrem Neujahrsempfang am Sonntag die Werbetrommel für die Europawahl im Mai und bereits für die Kommunalwahl 2020 in der eigenen Stadt. Gastredner ist der langjährige Bundestagsabgeordnete und Umweltpolitiker Josef Göppel aus Herrieden. Mit ihm diskutieren am Ende der designierte Bürgermeisterkandidat Christoph Raithel und Ortsvorsitzende Ulla Dietzel.

Das Motto des Jahresempfangs lautet "Heimat: ökologisch, nachhaltig, digital." Und Göppel, der 68-jährige Förster und CSU-Umweltpolitiker, redet nicht lange um den heißen Brei herum. Das Rednerpult lehnt er ab - "das ist mir zu weit weg" - ein Manuskript braucht er nicht. Er weiß, was er sagen will. Dabei kritisiert er immer wieder Positionen der CSU. "Unsere Partei fährt zum ersten Mal wirklich einen Pro-Europa-Wahlkampf. Darüber bin ich froh." Man erlebe gerade, dass die AfD sich Europa als Thema vornehme, nachdem das Flüchtlingsthema nicht mehr zur Hetze tauge, sagt Göppel. Froh ist Göppel auch über den Kurswechsel seiner Partei in dieser Frage. "Der Versuch, Parolen der AfD nachzulaufen, ist jetzt wohl endgültig gescheitert", kritisiert er den "kapitalen Richtungsfehler", den man jetzt mühsam korrigieren müsse, um Vertrauen zurückzugewinnen. Schämen müsse man sich auch für den CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer, der in der Debatte um ein Tempolimit jedem Befürworter den gesunden Menschenverstand abspricht. Dass es in der CSU nicht nur lauter Leuchten gebe, sehe man auch an Dorothea Bär, immerhin Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt. Wenn sie fordere, dass man beim Schutz der persönlichen Daten abrüsten müsse, um die Digitalisierung voranzutreiben, sei "großes Misstrauen" angebracht, sagt Göppel.

Auch Hilpoltstein spart der Umweltexperte in seiner Kritik nicht aus. Er sei zwar schon lange nicht mehr hier gewesen, "aber die Stadt ufert ja doch maßlos aus". Man habe sich angewöhnt in die Fläche zu gehen, das müsse dringend korrigiert werden. Er setze sich im CSU-Arbeitskreis Umwelt und Landschaftsentwicklung dafür ein, dass der Verbrauch neuer Flächen in Bayern, der auf fünf Hektar pro Tag festgeschrieben sei, bis auf jede einzelne Gemeinde heruntergebrochen werde. Nur so könne man im Stadtrat auch entsprechend handeln. Der bisherige Pakt zum Flächensparen sei nur in München auf dem Papier gestanden. Die Kommunen müssten außerdem endlich Zugriff auf Leerstände im Ortskern bekommen. Hier widerspricht Lissy Wild-Heyder, Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung des CSU Kreisverbandes Roth, in der anschließenden Diskussionsrunde heftig. Nur sechs bis acht Prozent der Fläche in Bayern seien bebaut, sagt Wild-Heyder und "jede Gemeinde braucht ein kleines Gewerbegebiet". Zu den Leerständen merkt sie an: "Ich bin froh, dass jeder über sein Eigentum selbst verfügen kann." Göppels Weg würde sie daher nicht mitgehen wollen.

Der Umweltpolitiker verteidigt seinen Standpunkt. Ein Windradbetreiber müsse eine Kaution für den Rückbau hinterlegen, für Gewerbebetriebe gebe es so etwas nicht, mahnt er an. In den vergangenen 15 Jahren habe die zubetonierte Fläche in Bayern um 20 Prozent zugenommen. "Aber Wiesen und Wälder sind entscheidend für unser Grundwasser", sagt Göppel. "Der atmende, offene Boden ist und bleibt unsere Lebensgrundlage." Und bei der Belebung der Innenstädte und Ortskerne sei man nicht nur dem Eigentum, sondern auch dem Gemeinwohl verpflichtet.

Auch Christoph Raithel würde die Altstadt gerne beleben, aber Aldi komme gar nicht in die Innenstadt. Seine Frage, wie man Wachstum und Eindämmung des Flächenverbrauchs in Hilpoltstein unter einen Hut bringen solle, antwortet Göppel dezidiert: "Christoph, wenn wir den Mittelstand aufgeben, sage ich voraus, dass auch unsere Partei einen Niedergang erleiden wird."

Beim Thema S-Bahn zwischen Roth und Hilpoltstein bestärkt Göppel Ulla Dietzel in ihrem Kampf für diese Strecke. Im Landkreis Herrieden habe man es geschafft, eine Linie von Ansbach in den kleinen Ort Dombühl, wo sich laut Göppel Fuchs und Hase gute Nacht sagen, einzurichten. "Und auf einmal ist der Zug voll." Entscheidend sei es, ein verlässliches Angebot zu machen, dann werde es auch genutzt.

Cornelia Griesbeck, frisch gewählte CSU-Bezirksrätin aus Wendelstein, bekräftigt in ihrem Grußwort, dass ihre Partei wieder ein stärkeres Augenmerk auf das Gemeinwohl legen müsse. Josef Göppel bezeichnet sie als "grünes Gewissen der CSU" und erklärt, vielleicht auch im Hinblick auf die Wahlerfolge der Grünen, selbstkritisch: "Wir hätten öfter auf dich hören sollen." Dass sie in Hilpoltstein die Gelegenheit dazu hatten, war eher Zufall. Denn eigentlich war als Festredner Heimat- und Finanzminister Albert Füracker vorgesehen. Er sagte aber ab.

 

Robert Kofer