Landkreis Roth
Aus Putzfrauen werden Prinzen

Schwander Carnevals Club inthronisiert am Samstag das erste schwule Prinzenpaar in Mittelfranken

09.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:35 Uhr
Der Anzug sitzt: Nach der Inthronisation am kommenden Samstag dürfen die beiden Prinzen Christof Reichel und Stefan Knorr dann auch ihre Kappen und Schärpen tragen. −Foto: Hofmann

Schwanstetten (HK) Zum ersten Mal in der mittelfränkischen Faschingstradition gibt es ein schwules Prinzenpaar - und zwar im Landkreis Roth: Christof Reichel und Stefan Knorr werden am Samstag in Schwanstetten in ihr Amt eingeführt.

"Wir bekommen ein gleichgeschlechtliches Prinzenpaar." Als Peter Zabold, der Vorsitzende des Schwander Carnevals Clubs, (SCC) im vergangenen Jahr davon erfährt, muss er schlucken. "Da denkst du dir erstmal: Oh, wie kommt das wohl bei den Leuten an?" Doch von diesen Bedenken ist jetzt, zwei Tage vor der Inthronisation, nichts mehr übrig. Zabold und alle anderen im SCC sind restlos überzeugt vom außergewöhnlichen Prinzenpaar ihres Faschingsvereins.

Bis zur Faschingsdämmerung im November hatte es Zabold geschafft, das Geheimnis zu hüten. Bei dieser Veranstaltung tasten sich dann Christof Reichel (40) und Stefan Knorr (52) ganz langsam an das Publikum heran. Die beiden kommen als Putzfrauen mit Kopftuch, Kittelschürze und Wischmop auf die Bühne. Sie putzen die Bühne und polieren die Glatzen einiger Männer, während sie darüber spekulieren, dass es in Schwanstetten in diesem Jahr kein Prinzenpaar gebe. Dann kommen die beiden auf die Idee: "Wenn das so ist, können wir das doch machen." Die Schwander sind begeistert, lachen, johlen und klatschen wie verrückt. Christof Reichel, den seine Kollegen nur "Chriss, mit zwei S für super süß und super sexy" nennen, erinnert sich: "Die Nachricht hat eingeschlagen wie eine Bombe und am nächsten Tag stand unser Telefon nicht mehr still." Auch der Vorsitzende Peter Zabold erinnert sich mit großer Freude zurück: "Es gab keinen einzigen Buh-Ruf. Selbst die Älteren waren überzeugt. Deshalb hat auch niemand im Verein gesagt: Ein gleichgeschlechtliches Prinzenpaar, das kommt nicht in Frage."

Kennengelernt hat sich das Paar im Mai 2017 in einer Bar in Nürnberg. An diesem Abend lief der Eurovision Song Contest und Reichel tippte auf den Außenseiter Rumänien. Für Knorr war das haarsträubend: "Die Rumänen haben versucht Bayern zu imitieren und zu jodeln. Das ging gar nicht." So kommen die beiden ins Gespräch und haben den ganzen Abend nur noch Augen für sich. Ein halbes Jahr später zog Reichel zu Knorr nach Schwanstetten und sie feierten im vergangenen Jahr zum ersten Mal zusammen Fasching. Bei der Prunksitzung halfen sie in der Garderobe aus.

Von Anfang an ist Reichel, der eigentlich aus Erlangen kommt, angetan vom SCC: "Mir hat das Vereinsleben gefallen. Jeder kennt jeden und jeder greift mit an. Ich bin sofort gut angenommen worden." Als beim Faschingszug der Prinzenwagen vorbeifährt, sagt er zu seinem Lebensgefährten: "Nächstes Jahr stehen wir da droben." Was eigentlich als Spaß gemeint ist, spricht sich im Laufe des Jahres in der Ortschaft herum.

Im Oktober sitzt Knorr nichts ahnend in der Sauna, als Oliver Debus, der Kassier des SCC auf ihn zukommt. Verschwörerisch raunt er Knorr zu: "Ich muss mal mit dir reden, aber nicht hier." Nach dem Aufguss gehen sie zusammen ins Freie und Debus stellt die entscheidende Frage: "Kannst du dir vorstellen, das Prinzenpaar zu machen?" Knorr sagt sofort zu. Seinem Partner schreibt er gleich die Nachricht: "Herzlichen Glückwunsch, Herr Prinz!"

Reichel und Knorr freuen sich riesig darüber, dass sie angesprochen worden sind. Seit sie zusammen auf dem Faschingszug waren, haben sie immer wieder darüber gesprochen, dass sie gerne Prinzenpaar werden würden. Aber auf den Verein zuzugehen und sich dafür zu bewerben, das hätten sie sich nicht getraut.

Obwohl sie sich bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt als Putzfrauen verkleidet haben, besteht Knorr darauf: "Wir sind zwei Prinzen und basta. Es wird keiner von uns ein Kleid anziehen und die Prinzessin mimen! Wir machen da kein Kasperltheater." Das sieht auch Reichel so: "Das ist Fasching und nicht der Christopher Street Day. Und wir sind Prinzen und keine Dragqueens."

Vom Verein haben die beiden bisher nur positives Feedback bekommen. Knorr sagt stolz: "Der Hofmarschall hat erzählt: Die anderen Prinzenpaare musste ich immer anschubsen, aber bei euch ist das nicht so. Ihr sprüht vor eigenen Ideen." So haben sich Knorr und Reichel auch einige Überraschungen für die Zeit ihrer Regentschaft überlegt. Schon die Inthronisation am Samstag soll anders werden als in den Jahren zuvor. Normalerweise stehen Elferrat und Prinzengarde Spalier und das Prinzenpaar zieht in die Halle ein. Aber das haben die beiden nicht vor. "Das ist zu klassisch, das passt nicht zu uns", sagt Reichel lachend.

Dass sie den anderen Prinzenpaaren in der Region die Show stehlen werden, davon sind Knorr und Reichel überzeugt. "Die Zirndorfer sind schon ein bisschen neidisch, die haben uns nämlich schon letztes Jahr gefragt, ob wir nicht ihr Prinzenpaar machen würden", sagt Knorr. "Aber für mich war klar, wenn ich das mache, dann nur in Schwand."
 

Bianca Hofmann