Hilpoltstein
"Wir sind voll, aber es ist noch nicht hochkritisch"

Albert Götz, ärztlicher Klinikleiter in Roth, blickt mit Sorge auf weitere Entwicklung in der Coronakrise

19.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:04 Uhr
Damit der Landkreis Roth die Kreisklinik auch finanziell unterstützen kann, bedarf es den Betrauungsakt. −Foto: Messingschlager

Hilpoltstein/Roth - Die Zahl der Coronapatienten steigt wieder. Auch in der Kreisklinik Roth. "Seit vergangener Woche merken wir, dass es mehr werden", vermeldet der ärztliche Leiter und Chefarzt Albert Götz.

15 Patienten mit einer Coronainfektion muss die Kreisklinik aktuell behandeln, davon liegt einer auf der Intensivstation. Damit ist die Hälfte der insgesamt zwei Intensivbetten für Coronapatienten bereits belegt. Und von den sechs Betten für reguläre Intensivpatienten war am Montagvormittag auch nur noch eines frei. "Wir sind voll, aber es ist noch nicht hochkritisch", urteilt Albert Götz. "Ein besseres Gefühl hätte ich allerdings, wenn wir noch mehr freie Intensivbetten hätten. "

Denn alles sei im Fluss, die Lage könne sich jederzeit ändern - wenn ein Verkehrsunfall passiert, Patienten mit Herzinfarkt oder Schlaganfall eingeliefert werden oder postoperative Folgen wie ein Darmverschluss eintreten und die Betroffenen auf die Intensivstation verlegt werden müssen. Die deutschlandweit steigenden Inzidenzen bei den Coronaerkrankten sieht Albert Götz als alarmierende Vorboten. "Die Intensivbelegung hängt dem Infektionsgeschehen etwa drei Wochen hinterher. " Man könne sich also ausrechnen, dass auch die Zahl der Intensivpatienten weiter steigen werde. Mit einer Triage, bei der die Ärzte dramatische Entscheidung treffen müssen, wer als erstes behandelt wird, rechnet der ärztliche Leiter aber nicht. "Das wird nicht passieren, solange wir die Patienten noch verlegen können. " Dafür gebe es mittelfrankenweit ein gutes Netzwerk, im Falle des Falles werde im Großraum nach freien Betten gesucht. Sollten auch diese alle voll sein, weiche man auf andere Regierungsbezirke aus. "Das heißt, wenn in Nürnberg nichts mehr geht, müssen die Patienten unter Umständen nach Ingolstadt, Würzburg oder Regensburg", erklärte Götz.

Eine weitere Alternative, die Situation auf der Intensivstation zu entzerren, liege darin, nicht notwendige Operationen zu verschieben, auch wenn das für die Betroffenen sehr unangenehm sein kann, dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von Hüftprothesen bei Arthrose. "Dann können wir nur noch Notfälle behandeln. " Der Nachteil dabei: "Irgendwann schieben wir eine Bugwelle an Operationen vor uns her. "

Im Vergleich zur zweiten Coronawelle im Winter gebe es jetzt zum Teil auch positive Aspekte. Die Arbeit auf der Coronastation bleibe zwar extrem anstrengend - man denke nur an die Vollschutzanzüge, Masken und zusätzlichen Visiere - dennoch habe sich die Personalsituation etwas entspannt. "Da hilft uns unsere hohe Impfquote", betont Götz. Zudem hätten etliche Mitarbeitende bereits eine Coronainfektion durchgemacht, damit sind seiner Einschätzung nach rund zwei Drittel der Belegschaft immunisiert. "Dadurch haben wir unseren Krankenstand und unsere Fehlzeiten verbessern können. "

Götz glaubt, dass flächendeckendes Impfen die einzige Option ist, um aus der Coronakrise zu kommen. Spätfolgen aufgrund einer Impfung hält er "nach jetzigem Stand für unbegründet". Die Überwachung sei gut und Millionen von Menschen, die bereits erfolgreich geimpft seien, sprächen für sich. Und wenn er sich die Krankheit anschaue, "gibt es keinen Zweifel am Nutzen". Corona treffen immer mehr die Jüngeren - mit zum Teil gravierenden Folgen.

Der sogenannten Coronabremse, die im Bundestag intensiv diskutiert wird, schenkt er hingegen nicht sehr viel Hoffnung. "In Bayern haben wir zum Beispiel schon die Ausgangssperre und trotzdem nicht die niedrigsten Zahlen", gibt der Arzt zu bedenken. "Das Wichtigste ist deshalb die Vernunft der Menschen, sich an die Abstände zu halten. "

HK

 

Monika Meyer