Thalmässing
Winterfreuden trotz Coronaleiden

Loipenspaß bei Greding und Thalmässing - Stehender Skilift bei Heideck lässt Rodler jubeln - Nichts los am Rothsee

17.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:29 Uhr
  −Foto: Leykamm(4), Tschapka (1)

Thalmässing/Röckenhofen /Rudletzholz/Hilpoltstein - "Drei Tage lang habe ich überlegt", sagt Irmgard Zollner.

Soll sich die Hilpoltsteinerin angesichts der aktuellen Corona-Lage mit ihren Langlaufskiern auf die Loipen bei Thalmässing wagen? Sie hat sich dafür entschieden, es nicht bereut und keine Vorgaben verletzt. So wie ihr geht es vielen. Auch bei Greding sind am Wochenende mehr als sonst auf ihren langen Brettern unterwegs.

Nur auf den kurzen kommt man zu kurz. Denn der Skilift bei Heideck darf nach der Sportstättenregelung nicht in Betrieb gehen. Über die zwangsweise stillstehende Anlage am Rudletzholzer Hang aber freuen sich die Schlittenfahrer. Sie haben die Piste, die sie bei Liftbetrieb aus Sicherheitsgründen nicht nutzen dürfen, fast ganz für sich alleine. Großen Spaß hat da zum Beispiel die dreijährige Arianna Andreicut, die mit Papa Andrei gemeinsam den Berg hinuntersaust. Gäbe es das fiese Virus nicht, wäre die junge Dame aus Heideck wohl im Rahmen eines Kinderskikurses auf Skiern die Strecke hinuntergefahren.

Es sind vor allem diese Bilder von fröhlichen, den Skisport lernenden Buben und Mädchen, die die Mitglieder des Skiclub Heideck heuer schmerzlich vermissen. "Da blutet uns wirklich das Herz", so die Vorsitzende Luise Köstler. "Einfach jammerschade, dass der Lift still stehen muss - einmal, wenn wir Schnee haben", bedauert auch Mitstreiter Maximilian Peschke.

Alle Anrufer mussten vertröstet werden. Die Liftanlage, die von dem Verein betrieben wird, haben dessen Mitglieder trotzdem aufbauen dürfen. Um die baulichen Maßnahmen umzusetzen, die der TÜV vor einem Jahr verordnet hat. Davon, dass sie nun aufgepeppt, aber regungslos im Winterweiß steht, lassen sich im Laufe des Wochenendes etliche Skifahrer nicht beirren. Sie erklimmen den Hang einfach zu Fuß. Dem eigenen Hobby will gefrönt werden, wenn dem Club schon die anderen Aktivitäten verwehrt sind: Keine Skigymnastik, keine Vereinsskifahrt. "Zurzeit läuft gar nichts", bedauert Köstler. Dann aber doch zumindest Skifahren vor der Haustür: Corona hin, Liftverbot her.

Noch hofft die Vorsitzende mit vielen anderen Wintersportlern, "dass immer noch Schnee liegt, wenn die Auflagen nicht mehr da sind". Derzeit ist wohl leider mit dem exakten Gegenteil zu rechnen. Also die Gelegenheiten nutzen, wo sie sich bieten. Für die Skilangläufer zum Beispiel am Thalmässinger Loipennetz - das Spuren solcher Strecken ist (mit Ausnahmen) erlaubt. So zeigt sich der sogenannte Dino-Parkplatz bei Ruppmannsburg am Wochenende immer recht gut gefüllt. Viele toben sich hier aus, die wie Irmgard Zollner auf winterliche Tage im Bayerischen Wald verzichten müssen. Laut den Autokennzeichen sind auch Gäste aus den Landkreisen Eichstätt, Neumarkt und Weißenburg-Gunzenhausen vertreten. Tagesausflügler sind willkommen, die 15-Kilometer-Grenze greift für sie nicht, weil Landrat Herbert Eckstein auf die entsprechende Allgemeinverfügung verzichtet hat. Ganz so einfach sei das aber auch nicht, heißt es hierzu von der Polizeiinspektion Hilpoltstein. Der Landkreis verzichte zwar auf Maßnahmen, trotzdem sollten Fahrten über jene Grenze hinaus zu touristischen Zwecken unterbleiben, da müsse aber der Einzelfall betrachtet werden. Und so kommen auch Gabi und Klaus aus dem Landkreis Fürth hierher, wollen aber ihre Nachnamen lieber nicht preisgeben. Ein geparktes Auto ist sogar in Salzgitter zugelassen.

Aufpassen müssen die Bewohner des Rother Landkreises selbst. "Per Luftlinie sind es von uns bis hierher zwölf Kilometer", haben sich die Eheleute Elisabeth und Wilfried Viehmann aus Hilpoltstein im Internet schlau gemacht, die ohne Pandemie in diesen Tagen das Fichtelgebirge beehren würden. Es könne aber natürlich sein, dass durch das Befahren der Loipe die Grenzvorgaben gesprengt würden, gibt der Ehemann eher scherzhaft zu bedenken. Laut Polizei ist hier aber keine Kontrolle zu befürchten: Man agiere mit gesundem Augenmaß und werde nicht in James-Bond-Manier über die Loipen jagen. Der Hilpoltsteiner Felix Krug dürfte nach seiner 7,5-Kilometer-Runde wohl ein Kandidat für eine Ordnungswidrigkeit sein, legte man diese Regelung wirklich so pingelig aus. "Wir schauen sehr darauf, dass wir uns regelkonform verhalten", sagen bei allem Spaß Anke Freiman aus Georgensgmünd und Petra Homm aus Kiliansdorf.

Die Spuren aber seien soweit auseinander gezogen und das Netz so groß, dass man sich nicht in die Quere komme. Für diese kommoden Gegebenheiten sorgt Gerhard Buchstaller, Loipenwart der Skiabteilung des TV Thalmässing. Mit seinem zwölfjährigen Sohn Xaver und einem 121 PS starken Spurgerät ist er viele Stunden unterwegs, um für ideale Streckenbedingungen zu garantieren. Otto Somann heißt hier ein weiterer, eifriger Loipenspurer. Wer will, kann für das ehrenamtliche Engagement etwas Spritgeld in eine Spendendose am Parkplatz abdrücken. Es ist ein Kommen und Gehen am "Dino" - die meisten Skilangläufer kommen dabei aus der Region selbst. Gleiches gilt für den Raum Greding, wo ein Loipennetz die Ortsteile Herrnsberg, Röckenhofen und Österberg verbindet. Hier ist es zwar um einige Grad kälter als in der Stadt selbst. "Dafür gibt es umso mehr Schnee", so Nico Schneider, Leiter des Skiclubs beim TSV Greding. Auch über den Dächern der Stadt lässt sich so mancher Ausreißer unter den Autokennzeichen bemerken. Ob wirklich jemand bis aus Göttingen hierher zum Langlaufen angereist ist? Weit häufiger sind die Herkunftsorte Berching oder Beilngries. Von dort ist Marc Zörerbauer herbeigefahren - für ihn "dank" Corona eine persönliche Premiere. Hier zuhause sind hingegen Michael Schön und Thomas Frank, der mit Tochter Mona über die Loipen streift.

Dass das Einhalten der Abstandsregeln hier kein Problem ist, demonstrieren Michael und Mona mit den Langlaufstöcken. "Meine sind 1,55 Meter lang", sagt sie und hält einen davon quer - ohne Schön auf der Loipe neben sich gefährlich zu werden. Bei fast 25 Kilometern an gespurten Bahnen macht es auch nichts aus, dass heuer "so viele da sind wie noch nie", betont der Einheimische Wilfried Landes. Und das dank Stirnlampe bis in den Abend hinein. Nur auf den Parkplätzen wird es des Öfteren eng, so dass etliche Autofahrer auf Waldwegen parken. Das Problem haben Bernhard Mödl und Tochter Antonia nicht. Sie sind in Herrnsberg zuhause und können vor der Haustür mit dem Wintersport beginnen. Keine Sorgen, dass sie Corona-Vorgaben verletzt haben könnten, müssen sich Karin Beck und Martina Wolfsteiner aus Greding machen. Die Schwägerinnen üben sich in gegenseitiger Kinderbetreuung und fallen so unter die Bezugsfamilienregelung. So gerät die Bilanz der Polizei Hilpoltstein letztlich äußerst positiv: Es seien keine Verstöße gemeldet worden, umso mehr aber hätten sich viele im Vorfeld bei der Dienststelle informiert, was erlaubt ist und was nicht.

Wenig los ist hingegen an diesem Winterwochenende am Rothsee. "Der Rothsee ist kein Corona-Hotspot", sagte Landrat Herbert Eckstein kürzlich und hat Recht behalten. Nur wenige Menschen sind an den Ufern unterwegs. Einige drehen im Laufschritt auf eisigem Grund ihre Runden um das Gewässer, andere gehen mit ihrem Hund spazieren, die Parkplätze sind kaum benutzt und Massenansammlungen sind auch keine zu beobachten. Wer nun aus dem Rother Landkreis oder von weiter weg unterwegs ist, lässt sich natürlich nicht so ohne weiteres feststellen. "Wir fragen nicht nach dem Ausweis", sagt Tanja Haubner, Wirtin des Strandhauses Grashof. Nur an den Kennzeichen der Autos kann man erkennen, ob Auswärtige da sind. In der Tat stehen auf dem Parkplatz bei Grashof ein paar Autos aus Nürnberg, Fürth und eins aus Würzburg. Obwohl nur wenige Menschen unterwegs sind, haben die Haubners geöffnet und bieten ihre "To Go"-Ware an. Im Vergleich zum letzten Wochenende, als die Sonne schien, ist an diesem wesentlich weniger los. "Ich denke mal, es liegt nicht nur am Wetter, sondern auch an der großen Verunsicherung, was erlaubt ist und was nicht", vermutet Andreas Haubner. "Die Leute fragen sich, gelten die 15 Kilometer ab Stadtgrenze, ab Zentrum oder ab Wohnort, wo darf ich noch hin, ist der Rothsee noch dabei? " Beide glauben, dass diese Regel am Ziel vorbeischießt und nicht zu Ende gedacht wurde. "Die Leute, die hier unterwegs sind, halten sich alle an die Abstandsregeln", so die Beobachtung von Tanja Haubner. "Hier ist jede Menge Platz und man ist an der frischen Luft, so dass es mir schwerfällt zu glauben, dass eine Infektion stattfinden kann, wenn die Leute um den Rothsee laufen und bei uns mal kurz anhalten".

HK

Tobias Tschapka