Hilpoltstein
Vom Kollabieren weit entfernt

Landrats- und Gesundheitsamt ziehen erste Corona-Bilanz - Anfang April Höhepunkt mit 186 akut Infizierten

01.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:39 Uhr
Drei Tage nach Ausrufen des Katastrophenfalls öffnete die "Drive-in"-Teststation. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein - Der Landkreis Roth ist während der Hochphase der Corona-Pandemie vom Schlimmsten verschont geblieben. Das zeigen die Zahlen, die Gesundheitsamtchef Stefan Schmitzer im Kreisausschuss vorstellte. So hat der Landkreis mit 224 Fällen pro 100000 Einwohner die niedrigste Quote aller mittelfränkischen Landkreise. Sieben Menschen sind offiziell an den Folgen von Covid-19 gestorben, in den Nachbarlandkreisen waren es zum Teil erheblich mehr.

 

Angefangen hat es im Landkreis am 2. März, als der erste Fall gemeldet wurde. Am 16. März wurde der Katastrophenfall in Bayern ausgerufen, bereits drei Tage später eröffnete die "Drive-in"-Teststation in Hilpoltstein. Seinen Höhepunkte erreichte die Welle zwischen dem 7. und 9. April, als 186 akut infiziert waren und 16 Covid-19-Patienten in der Kreisklinik lagen. Der erste Corona-Tote wurde am 27. März gemeldet, der letzte am 16. April. Während all dieser Zeit hatte die Kreisklinik im Schnitt immer weit mehr als 100 freie Betten - bei 274 Betten Gesamtkapazität. "Zum Glück war das Krankenhaus vom Kollabieren weit entfernt", sagte Landrat Herbert Eckstein.

Der Quarantäne-Höchststand wurde mit 389 am 14. April erreicht. Insgesamt wurden 969 Kontaktpersonen bisher im Landkreis ermittelt, von denen noch eine Handvoll in Quarantäne ist. Bereits seit Anfang Mai befindet sich kein Covid-Patient mehr in der Kreisklinik. Seit Mitte Juni liegt auch kein Landkreisbürger in einer Klinik außerhalb des Landkreises.

Untersucht wurde auch, welche Struktur die Infizierten im Landkreis haben. Demnach waren mehr Frauen als Männer infiziert. Die am stärksten betroffenen Altersklassen waren die 20- bis 29- sowie die 50- bis 59-Jährigen. Die sieben Toten im Zusammenhang mit Covid-19 waren laut Schmitzer alle über 70 Jahre alt und mit Vorerkrankungen belastet.

Seit Beginn der Pandemie wurden im Landkreis Roth rund 1850 Abstriche gemacht. Das Gesundheitsamt übernahm dabei mit 1348 den Löwenanteil, den Rest machte die KVB (Kassenärztliche Vereinigung). Höhepunkt war Ende März/Anfang April als das Gesundheitsamt im Schnitt 90 Abstriche pro Tag nahm. Bei der KVB war es die Woche ab dem 13. April mit 50 Abstrichen.

Als Reaktion auf den fast auf Null gesenkten Publikumsverkehr haben das Landratsamt und das Gesundheitsamt zehn Hotlines eingerichtet. Als erste am 5. März die Corona-Hotline, bei der im Schnitt 115 Anrufer pro Tag registriert wurden, Maximum waren 500. Es folgten Jugendamt-, Bürger- und Führungsgruppe-Katastrophenschutz(FüGK)-Hotline sowie als letzte am 6. April eine Hotline Seniorenfürsorge. Auch die Hotlines waren zum Teil hoch frequentiert mit mehr als 100 Anrufen am Tag.

Koordiniert wurden die Covid-19-Maßnahmen im Landratsamt von der FüGK. Die Aufgaben reichten vom Vollzug des Infektionsschutzgesetzes über die Materialbeschaffung bis hin zur Organisation der Testrecke sowie der Kommunikation mit Regierung und Ministerien. Laut Schmitzer waren es mehr als 5700 Stunden, die von bis zu 63 Kräften geleistet wurden.

Ein leidiges Thema war vor allem im März und April die Versorgung mit Material und Schutzausrüstung. Vieles musste der Landkreis zunächst selbst übernehmen, vor allem Pflegekittel, Schutzbrillen und Schutzanzüge. Rund 280000 Euro seien dafür bisher ausgegeben worden, wie aus den Sitzungsvorlagen hervorgeht. Demnach ist der Freistaat vor allem bei den Kitteln und Anzügen ins Trudeln gekommen. Der wöchentliche Bedarf an Pflegekitteln lag bei 5000 pro Woche, geliefert seien aber nur 350 worden. Bei den Schutzanzügen seien es 450 gewesen. Bedarf: 2000. Die Lücke habe der Landkreis überbrückt. Trotzdem würden es die Zahlen nicht hergeben, wie kritisch es tageweise wirklich gewesen sei, sagte Eckstein. "Das war eine logistische Meisterleistung."

HK

 

Rainer Messingschlager