Hilpoltstein
Stadtrat setzt Zeichen gegen Samstagsproteste

Neues Bündnis "#hipistbunt" warnt vor kruden Theorien der "Corona-Rebellen" auf dem Marktplatz

31.07.2020 | Stand 23.09.2023, 13:16 Uhr
Als Gegenbewegung zu den samstäglichen Mahnwachen des "Bündnis für Meinungsvielfalt" (Foto unten) haben die Vertreter der im Hilpoltsteiner Stadtrat vertretenen Parteien (unten) jetzt das Bündnis "#hipistbunt" ins Leben gerufen. Die Haltung der "Corona-Rebellen" wird in der gemeinsamen Erklärung ebenso abgelehnt wie Rassismus, Ausländerhass und Ausgrenzung.

Durch einen Klick in das Foto sehen Sie dieses in voller Größe. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein - Selten zuvor sind sich die im Hilpoltsteiner Stadtrat vertretenen Parteien so einig wie jetzt: In einer gemeinsam verfassten Erklärung sprechen sich die Fraktionen und Bürgermeister Markus Mahl gegen rechte Meinungsmache und für eine offene, demokratische Gesellschaft aus.

Der Grund für diesen ungewöhnlichen Schritt sind die seit einigen Wochen jeden Samstag stattfindenden Demonstrationen vor der Residenz, bei denen gegen die Corona-Maßnahmen protestiert wird. Dem neuen Bündnis "#hipistbunt" zufolge werde dabei die Pandemie bisweilen sogar geleugnet, und es würden im Namen der Meinungsvielfalt zum Teil auch sehr zweifelhafte politische Thesen verbreitet.

Die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer halte sich zwar in Grenzen, dennoch werden diese Aktionen parteiübergreifend als gefährlich eingeschätzt. Unter anderem, weil staatliche Institutionen laut der Erklärung von "#hipistbunt" pauschal als "Feindbild und als unglaubwürdiger Teil eines großen Verschwörungskomplexes" dargestellt werden.

Und weiter: "Wir - alle demokratischen Parteien des Hilpoltsteiner Stadtrats - beobachten die Demonstrationen und ihr Umfeld mit Sorge und verurteilen den Ansatz von Rassismus und Antisemitismus aufs Schärfste. Solche kruden Theorien und Erklärungsansätze sind brandgefährlich!"

 

"Mit dieser Erklärung, die in voller Länge auf den Homepages unserer Parteien einzusehen ist, wollen wir diese Bewegung für uns einordnen und klarstellen, dass diese Sichtweite nicht ansatzweise der entspricht, wie wir Hilpoltstein sehen", sagt Felix Erbe von Bündnis 90/Die Grünen. Der Begriff "Meinungsvielfalt", wie es sich das gleichnamige Bündnis für die Marktplatz-Proteste auf die Fahnen schreibe, sei generell zwar ein wichtiges Wort, aber der falsche Begriff, wenn sich dabei auch neurechte Bewegungen, Reichsbürger oder andere Feinde der Demokratie zu Wort melden. "Die Leute sollten gut hinschauen und sich klar machen, mit wem sie da zusammen in einer Reihe stehen. Mit Menschen, die zum Teil unser gesamtes politisches System pauschal als schlecht bezeichnen", erkärt Christoph Raithel von der CSU.

Benny Beringer von der SPD findet es ärgerlich, dass sich unter den Demonstranten, die sich Hilpoltstein für ihre Aktion ausgesucht hätten, nur wenige Hilpoltsteiner befinden würden, aber so die ganze Burgstadt in Misskredit gebracht werde. "Es tut weh, wenn eine Minderheit das konterkariert, was wir in Hilpoltstein während der Krise geleistet haben, denn darauf können wir mit Recht stolz sein", so Beringer. Er nannte zum Beispiel die von Alexander Deß ins Leben gerufene Initiative "Hilpoltstein hilft", das in kurzer Zeit hunderte Unterstützer gefunden hatte.

Michael Greiner von den Freien Wählern räumt ein, dass die Corona-Maßnahmen durchaus Einschnitte in persönliche Freiheitsrechte mit sich gebracht haben. "Aber angesichts der Pandemie waren diese nicht unangemessen, der Staat hat richtig gehandelt, und es ist schließlich auch dessen Aufgabe, die Bürger zu schützen". Die geringen Infektionszahlen würden beweisen, dass die Maßnahmen richtig waren.

Aber nicht nur in der Ablehnung der "Corona-Rebellen" waren sich alle Fraktionen im Stadtrat einig, sondern auch in den Gegenmaßnahmen. Unter dem Motto "#hipistbunt" soll es die ganzen Sommerferien hinweg Aktionen geben, die in der "Woche des bürgerlichen Engagements" im September münden. "Wir rufen daher alle Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Verbände, Intuitionen und Kirchengemeinden auf, sich dem Leitbild "Hilpoltstein ist bunt!" anzuschließen, als klares Zeichen gegen Rassismus, Ausländerhass und Ausgrenzung", heißt es in der Erklärung. Dabei könne es sich um Vorträge, Stände, Kunst, Kultur und gemeinsame Aktivitäten handeln, die allesam darauf aufmerksam machen, dass die übergroße Mehrheit der Hilpoltsteiner Bewohner ihre Stadt als offene und bunte Gesellschaft wahrnimmt.

HK

 

Tobias Tschapka