Hilpoltstein
"Schwache Nummer vom Gesetzgeber"

Blumenläden und Auhofgärtnerei beklagen Wettbewerbsverzerrung - Kleine Gärtnereien dürfen zum Teil wieder öffnen

10.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:34 Uhr
  −Foto: Tschapka

Hilpoltstein - "Die Discounter haben die Marktlücke ausgiebig genutzt", sagt Ernst Hauth, Leiter der Auhofgärtnerei.

Während er schließen musste, weiteten Landhandel und Discounter das Geschäft mit Schnittblumen aus. Und das ausgerechnet in der Hauptabsatzzeit vor Ostern. "Das ist eine schwache Nummer des Gesetzgebers", kritisiert Hauth. Als Obermeister schrieb er einen Brandbrief an Ministerpräsident Söder, Wirtschaftsminister Aiwanger, Landwirtschaftsministerin Kaniber und den Rother Landrat Herbert Eckstein.

Zumindest mit teilweisem Erfolg. "Eckstein hat uns sehr intensiv unterstützt", sagt Hauth. Jetzt dürfen auch kleinere Gärtnereibetriebe wieder teilweise öffnen, sofern auf mehr als 50 Prozent der Verkaufsfläche Lebensmittel angeboten werden. Dazu zählen nun auch Salat, Kräuter und Gemüsepflanzen.

Das teilte das bayerische Gesundheitsministerium bereits am 3. April mit. Demnach sind kleine mittelständische Gärtnereien sogenannte Mischbetriebe und somit neu zu beurteilen. So fallen unter den Begriff der Lebensmittel nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Salat-, Gurken- oder Tomatensetzlinge. Gärtnereibetriebe, bei denen auf mehr als 50 Prozent der Verkaufsfläche "Lebensmittel" angeboten werden, können den kompletten Verkaufsraum öffnen. Auch auf Bauernmärkten, auf denen der Verkauf von Lebensmitteln überwiegt, dürften Gärtnereien auch ausschließlich Zierpflanzen verkaufen.

Seit Dienstag können daher zum Beispiel Kunden direkt in der Auhof-Gärtnerei wieder Obst und Gemüse sowie Kräuter- und Gemüsejungpflanzen kaufen. Sie gelten als Lebensmittel. Auch drei Tische mit Gänseblümchen und Stiefmütterchen hat Ernst Hauth im Hof aufgebaut. "Weniger als zehn Quadratmeter. Der Rest ist abgesperrt. Wir verkaufen auch keine Erde. " Frische Frühjahrsblüher wie die Stiefmütterchen (Violen) oder Osterglocken im Topf liefert der Auhof in Hilpoltstein, Heideck und Thalmässing und deren Ortsteilen aus.

Auch in der Hilpoltsteiner Gärtnerei Altmann ist man über die neue Richtlinie erfreut. Ab nächsten Dienstag will Juniorchef Markus Altmann seinen Laden wieder öffnen und die Hälfte der Verkaufsfläche mit Salat, Kräutern und Jungpflanzen bestücken. Was er auf der anderen Hälfte anbieten wird, will er sich übers Wochenende überlegen. Zur Auswahl stehen Topfpflanzen, Zimmerpflanzen oder Schnittblumen. Die gelockerten Regeln begrüßt Altmann sehr. "Damit kann ich ganz gut leben. "

Bislang versuchte sich der Familienbetrieb mit neuen Ideen über Wasser zu halten. Neueste Errungenschaft ist ein Salat- und Kräuterangebot vor dem Schaufenster mit einer Vertrauenskasse. Das heißt, hier nehmen sich die Kunden, was sie brauchen und bezahlen in eine Kasse. Außerdem hat die Gärtnerei schon wenige Tage nach der Zwangsschließung einen Webshop mit einem Bestellformular eingerichtet und liefert die Ware dann aus. Kunden, die ihre Pflanzen selbst abholen wollten, musste Juniorchef Markus Altmann bisher vertrösten. Das sei nicht erlaubt, weil es dann so aussehe, als hätte der Laden geöffnet. "Am Lieferservice verdiene ich nicht viel", sagt Markus Altmann. Er mache das vor allem, damit er seine Pflanzen nicht wegwerfen müsse. .

"Fair ist die ganze Sache nicht", sagte Altmann noch am Dienstag. Denn während er nur Salat und Kräuter - etwa zehn Prozent seines Umsatzes - verkaufen durfte, haben Discounter munter Schnittblumen angeboten und zum Teil massiv beworben. Schon am Eingang stünden da große Container mit Blumen und Pflanzen.

Auch der Landhandel sei massiv ins Pflanzengeschäft eingestiegen, wie Erhard Hauth irritiert festgestellt hat. Er sei vergangene Woche im Raiffeisenmarkt gewesen, um einen Kübel Farbe zu kaufen. Den habe er zwar nicht bekommen, weil der Heimwerkerbedarf abgesperrt gewesen sei, aber zu seiner Verwunderung habe er gesehen, wie im Außenbereich an vier großen Tischen Pflanzen verkauft wurden. "Da ging es zu wie im Bienenstock", sagt Erhard Hauth. Kein Wunder, auch ihm würden die Leute die Ware aus den Händen reißen, wenn er sie denn verkaufen dürfte. "Aber das Ostergeschäft fällt flach. " Sein Umsatz mit Schnittblumen betrage normalerweise rund 35 Prozent. Kurz vor dem Shutdown hat Erhard Hauth noch für 1200 Euro Pflanzen gekauft. "Die Primeln verblühen jetzt. "

Im Augenblick hält er sich mit Grabpflegearbeiten über Wasser, seine Mitarbeiter hat er in Kurzarbeit geschickt. "Mir fehlen 25000 Euro Umsatz", sagt Hauth. Einen Antrag auf Soforthilfe hat er bereits vor zwei Wochen gestellt. "Da habe ich ein Kreuzchen vergessen, jetzt sind die Unterlagen wieder da", sagt er. Die Bank habe ihm einen Kredit angeboten. "Aber ich bin 58, da baue ich doch keine Schulden mehr auf. " Er hofft auf eine weitere Lockerung der Bestimmungen ab dem 20. April. Die Ladenschließung ausgerechnet für die kleinen Geschäfte will Erhard Hauth sowieso nicht in den Kopf gehen. "In mein kleines Ladengeschäft kommen doch nie mehr als zwei bis drei Kunden gleichzeitig", sagt er. Da sei die Ansteckungsgefahr mit dem Covid-19-Virus doch wesentlich geringer als in der Gemüseabteilung eines Supermarktes.

Auch sein Bruder Ernst Hauth von der Auhof-Gärtnerei argumentiert in diese Richtung. Gerade, wenn Discounter, Supermärkte und der Landhandel jetzt verstärkt Blumen und Pflanzen angeboten hätten, wären doch mehr Leute gekommen. "Aber die erhöhte Konzentration von Publikum ist doch genau das, was man vermeiden wollte. "

Das gelte im Übrigen für alle Einzelhändler. Wenn der örtliche Juwelier am Tag 30 Kunden in seinem Laden bedienen würde, wäre das doch mit den gebotenen Abstandsregeln leicht zu handhaben, findet Ernst Hauth: "Der Einzelhandel hat mit Sicherheit wenig Publikumsverkehr, aber Amazon wird reich. "

HK

Robert Kofer