Nürnberg
Mit dem Pop-up-Biergarten durch die Krise

Kneipenbesitzer in Nürnberg sind skeptisch, ob Restaurantregeln auch für Szene-Treffpunkte funktionieren

14.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:07 Uhr
Biergarten statt Club - auch im Herbst: David Häuser leibäugelt derzeit mit dieser Variante. −Foto: Pelke

Nürnberg - Biergarten statt Bar: Kneipenbesitzer in Nürnberg sind skeptisch, ob die Restaurantregeln für die quirligen Szene-Treffpunkte im Burgviertel funktionieren können. David Häuser von der beliebten USG6-Bar wird wohl weiterhin auf seinen Pop-up-Biergarten im Burggraben setzen.

 

Ohne Bar kein Moos: Weil die beliebten Kneipen im Nürnberger Burgviertel wie alle Bars in Bayern in der Corona-Krise schließen mussten, haben David Häuser und Muamet Abdiji von der USG6-Bar gemeinsam mit Michael Weghorn vom Downtown einen Pop-up-Biergarten im Nürnberger Burggraben eröffnet. Trotz der kürzlich angekündigten Lockerungen für Schankwirtschaften denkt Häuser mit seinen Kompagnons ganz aktuell über eine Verlängerung des Biergartens über den Sommer hinaus bis in den Herbst hinein nach.

"Mit Abständen und ohne laute Musik - das funktioniert vielleicht im Restaurant aber nicht in einer Bar. Dort gehört der Austausch unter den Gästen einfach zur DNA", zeigt sich David Häuser wenig euphorisch von dem angekündigten Konzept zur Wiedereröffnung der bayerischen Bars.

Unter Auflagen dürfen Kneipen ab dem 19. September nach der monatelangen Zwangspause wieder öffnen, hat das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der vergangenen Woche beschlossen. Für die Bars sollen ab dem nächsten Wochenende die selben "Corona-Spielregeln" wie für Speisegaststätten gelten.

"Begeistert bin ich nicht. Ich weiß nicht, wie die Restaurant-Auflagen in einer Bar funktionieren sollen." In seiner USG6-Bar würden sich beispielsweise viele Gäste zu romantischen Rendezvous verabreden. Viele Besucher würden auch kommen, um durch die "Magie der Nacht" vielleicht neue Bekanntschaften am Tresen machen zu können. So manche Liebe habe in seiner Bar ihren Ausgang genommen, erzählt Häuser.

Mit "Trinker-Kneipen der einsamen Herzen" mit einer Handvoll wie in Stein gemeißelten Stammgästen rund um den Zapfhahn könne man pulsierende Szene-Treffpunkte wie seine USG6-Bar jedenfalls überhaupt nicht vergleichen, findet Häuser und erklärt, dass viele Bar-Besitzer sich deshalb wohl schon aus wirtschaftlichen Gründen zweimal überlegen würden, ob sie ihre Kneipen unter diesen Auflagen und Bestimmungen ab dem 19. September tatsächlich wieder aufmachen wollen.

"Wenn bei mir zehn Leute mit Mindestabstand in der Bar hocken und brav am Tisch ein Getränk bestellen, dann lohnt sich der hohe Aufwand einfach nicht für mich", berichtet Häuser aus der Praxis im Nachtleben und erklärt, dass ein Bar-Betrieb mit Bedienung am Tisch und ohne laute Musik fast keinen Sinn machen würde.

Die vielen kleinen Szenekneipen im beliebten Nürnberger Burgviertel wie das legendäre Downtown in einem Kellergewölbe in der Oberen Schmiedgasse oder die USG6-Bar in einem Fachwerkhaus in der Unteren Schmiedgasse würden gerade auf Flirt-Atmosphäre setzen. Die Grenze zum Club und Disco sei im Nachtleben mittlerweile sowieso fließend. Letztere stuft Ministerpräsident Söder aktuell explizit noch als "Infektionsbomben" ein. Daher müssten Clubs und Discos laut Söder bis auf weiteres leider geschlossen bleiben.

Um sich wirtschaftlich über Wasser halten zu können, haben David Häuser und Muamet Abdiji gemeinsam mit Michael Weghorn mitten in der Corona-Krise den Pop-up-Biergarten im Nürnberger Burggraben eröffnet. "Wir freuen uns riesig über den großen Anklang. Alle Besucher sagen coole Idee und geile Location", freut sich Häuser über die gelungene Hauruck-Aktion zur Krisen-Bewältigung. "Wir sind der Stadt Nürnberg super dankbar, dass wir den Biergarten im Burggraben so schnell aus dem Boden stampfen konnten."

Weil die Idee bei den Gästen so gut ankommt und die Bars im Schatten der Burg mit den neuen Regeln wohl nicht wirtschaftlich betrieben werden können, arbeitet Häuser mit seinen Kollegen aktuell daran, den Biergarten in die Verlängerung zu schicken auch noch im Herbst zu öffnen. "Der Biergarten läuft super. Das ist alles entspannter unter freiem Himmel als mit vielen Regeln in einer kleinen Bar", sagt Häuser. Dummerweise sei der Biergarten-Betrieb nicht ganz billig. Die komplette Infrastruktur von Toiletten über Strom bis zum Wasseranschluss müsse schließlich bezahlt werden. Auch der intensive Personaleinsatz sei nicht zu unterschätzen. Aufgrund der Corona-Pandemie müssten im Biergarten zudem penible Gästelisten geführt und Bänke und Tische regelmäßig desinfiziert werden.

"Es ist viel Arbeit. Aber es macht einfach Spaß. Und vielleicht haben wir ja richtig Glück mit dem Wetter in dem Herbst", hofft Häuser Ansonsten müssten sich die Gäste eben mit dicken Jacken für das Ausgehvergnügen in Corona-Zeiten im wahrsten Sinne des Worte warm anziehen.

HK

 

Nikolas Pelke