Hilpoltstein
Mit dem Erntehelferportal kehrt die Hoffnung zurück

Spargelbauern im Landkreis Roth atmen auf, senken aber auch ihre diesjährige Produktion wegen schlechteren Verkaufsaussichten

08.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:33 Uhr
Im Wartestand: Spargelerzeuger Anton Walther aus Großweingarten zieht für Tochter Julia schon einmal die Folie ab, doch es will noch kein weißes Edelgemüse aus dem Damm sprießen. Doch die Witterung ist gut für das Wachstum und auch genügend Erntehelfer sind nun in Sicht. So kann die 18-jährige Julia wohl doch noch die diesjährige Spargelprinzessin des Landkreises Roth werden. −Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Großweingarten - Es herrscht fast überall das gleiche Bild bei den Spargelbauern im Landkreis Roth: Während die Telefone nicht still stehen, weil die Kunden das Edelgemüse möglichst schon zu Ostern gerne auf ihrem Teller hätten, blicken die Landwirte selbst in kurzen Abständen ins Internet.

 

Lange haben sie darauf gewartet, dass die Plattform endlich freigeschaltet wird, über welche die jüngst erlaubte Einreise der rumänischen Saisonarbeiter geregelt werden soll. Seit diesem Montag ist es soweit - und alle können aufatmen. Ohne die Hilfskräfte fürchtete nämlich schon so mancher Betrieb um die seine Existenz.

Unter www. saisonarbeit2020.bauernverband. de können die Landwirte jetzt alles organisieren, um die Ernte zu sichern. Allerdings dürfen die Helfer aus Osteuropa nur unter Auflagen einfliegen und auch nur an bestimmten Zielflughäfen landen. Einer davon ist Nürnberg, was die Spargelerzeuger unserer Region glücklich stimmt. Sind die Arbeitskräfte angekommen, will aber auch noch für eine hygienische Unterbringung gesorgt sein ebenso wie für den Mindestabstand bei der Arbeit ebenso wie bei der Brotzeit. " Unsere Gaststätte hat 80 Sitzplätze, da bringen wir zehn Arbeiter schon unter", sagt Anton Walther aus Großweingarten zuversichtlich, der nicht nur Spargelerzeuger, sondern auch Schnapsbrenner, Gastwirt und Obstbauer ist. Wohl dem also, der als Direktvermarkter breit aufgestellt ist.

Vor dem Gesetz sind trotzdem alle gleich, gibt Miriam Adel, die Vorsitzende des Spargel-Erzeugerverbandes Franken und ehemalige Fränkische Spargelkönigin, zu bedenken. "Denn es ist jederzeit eine Kontrolle möglich", ob die Vorgaben eingehalten werden. Beispielsweise, ob die für die Landwirte sehr salomonisch festgelegte Quarantäne-Regelung eingehalten wird. So müssen die rumänischen Saisonarbeiter zwar isoliert werden, allerdings "bei gleichzeitiger Arbeitsmöglichkeit", wie es in den aktuellen Regelungen heißt. In die Praxis umgesetzt bedeutet das: Solange die Arbeiter auf dem Spargelacker unterwegs sind, bleiben sie von anderen ohnehin isoliert. "Spazieren gehen am Abend ist aber tabu", sagt die Verbandschefin.

Aber auch wenn die Einreisemodalitäten inzwischen geklärt sind, sind alle Schwierigkeiten noch nicht vom Tisch, wie Miriam Adel anhand des eigenen Betriebs erläutert: "Wir haben zwölf Hektar Spargel und beschäftigen in der Saison oft bis zu einem Dutzend Arbeiter. Wegen der Unterbringungseinschränkung können wir aber wohl nur etwa die Hälfte auf dem Hof wohnen lassen. " Denn die Zimmer "sind mit maximal halber Kapazität zu belegen", heißt es auf dem besagten Internetportal. Eine Vorgabe, die die Erleichterungen bei der Einreise gleich wieder relativiert.

Auch deshalb hoffen viele Erzeuger auch auf einheimische Helfer. "Da gibt es eine große Hilfsbereitschaft", berichtet Werner Wolf, Leiter des Rother Landwirtschaftszentrums. Viele Nachbarn oder langjährige Kunden von heimischen Spargelbauern hätten diesen bereits ihre Mithilfe bei der Ernte angeboten. Und der Behördenchef selbst verzichtet derzeit auf Urlaubstage, um ebenfalls den Erzeugern beizustehen.

 

Werner Wolf und das ganze Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sind übrigens selbst von der Unsicherheit betroffen. Denn die offizielle Eröffnung der Spargelsaison im Landkreis war eigentlich für den 28. April geplant. Ob der Termin gehalten werden kann, ist derzeit fraglich bis unwahrscheinlich. "Da müssen wir noch abwarten", so Wolf.

Eine abwartende Haltung gibt es derzeit allerdings auch, was die diesjährige Nachfrage nach dem edlen Gemüse betrifft. "Wer soll heuer den Spargel eigentlich essen? ", lautet für Harald Winter die zentrale Frage. Als Geschäftsführer des Rother Maschinenrings vermittelt er derzeit heimische Arbeitskräfte an die Spargelbauern und habe hier sehr vorsichtige Verkaufserwartungen gehört. "Das hat mich ein bisschen irritiert", gibt Winter zu. Generell ist Spargel zwar ein Renner in unserer Region. Doch den Erzeugern fallen Restaurants und Betriebskantinen als Abnehmer weitgehend aus. Und ob Kurzarbeiter in Zeiten, in denen sie mit weniger Geld als sonst auskommen müssen, zum Spargel greife, sei ebenso fraglich.

Das hat die Spargelbauern schon im Vorfeld der Ernte vorsichtig werden lassen. "Wir haben 20 Prozent aus der Produktion genommen", sagt beispielsweise Anton Walther. Er erwartet, dass sich neben dem Angebot auch die Nachfrage auf einem niedrigeren Niveau als sonst einpendelt und dass unter dem Strich mit keinen großen preislichen Änderungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren zu rechnen sei. Moderate Erhöhungen gäbe es bestenfalls "durch den weiteren Anstieg des Mindestlohnes", schätzt der Großweingartener die Lage ein.

Wie in vielen anderen Betrieben hilft auch bei Anton Walther die ganze Familie mit. Unter anderem auch Tochter Julia. Die 18-jährige Auszubildende zur Industriekauffrau ist heuer eigentlich zu höherem bestimmt: Sie soll Spargelprinzessin für den Landkreis Roth werden. Die Krönung im großen Rahmen ist den Unsicherheiten zur diesjährigen Spargelernte zum Opfer gefallen. Doch vielleicht wird der Festakt noch im kleinen Kreis nachgeholt - jetzt, da die Aussichten sich zum Guten gewandelt haben.

So kann auch Miriam Adel vermelden, dass es sicherlich bei dem ein oder anderen Betrieb in unserer Region schon Spargel zu Ostern gibt. Gerade kleine Betriebe hätten dank des guten Wetters derzeit die Nase vorn, zumal sie nicht im großen Maße auf Fremdarbeitskräfte angewiesen seien.

HK

 

Jürgen Leykamm