Greding
In der Krise wird geklotzt

Trotz Corona-Pandemie nimmt sich die Stadt Greding heuer ein nie dagewesenes Investitionsvolumen vor

15.04.2021 | Stand 23.09.2023, 17:59 Uhr
Das Mammutprojekt der Stadt Greding in diesem Jahr ist zweifellos das Haus der Kinder, das derzeit unterhalb des Johannes-Kindergartens entsteht. Knapp drei Millionen Euro sind allein heuer dafür in den Etat eingestellt - also rund die Hälfte der Gesamtkosten. −Foto: Luff

Greding - Keine Etatplanung ohne faustdicke Überraschung: Im vergangenen Jahr ist man im Gredinger Stadtrat noch aus allen Wolken gefallen, weil wegen der Insolvenz einer Firma plötzlich 1,1 Millionen Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer fehlten.

Man müsse kleinere Brötchen backen, hieß es damals, trotzdem werde die Verschuldung in den kommenden Jahren kräftig steigen - bis auf fast 7,2 Millionen Euro im Jahr 2022. Nun stand am Donnerstagabend der städtische Haushalt in der Stadtratssitzung im Zentrum (bis Redaktionsschluss nicht beendet). Und siehe da: Der Schuldenstand erreicht bereits heuer mit knapp 6,8 Millionen Euro sein Maximum, danach soll es schon wieder runtergehen. Dass das Minus heuer erst einmal wächst, hat einen guten Grund: Mit rund 14,9 Millionen Euro investiert die Stadt einen ordentlichen Batzen Geld - etwa die Hälfte mehr als im vergangenen Jahr.

"Jeder im Stadtrat hat die Backen aufgeblasen", plauderte Bürgermeister Manfred Preischl (FW) im Vorfeld der Stadtratssitzung aus dem Nähkästchen - oder vielmehr aus der Online-Besprechung des Gremiums vor gut einer Woche, in der den Ratsmitgliedern der Etatentwurf vorgestellt worden ist. Es habe keine Änderungswünsche gegeben, so Preischl, er gehe deshalb davon aus, dass die Haushaltssatzung ohne Probleme verabschiedet werde.

Dafür, dass die Finanzlage der Stadt wider Erwarten ganz kommod ausfällt, macht der Stadtchef gleich mehrere Gründe verantwortlich. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (31 Prozent) und die Gewerbesteuer (20 Prozent) machen zusammen mehr als die Hälfte der Einnahmen des Verwaltungshaushalts aus. Beide Posten hätten von der Pandemie negativ beeinflusst werden können - sind sie aber offenbar nicht. Die Einkommensteuer spült mit 4,59 Millionen Euro noch einmal 300000 Euro mehr in die Kasse als 2020, zugleich wirkt sich die Senkung der Kreisumlage um ein Zehntel Prozentpunkt endlich auch einmal in der richtigen Richtung aus. Weil die Finanzkraft der Kommune in der Vergangenheit stetig gestiegen ist, musste sie zuletzt trotz Senkungen immer mehr Geld an den Kreis abführen. Diesmal sind es gut 50000 Euro weniger.

Der Fehlbetrag bei der Gewerbesteuer durch eine Firmeninsolvenz war vor einem Jahr überraschend und ärgerlich. Wirkt sich aber wenigstens heuer mehrfach positiv aus. Die gesunkene Kreisumlage ist nur ein Beispiel dafür, der relativ hohe Gewerbesteuerausgleich wegen der Corona-Krise ein anderes: 620000 Euro bekommt Greding vom Staat. 2020 habe man den Ansatz der Gewerbesteuer um eine Million auf 2,5 Millionen Euro heruntergeschraubt, so Preischl. Geflossen sind tatsächlich 2,8 Millionen. Den jetzigen Ansatz in Höhe von 3 Millionen hält der Bürgermeister für "sehr defensiv". Gewöhnlich kalkuliere man einen Spielraum bis zu 300000 Euro ein - diesmal hält er das Potenzial für ein sattes Plus noch größer.

Die Krise wirke sich in Greding im Wesentlichen nur im Bereich der Gastronomie aus, so der Bürgermeister. So schlimm das für den einzelnen Wirt ist - für die Kommune insgesamt ist genau das verschmerzbar. Da einige Gastronomen in der jüngeren Vergangenheit kräftig investiert haben, mussten sie ohnehin vergleichsweise wenig Gewerbe- steuer zahlen. Das Minus für die Stadt fällt also gering aus. Was nichts daran ändert, dass die Wirte leider "für sich selber kämpfen müssen", wie Preischl sagt. Allerdings hofft er für sie auf baldige Entspannung, wenn erst einmal die Corona-Fesseln gelöst seien: "Die touristische Entwicklung in den letzten zehn Jahren ist geglückt", so Preischl mit Verweis auf die regelrecht boomenden Übernachtungszahlen vor der Pandemie. Darauf würden die Gastronomen aufbauen können, zeigt er sich überzeugt.

Nach vier Jahren ohne Kreditaufnahme war Greding 2020 erstmals wieder auf fremdes Geld angewiesen; das wird auch heuer noch so sein. Danach aber soll es wieder in die andere Richtung gehen, trotz der enormen Investitionen. Knapp 6 Millionen Euro sind für das Haus der Kinder insgesamt eingeplant. Für sechs Gruppen, wie Preischl betont, je drei für Kindergarten und Hort. Gewöhnlich würden Kosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro pro Gruppe Euro veranschlagt, freut er sich, dass Greding günstig davonkommt. Dennoch: "Das Geld muss erst einmal erwirtschaftet werden. " Und zwar nicht zu knapp: Mit rund 3 Millionen Euro macht das Mammutprojekt den Löwenanteil der gut 5 Millionen Euro aus, die Greding heuer in den Hochbau investieren will. Der Umbau mit Erweiterung des Kindergartens "Heilige Familie" in Obermässing schlägt mit 775000 Euro zu Buche.

Der Tiefbau verschlingt mit knapp 6,5 Millionen Euro sogar noch mehr als der Hochbau. Hier macht die Abwasserbeseitigung den mit Abstand größten Posten aus. Allein in die zentrale Anlage in Greding fließen 2,1 Millionen Euro. Bezahlt werden muss nicht nur der bereits gebaute Regenüberlauf in der Bahnhofstraße, das größte Einzelprojekt ist die Errichtung einer eigenen Klärschlammverwertungsanlage, in der die Reste aus der Zentralanlage und den vier dezentralen Kläranlagen im Gemeindegebiet gepresst werden sollen - um damit mittelfristig Geld einzusparen. Die Ableitung des Abwassers aus Herrnsberg - sie kann wohl ab Mitte des Jahres erfolgen - verschlingt noch einmal 1,2 Millionen, ein Restposten in Schutzendorf weitere 170000 Euro.

Jede Menge Geld fließt auch in Baugebiete: Die Erschließung von Wohngebieten in Greding (Distelfeld II), Untermässing (Pfaffenleiten I) und Kaising (Zur Fürstenstraße) ist auf insgesamt 1,5 Millionen Euro taxiert. Hinzu kommen Grundstückskäufe im Distelfeld, in Kaising und auch im Lohfeld in Österberg, für die 375000 Euro in den Etat eingestellt werden.

Das Gute an den Investitionen in Abwasserbeseitigung und in die bauliche Entwicklung ist für die Stadt: Über kurz oder lang kommt das Geld wieder rein, ob aus Beiträgen und Gebühren oder über den Verkauf von Bauparzellen. So macht letzteres mit 27 Prozent den zweitgrößten Posten der Einnahmequellen im Vermögenshaushalt aus: Rund 4 Millionen Euro sollen durch Grundstücksveräußerungen in Attenhofen, im Distelfeld, in Untermässing, in Kaising und nicht zuletzt im Gewerbegebiet "Kreuzfeld" in den Stadtsäckel fließen. Kämmerer Franz-Josef Hiebinger unterscheidet deshalb zwischen rentierlichen und nicht rentierlichen Maßnahmen.

Übertroffen wird die Summe der Verkäufe nur noch von den 6,3 Millionen Euro an Zuschüssen, die es beispielsweise für den Ausbau der Obi-Kreuzung - hier sitzen Stadt, Landkreis und Freistaat in einem Boot - oder für das Haus der Kinder gibt. Das ist der größte Einnahmeposten im Vermögenshaushalt. Der Staat gibt für derlei Dinge zwar Geld, mitunter nicht zu knapp. Aber einen mehr oder weniger großen Anteil muss dennoch die Kommune bezahlen - ohne hierfür Einnahmen zu generieren. Die gesamte Altstadtsanierung ist hierfür ein prominentes Beispiel.

Der Schuldenabbau werde in den nächsten Jahren langsamer voranschreiten als in der jüngeren Vergangenheit prognostiziert Bürgermeister Preischl. Denn man habe nun einen größeren Anteil der nicht rentierlichen Schulden, müsse das Geld also aus dem Haushalt erwirtschaften. Die Konsequenz sei, dass der Stadtrat sich bei jedem Projekt Gedanken machen müsse, ob dies wirklich sein müsse und zu welchem Zeitpunkt man tätig sein wolle. Zum Teil sind die im Etat aufgeführten Maßnahmen noch gar nicht beschlossen. "Das kann auch abhängig von den Förderquoten sein", sagt Preischl. Deshalb sei der Haushalt mit einigen Unsicherheiten behaftet: "Das ist eine Momentaufnahme von jetzt. "

HK

Volker Luff