Hilpoltstein
Impf-Zertifikate: Sollbruchstelle für Fälscher und Trickser

Apotheker sehen bei der Impf-Zertifizierung genau hin - Wenige Anzeigen in Hilpoltstein

13.01.2022 | Stand 18.01.2022, 3:34 Uhr
Apotheker Maximilian Tratz von der Apotheke im Fürstenhof in Hilpoltstein muss wie alle seine Berufskollegen vor der Ausstellung von Impfzertifikaten ganz genau hinsehen. −Foto: Auer

Die Apotheker im Landkreis Roth haben alle Hände voll damit zu tun, den Bürgern digitale Impfnachweise zu erstellen. Das ist eine große Verantwortung, denn vereinzelt tauchen Kunden mit Impfbüchern auf, in denen die Covid-Impfbescheinigungen mehr oder weniger geschickt gefälscht sind.

Frechheit siegt, behauptet der Volksmund. Aber das gilt zum Glück nicht immer. Die drei jungen Burschen, die da neulich an einem Samstag bei der Gredinger Apothekerin Renate Winkler auftauchten, hatten den Bogen überspannt. Das Trio präsentierte Winkler "niegelnagelneue gelbe Impfpässe", in denen jeweils nichts anderes dokumentiert war als zwei Covid-Impfungen. Die Apothekerin möge die Impfungen doch bitte umgehend amtlich zertifizieren und den Herrschaften einen digitalen Nachweis fürs Handy zu erstellen.

Renate Winkler, die Sprecherin der Apotheker im Landkreis Roth und Inhaberin der Alten Stadtapotheke, musste da keine Miss Marple sein, um Betrug zu wittern und erhebliche Zweifel an der Echtheit der Impfnachweise zu äußern. Als die Jungs dann patzig wurden und gleichzeitig klar war, dass sich die Echtheit am Wochenende nicht rasch klären ließ, wies Winkler den Besuchern die Tür.

Das Problem von gefälschten Impfpässen gibt es bundesweit, und so auch im Landkreis Roth. Die Hürde für die Fälscher ist immer der Apotheker, bei dem sie ihr Bastelwerk zertifizieren lassen müssen, um den allerorten erforderlichen QR-Code zu erschleichen. Das ist die Sollbruchstelle.

"Die Fälscherringe kriegen das verdammt gut hin"

Maximilian Tratz, Chef der Apotheke Im Fürstenhof in Hilpoltstein, kennt das Problem. Mehrere tausend Zertifikate sind in seiner Apotheke schon ausgestellt worden. "Wir haben mit diesem Problem ganz massiv zu kämpfen", sagt er. "Wir müssen sehr auf der Hut sein, um Fälschungen so gut, wie es uns möglich ist, zu erkennen." Das sei freilich oft gar nicht so einfach. Zum Glück seien nach und nach bei den Impfattesten und den Aufklebern im Impfbuch noch einige Sicherheitsmerkmale hinzugefügt worden. Dennoch: "Die Fälscherringe, die da manchmal dahinterstecken, kriegen das schon verdammt gut hin."

Das Problem sind in der Regel alte Bescheinigungen, als es noch nicht so genau ging. Doch weil die Kunden meist aus der Nähe kommen, kennen die Apotheker Stempel und Hausarzt-Unterschriften in- und auswendig. Aber dann muss man immer erst auf die Schnelle für eine Rücksprache den richtigen Ansprechpartner erwischen. Oft wollen die Kunden sich nicht vertrösten lassen. In der Regel räumt also ein Patient mit seinem Impfausweis das Feld, wenn es ihm zu lange dauert. Ob er dann nur ungeduldig war oder aber aus gutem Grund Fersengeld gab, bleibt offen. In einem Fall allerdings erkannte Tratz auf den ersten Blick, dass die Unterschrift des impfenden Arztes gefälscht war. Die Anzeige übernahm dann der betroffene Mediziner persönlich.

Anzeigen von Apothekern landen zunächst bei der Polizeiinspektion Hilpoltstein. Inspektionsleiter Peter Winkler spricht von "einer Handvoll an Fällen", die dann umgehend zur Bearbeitung an die Kriminalpolizei in Schwabach weitergeleitet werden. Für die Aufmerksamkeit der Apotheker und deren eigenständige Recherchen hat Hauptkommissar Winkler großes Lob: "Die sind da wirklich sehr fit."

In Mittelfranken bisher 600 Anzeigen

Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Mittelfranken teilt auf Anfrage mit, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich "im Jahr 2021 rund 600 Fälle von gefälschten Impfpässen aufgetreten sind. Bis zum Beginn des vergangenen Herbstes beschränkten sich derartige Delikte eher auf Einzelfälle. Seit September registrieren wir monatlich steigende Fallzahlen". Bei der örtlichen Verteilung gebe es da bisher keine Unterschiede zwischen Stadt und Land. Zu spaßen ist mit dem Delikt der gefälschten Impfpässe nicht: "Sie werden in der Regel als Urkundenfälschung angezeigt", so das Polizeipräsidium.

Apothekensprecherin Winkler hat bislang einen Kunden wegen eines gefälschten Impfpasses angezeigt: "Das hat mich wirklich getroffen, weil das eine gute Kundschaft war, die mich definitiv angelogen hat." Im Fall der drei Jugendlichen war das anders: Winkler fielen sofort die "ganz dubiosen Stempel" auf, von einem unbekannten Impfzentrum. Immer noch staunt sie über die Dreistigkeit der Burschen, die glaubten, "dass sie gescheiter sind als der Rest der Welt". Das ist keine gute Idee, seit sich etwa seit einem Monat die Chargennummer des Impfstoffs automatisiert im "deutschen Apothekenportal" nachverfolgen lässt. 3000 Zertifizierungen hat Winklers Gredinger Apotheke bisher ausgestellt, Zweifel gab es nur in einigen wenigen Fällen. Das liegt auch daran, dass man sich im ländlichen Raum persönlich kennt.

Der Tourist von der A9 wird genau überprüft

Zudem sind die Apotheker aufgefordert, nur dann zu zertifizieren, wenn die Stempel von ortsnahen Ärzten stammen. Wenn allerdings ein durchreisender Tourist schnell mal von der Autobahn nach Greding abbiegt, "muss ich mir das viel genauer anschauen". Insgesamt aber werde sich das Thema wohl bald beruhigen. Wer jetzt immer noch keinen QR-Code habe, der wolle einfach keinen - und habe in der Regel auch keine so hohe "kriminelle Energie", sich eine Fälschung zu beschaffen.

Nicht zuletzt gehört die sorgfältige Kontrolle bei Apothekern immer schon zum Beruf, erklärt die Sprecherin. Da geht es zum Beispiel um Drogenabhängige, die sich per gefälschtem Rezept Tabletten beschaffen wollen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. "Das machen wir schon seit jeher bei jedem Rezept."

Richard Auer