Greding
Gastronomie: Eine Branche am Boden

Nicht nur die verfügten Schließungen belasten - Menschen scheuen sich vor Abholung und Lieferung

24.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:20 Uhr
Sehr wenig los ist derzeit im McDonald's-Restaurant in Greding. Wie gut oder schlecht der Drive-in-Schalter tatsächlich besucht ist, darüber hüllt sich das Unternehmen in Schweigen. −Foto: Luff

Greding - Greding - Die Stadt beim McDonald's.

 

Dieser bekannte Spruch hat in der Corona-Krise viel von seinem Wahrheitsgehalt verloren. Natürlich gibt es das Gebäude noch, auch den weithin sichtbaren Werbepylonen. Aber die Kunden bleiben weg. Das zumindest verrät ein Blick auf das Gelände. Es herrscht zumeist gähnende Leere, ebenso wie bei Kentucky Fried Chicken auf der anderen Straßenseite.

In die Karten schauen lassen will sich das Schnellrestaurant aber auch in Krisenzeiten nicht: "Bezüglich der Öffnungszeiten kann ich Ihnen mitteilen, dass der Standort in Greding aktuell von 9 bis 24 Uhr für Außer-Haus-Geschäft und McDrive geöffnet hat", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der McDonald's-Pressestelle. Zu Umsatzzahlen und damit zu einem Blick auf den Umsatzeinbruch wolle man sich "nicht äußern" und zum aktuellen Zeitpunkt "leider auch kein Interview ermöglichen".

Von der Schließung der Gastronomiebetriebe ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause ausgenommen. Goldene Zeiten für einen Pizza-Lieferdienst sollte man meinen. Jedoch: "Es ist eine Katastrophe", sagt Murat Usta. Er hat vor einem halben Jahr den Imbiss EL-Muro in den Räumen der früheren Fürstentor-Apotheke in Greding eröffnet. "Die Leute haben Angst, dass sie die Infektion nach Hause geliefert bekommen", sagt er. Die Zukunftsaussichten seien deshalb alles andere als rosig. "Es wird schwer", weiß Usta schon jetzt, "vor allem für Neulinge, die investiert und deshalb kein Geld auf der Seite haben. " Er wisse gerade nicht, wie es mit seinem Betrieb weitergeht. Am vergangenen Freitag beispielsweise, gewöhnlich der umsatzstärkste Tag in der Woche, habe er gerade einmal 25 Euro umgesetzt. Die Fixkosten für Miete und Energie aber liefen weiter.

Zunächst habe er gedacht, dass die Pandemie mit der Schließung der Lokale sich auf sein Geschäft vielleicht sogar positiv auswirken könnte, "ich bin doch der Einzige hier, der liefert". Doch es kam anders. Usta mutmaßt, dass die Leute einerseits derzeit genug Zeit hätten, selbst zu kochen, andererseits die Speisekammern nach Hamsterkäufen noch voll sind. "Vielleicht schaut es nächste Woche schon anders aus", so seine Hoffnung.

Denn er habe sich schon auf die Ängste der Menschen eingestellt: Das Essen werde auf Wunsch vor der Haustür abgelegt, bezahlen könne der Kunde über PayPal oder einen deponierten Umschlag. Das müsse sich aber erst noch herumsprechen, glaubt er. Dass er mit staatlicher Hilfe über die Runden kommt, denkt er dagegen nicht. Mit seiner Bank habe er schon gesprochen, so Usta. Ihr zufolge geht über die angekündigte KfW-Hilfe "vor Mai überhaupt nichts", auch von anderen Hilfen werde er kaum profitieren können.

"Mal schauen, ob der Staat sich an seine Versprechen hält", gibt sich auch Gredings Wirte-sprecher Michael Bauer vom Bauer-Keller skeptisch. Er hoffe auf die Durchsetzungskraft des Hotel- und Gaststättenverbandes. Das Hotel mit Restaurant und angeschlossenem Campingplatz hat bereits seit einer Woche zu. Zuletzt habe sich die Öffnung einfach nicht mehr gelohnt, sagt Bauer. Andere Kollegen in Greding hätten dagegen erst seit Samstag geschlossen - als sie mussten.

 

Auch er geht davon aus, dass die heimischen "Lager voll" seien, weshalb er noch nicht daran denke, die Küche für Speisen zum Mitnehmen zu öffnen. "Vielleicht einmal später, wenn es länger dauert. " Jetzt sollten die Menschen erst einmal zu Hause bleiben, er befürworte das.

Der Hotelbetrieb, der ohnehin staatlich verordnet ausgesetzt ist, wäre laut Bauer mit einiger Wahrscheinlichkeit ohnehin zum Erliegen gekommen. "Wir haben Stornierungen bis Mai", erzählt er. Denn Greding mit seiner Lage an der Autobahn lebe vom grenzüberschreitenden Verkehr - und der ist tot. Einzig Monteure seien in der Region noch unterwegs, "die kriegen kaum noch einen Schlafplatz". Auch nicht auf seinem geschlossenen Campingplatz.

Wirtschaftlich sei das Jahr jetzt schon verloren, ergänzt Michael Bauers Frau Aurelia, die sich im Haus um die Zahlen kümmert. "Jetzt wären die Älteren unterwegs", sagt sie. Diese Generation verreist, bevor die Saison für Familien losgeht. Und ist vom Coronavirus besonders gefährdet. "Die sind weg - und die bleiben weg", sagt Aurelia Bauer. Selbst wenn der September und der Oktober heuer außergewöhnlich gut liefen, könne man die Verluste nicht mehr auffangen. Gewöhnlich mache der Bauer-Keller im November Betriebsurlaub. "Aber wenn da das Geschäft läuft, lassen wir heuer offen", kündigt sie an. Wenn. "Planbar ist nichts. "

Die Wirtsleute hoffen einerseits auf die Schlagkraft des Verbandes, der sich beispielsweise dafür einsetzt, dass Abschläge für Strom, Wasser und Gas reduziert werden oder die GEMA-Gebühr in der Zwangspause erlassen wird. Andererseits habe man eine sogenannte Betriebsunterbrechungsversicherung, wie Aurelia Bauer erzählt. Doch ob die zahle, sei fraglich. Denn darin seien unter anderem Viren aufgeführt, bei deren Ausbreitung ein Betrieb sich an den Versicherer wenden könne. "Dieser Virus ist nicht aufgelistet", erzählt sie. Wie auch. Das Coronavirus ist neu - das ist schließlich der Grund, warum er eine Pandemie auslösen konnte. Der Versicherungsvertreter nehme den Schaden auf und gebe ihn weiter, erzählt Aurelia Bauer, "alles andere bringt die Zukunft".

"Abwarten und Tee trinken", lautet auch der Ratschlag ihres Gatten. Als Arbeitgeber ist das aber gar nicht so leicht. Zunächst hätten Mitarbeiter ein wenig Urlaub abgebaut, auch habe er Kurzarbeit angemeldet, erzählt er. Seine Frau macht jedoch auf ein weiteres bürokratisches Problem aufmerksam. Bislang sei es vor allem um alten Urlaub gegangen, sagt sie, "den ganzen Jahresurlaub darf man jetzt noch gar nicht vergeben".

Als Arbeitnehmer habe man es im Vergleich zum Unternehmer mit dem Kurzarbeitergeld von 60 Prozent vom letzten Nettogehalt noch "relativ gut", sagt die Chefin. Ausstellen wolle man niemanden, "wir sind ein eingeschworenes Team". Schwierig für alle Seiten werde es, wenn die Schließung länger dauert. Mit dem Kurzarbeitergeld werden die Mitarbeiter auf Dauer die Miete nicht bezahlen und ihre Familie ernähren können. Das ist unmöglich.

HK

 

Volker Luff