Hilpoltstein
"Einheimisches Gemüse nur mit auswärtigen Helfern"

Nach langem Bangen sind die Saisonkräfte aus Osteuropa auf den landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Roth angekommen

23.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:45 Uhr
Die Spargelernte auf dem Federhof ist im vollen Gange. Hier hat man genauso viele Helfer bekommen, wie man braucht. −Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Roth/Spalt - Groß war der Aufschrei in der Landwirtschaft, als die Bundesregierung Ende März wegen der Corona-Krise einen Einreisestopp für Erntehelfer aus Osteuropa verkündet hatte.

Anfang April ruderte Berlin zurück und genehmigte unter Auflagen ein Kontingent von 80000 Saisonarbeitskräften aus Osteuropa. Das ließ vor allem die Spargelbauern aufatmen. Inzwischen sind die Helfer auch im Landkreis Roth angekommen, wenn auch nicht in so großer Zahl wie gewohnt.

Was aber nicht nur an der Limitierung liegt, sondern auch an den teils verzwickten Modalitäten. So dürfen die Rumänen ausschließlich per Flugzeug anreisen und müssen dann von den heimischen Landwirten am Nürnberger Flughafen abgeholt werden. Ein Gesundheitscheck direkt nach der Landung versteht sich dabei von selbst. Wer Helfer auf seinen Hof holen will, muss zudem ein Hygienekonzept vorweisen können.

Die ersten zwei Wochen dürfen die Erntehelfer dann das das Betriebsgelände nicht verlassen. Weitere Vorgaben sind strikte Einteilung in kleine Teams, Mindestabstände bei der Arbeit und nur die halbe Zimmerbelegung in den Unterkünften, für die gegebenenfalls auch eigens Spülmaschinen für Geschirr angeschafft werden müssen, das dann bei mindestens 60 Grad zu reinigen ist.

Trotz aller Umstände ist die aktuelle Lage im Landkreis Roth insgesamt zufriedenstellend, wie Maximilian Schneider findet. "Nach dem Einreisestopp herrschte eine rechte Aufregung. Nun aber ist eine gewisse Entspannung eingetreten", berichtet der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands (BBV) im Landkreis Roth. Bei einigen Betrieben sei allerdings die Zahl der Helfer noch nicht ausreichend. Eine Bank seien aber vor allem jene Helfer, die schon seit vielen Jahren zum treuen Stamm der Saisonarbeitskräfte in den heimischen Betrieben zählten.

Größere Probleme gebe es auf den Höfen derzeit aber keine, ist Harald Winter, Geschäftsführer des Maschinenrings, überzeugt. Kurzarbeiter, Studenten und andere Erntehelfer ergänzten die oft eingespielten Teams auf den Feldern. Doch in Corona-Zeiten eine gute Erntemannschaft zustande zu bringen, ist heuer gewiss kein Selbstläufer, wie Beispiele aus dem Landkreis zeigen.

So kann etwa Obstbauer Anton Walther aus Großweingarten zur jährlichen Spargelernte in der Regel auf neun Rumänen zählen. Heuer hatte er sechs angefordert - fünf sind letztlich gekommen. Unter ihnen Joan Peter und Robert Dimeny, die seit 14 beziehungsweise seit 13 Jahren bei der Spargelernte auf dem Walther-Hof sind. Zu diesem Quintett gesellt sich aber nur noch ein Kurzarbeiter. Das Fehlen von Personal "führt uns alle teils stark an die Grenze der Belastbarkeit", sagt Walther deshalb. Auch die Familienmitglieder sind fest mit eingespannt. "Da heißt es auf die Zähne zu beißen", so der Betriebsleiter.

Manchmal wird auch die Folie auf dem Spargeldamm "auf weiß gedreht", berichtet Walther. Denn dann wächst das Edelgemüse nicht so schnell und man verschafft sich einen Zeitvorteil bei der Ernte. "Eine Junganlage habe wir zudem aufgegeben. " Dabei hätten die Walthers heuer eigentlich gerne ihre Gesamtfläche für den Spargelanbau noch vergrößert und mehr Rumänen angefordert. Eine Expansion hat aber die aktuelle Lage verhindert. Denn "wer soll den Spargel kaufen, wenn die Gastronomie geschlossen bleibt? " So entschloss man sich auf dem Walther-Hof, die Produktion heuer zu drosseln "und so den Markt auf unsere Art zu entlasten". Für eine geringere Ernte braucht es eben auch weniger Helfer.

Ähnlich sieht das auch Markus Harrer vom Federhof bei Hilpoltstein. So müsse derzeit "jeder Betrieb für sich die Marktlage einschätzen und sich für die entsprechende Helferzahl entscheiden". Und die bekomme man dann auch, sagt der Spargelbauer. Wichtig sei, dass die rumänischen Saisonarbeiter überhaupt einreisen durften. "Denn ohne die nicht einheimischen Mitarbeiter gibt es kein einheimisches Gemüse", stellt Harrer klar, "das gilt vor allem für den Spargel. " Ohne die erfahrenen Saisonkräfte aus Osteuropa ließe sich die Ernte nicht stemmen.

Auch wenn das Zurückgreifen auf jene Kräfte heuer mit höheren Kosten als sonst verbunden sei, kann Harrer der Corona-Krise auch Positives abgewinnen. Die Pandemie und ihre Auswirkungen habe viele Menschen dazu gebracht, sich verstärkt auf Lebensmittel besinnen lassen, die hierzulande erzeugt werden. "Es ist festzustellen , dass die Leute wieder mehr Wert auf regionale Produkte legen und wieder verstärkt auf den Höfen direkt einkaufen", stellt Harrer fest.

Am Hof der einstigen Fränkischen Spargelkönigin und amtierenden Vorsitzenden des Spargelerzeugerverbandes Franken, Miriam Adel, gab es heuer derweil überhaupt keine Probleme, an ausländische Helfer zu kommen. Auf dem Schwabacher Betrieb setzt man auf polnische Arbeiter - und die durften wie eh und je mit dem Auto einreisen. Beim Obstbaubetrieb Winkler in Gustenfelden setzt man unterdessen auf eine Mischung aus Polen und Rumänen. Auch eine Studentin und eine Gemeindearbeiterin helfen mit. Derzeit gilt es, auch schon die Erdbeerenernte vorzubereiten. Diese fällt heuer recht üppig aus, prognostiziert Manfred Winkler.

HK

Jürgen Leykamm