Hilpoltstein
"Der Rothsee ist kein Hotspot"

Landrat Herbert Eckstein will Landkreis nicht für Tagestouristen schließen - Kritik an verwirrenden Regeln

11.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:21 Uhr
Ruhe am Rothsee: Auch weil der Ansturm von Ausflüglern aus dem Großraum Nürnberg ausgeblieben ist, will Landrat Herbert Eckstein den Landkreis Roth nicht für Tagestouristen sperren. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein - Obwohl er es könnte, spricht sich Landrat Herbert Eckstein (SPD) dagegen aus, Tagestouristen aus dem Landkreis zu verbannen, die weiter als 15 Kilometer entfernt wohnen.

"Ich halte die Regelung nicht für zielgerichtet und auch nicht für notwendig", begründet Eckstein seine Entscheidung.

Wäre er Landrat in der Rhön oder im Bayerischen Wald, würde er von der Regelung Gebrauch machen, sagt Eckstein, "aber der Brombachsee oder der Rothsee sind keine Hotspots". Hätte er mitbekommen, dass am Wochenende Scharen an Ausflüglern aus Nürnberg an den Rothsee oder den Brombachsee gepilgert und alle Parkplätze überfüllt gewesen wären, hätte er anders gehandelt. Aber das sei nicht der Fall gewesen.

Er habe Verständnis dafür, dass Familien mit Homeschooling und Homeoffice dringend mal an die frische Luft müssten. Das sollten sie auch machen, aber bitte möglichst nahe vor der eigenen Haustür.

Paradox findet der Landrat, dass zum Beispiel Ausflügler aus Nürnberg an den Brombach- oder Rothsee fahren dürften, wenn wie zuletzt zwei Tage lange keine Infektionszahlen ans Robert-Koch-Institut gemeldet werden und damit die Inzidenz der Covid-Erkrankungen unter 200 liege, aber Landkreisbürgern aus Greding oder Rohr bleibe das verwehrt. Dabei sei die 7-Tage-Inzidenz (Covid-Infektionen in sieben Tagen bezogen auf 100000 Einwohner) im Landkreis nur deshalb so hoch, weil das Virus in vier Altenheimen ausgebrochen sei.

Generell zweifelt Eckstein den Sinn immer weiterer Maßnahmen und Verordnungen an: "Man braucht nicht dauernd neue Regeln. Die Unklarheit verunsichert mehr. Ich glaube, dass weniger mehr ist. " Alle Maßnahmen würden nichts bringen, "wenn es uns nicht bald gelingt, die Leute zu überzeugen".

Nach seiner Beobachtung würden sich über 90 Prozent der Menschen vernünftig und vorsichtig verhalten, nur etwa 5 Prozent seien der Ansicht, dass für sie eigene Gesetze gelten würden. Und wegen dieser Minderheit würden immer neue Regelungen erlassen, die immer komplizierter würden. "Die Frage ist doch: Wie erwischen wir die, die sich an nichts halten? ", fragt Eckstein. Das gelinge nur durch gesellschaftliche Grenzen. Man müsse Nein sagen, wenn im Supermarkt einer zu nahe aufrücke oder keine Maske trage. Grundsätzlich findet Eckstein: "Nicht alles, was man darf, muss man auch machen. Lasst alles Überflüssige weg! "

Ein Lob hat der Chef der Hilpoltsteiner Polizei für die Bürger in seinem Inspektionsgebiet parat, was die Vorgaben der Infektionsschutzverordnung betrifft. "Die große Mehrheit hält sich wunderbar daran", erklärt Matthias Stößl auf Nachfrage. In der ersten Nacht der Ausgangssperre habe es nur fünf Verstöße gegeben, die Ertappten kamen aber noch mit einer Verwarnung davon. Diese Schonzeit sei allerdings am nächsten Tag vorbei gewesen. "Unbelehrbaren, die sich bewusst darüber hinwegsetzen, zeigen wir die Grenzen auf und belegen sie mit einem Bußgeld. " Allerdings gebe es nur ein bis zwei Menschen, die noch nachts unterwegs seien, ohne einen triftigen Grund vorweisen zu können. In manchen Nächten auch gar keiner, selbst an Silvester sei es sehr ruhig gewesen. Auch die neue Regel, wonach sich Bewohner von Regionen mit einer Inzidenz von mehr als 200 nur noch in einem 15-Kilometer-Radius rund um ihren Wohnort bewegen dürfen, werde die Polizei kontrollieren, kündigte Stößl an. Allerdings passiere das alles mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl, "wir werden jetzt nicht plötzlich mit einer Hundertschaft in Hilpoltstein anrücken und die Leute gängeln", stellt er klar. Auf der anderen Seite werde man aber auch kein Auge zudrücken. Schließlich würden sehr viele Menschen unter der Corona-Pandemie leiden, man müsse nur an die krisengeschüttelten örtlichen Betriebe und Gaststätten denken. "Das versteht niemand, wenn die einen leiden und die anderen feiern. "

Insgesamt sei die Polizei mit den Kontrollen beileibe nicht überfordert gewesen, das Schlimmste sei eine verbotene Feier mit drei oder vier verschiedenen Hausständen gewesen. Große Feten habe es im Landkreis gar nicht gegeben. Und an diesem Wochenende habe man auch nichts davon bemerkt, dass sich an Ausflugszielen wie dem Rothsee große Menschenmengen versammelt hätten. "Da war wirklich nicht viel los. " Aber für den Fall, dass sich Ansammlungen bilden, "schauen wir schon, ob sich alle an die Abstandsregeln halten".

Viel mehr beschäftigen die Polizisten aktuell die vielen Wildunfälle im Landkreis Roth, "das ist bei uns ein größeres Thema". Aber auch hier habe es glücklicherweise fast nur Blechschäden gegeben. "Es gibt aber definitiv zu tun, wenn auch nicht so viel wie zu regulären Zeiten. " Für Matthias Stößl hat das einen großen Vorteil: "Es ist schön, dass wir mit Streifenwagen präsent sein können, auch das ist wichtig für die Bevölkerung. "

HK

Monika Meyer, Robert Kofer