Hilpoltstein
Den Gottesdienst zu den Gläubigen bringen

Pfarrerin Verena Fries nimmt mit ihren Helfern Predigt und Gebete in der Christuskirche auf - Film im Internet zu finden

03.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:52 Uhr
Pfarrerin Verena Fries predigt in der Christuskirche vor laufender Kamera. −Foto: Bleisteiner

Hilpoltstein Zwischen 50 und 100 Gläubige kommen normalerweise an einem Sonntagmorgen zu den evangelischen Gottesdiensten in die Hilpoltsteiner Christuskirche. Doch in Corona-Zeiten ist nichts mehr normal. Auch vor den Kirchen macht die Krise nicht halt - die Gläubigen dürfen nicht gemeinsam mitfeiern.

 

Deshalb greift Pfarrerin Verena Fries seit einigen Wochen auf eine alternative Methode zurück, um den Hilpoltsteiner Christen ihren Gottesdienst nach Hause zu bringen. Bereits zum siebten Mal wurde am gestrigen Sonntag ein Gottesdienst aus der Christuskirche im Internet veröffentlicht.

Wenn auch die Vorbereitungen für diesen außergewöhnlichen Gottesdienst sehr zeitaufwendig sind, sind doch alle Mitwirkenden gern und freiwillig dabei. So geschehen auch am vergangenen Donnerstag, als der Sonntagsgottesdienst vor leeren Kirchenbänken aufgezeichnet wird.

Burkhard Freimuth hat bereits seinen Platz an der Orgel auf der Empore eingenommen und probt die Stücke, die für den Ein- und Auszug geplant sind. Seine beiden Söhne Christian und Moritz bereiten sich vor dem Altarraum auf ihre musikalischen Beiträge vor. Die Kirche ist in helles Licht getaucht, Kerzen brennen und verleihen so selbst dem leeren Gotteshaus eine feierliche Atmosphäre.

Pfarrer Thomas Hellfritsch, Ehemann von Verena Fries, hält die kleine Handkamera und richtet sie nach oben. Dort ist auch Mesner Emanuel Schilberg, um das Orgelspiel aus einer anderen Perspektive zu filmen. Nach einem Klatschen heißt es "Ton läuft - Kamera läuft", die erste Aufnahme kann beginnen. "Du darfst ruhig laut registrieren", ruft Hellfritsch dem Organisten zu und nach einem weiteren Versuch ist die Aufnahme im Kasten. Weil das so gut geklappt hat, wird gleich noch ein zweites Stück aufgenommen. "Ich würde das Zweite für den Auszug nehmen", schlägt Hellfritsch vor und seine Frau Verena Fries pflichtet ihm bei. "Ich auch, das ist so erfrischend."

Erfrischend sind auch die musikalischen Beiträge der Freimuth-Brüder, denen Fries "künstlerische Freiheit" attestiert. Christian leitet mit einem gefühlvollen Vorspiel am Keyboard das bekannte Kirchenlied "Laudato si", ein. Moritz setzt mit dem Gesang ein. Im ersten Versuch verspielt sich Christian minimal an den Tasten, der zweite Versuch klappt besser. "Sollen wir es so lassen, oder gibt es irgendwelche Einwände?", fragt Fries in die Runde. Die gibt es nicht und die Freimuth-Brüder spielen noch weitere fröhliche Lieder mit Gesang sowie ein Gitarrensolo von Moritz ein. Nach gut eineinhalb Stunden ist die musikalische Umrahmung für den Gottesdienst fertig.

Schon am Nachmittag wurden Begrüßung, Predigt, Gebete und der Segen der Pfarrerin aufgezeichnet. Thematisch geht es in dem Gottesdienst um die inneren Kraftquellen. Der Predigttext ist Johannes 15, 1-8. Die liturgischen Teile fallen - im Vergleich zu einem "normalen" Gottesdienst - weg.

"Etwa eine halbe Stunde dauert der Internet-Gottesdienst", sagt Fries. Für die Aufzeichnung samt Vorbereitung, Filmen und Schnitt, für den Joel Bougnot verantwortlich ist, geht ein ganzer Arbeitstag drauf", sagt sie. Doch die Klickzahlen im Internet mit weit über 500 Usern beweisen, dass sich der Aufwand lohnt. Die Gläubigen wollen eben "ihre Kirche" und "ihre Pfarrerin" sehen und fühlen sich damit wesentlich wohler, als mit einem unpersönlichen Gottesdienst im Fernsehen. Ein Blumenschmuck-Team kümmert sich darum, dass immer frische Blumen in der Kirche stehen und alles ordentlich ist. "Auch das ist wichtig für so eine Aufnahme", findet die Pfarrerin.

Zu finden ist der Gottesdienst vom gestrigen Sonntag auf der Facebook-Seite der Kirchengemeinde unter facebook.com/evkihip und auf der Hompage unter www.evkihip.de. 72 Stunden darf er dort veröffentlicht werden. Die strengen GEMA-Regeln wurden für diesen Zweck etwas gelockert.

Auch ohne Gottesdienste ist die evangelische Christuskirche weiterhin tagsüber bis 19 Uhr geöffnet. Dort kann man zur Ruhe kommen und wer möchte, kann eine Kerze anzünden oder Gebetsanliegen aufschreiben. Die Kirchengemeinde bittet Spaziergänger, die hereinschauen, die üblichen Hygieneregeln zu beachten - vor allem aber Abstand zu halten. "Wer lieber zu Hause bleibt, aber dennoch möchte, dass das eigene Gebet in die Kirche getragen wird, kann gerne im Pfarramt unter Telefon (09174) 12 28) anrufen oder eine E-Mail an Pfarramt.Hilpoltstein@elkb.de mit dem Gebetsanliegen schreiben", sagt Fries.

Zusammen mit dem Religionspädagogen Gerhard Lachner steht sie auch gerne für alle Menschen, die einfach mal jemanden zum Reden brauchen, für ein Gespräch bereit - auch außerhalb der Pfarramtszeiten - ein Anruf genügt.

Wann es wieder "richtige" Gottesdienste in der Kirche geben wird, wird in der Videokonferenz des Kirchenvorstandes am 7. Mai besprochen. Geplant ist derzeit der Sonntag, 10. Mai, zu den üblichen Gottesdienstzeiten um 9.30 Uhr.

HK

 

Christa Bleisteiner