Thalmässing
Bilder und Briefe gegen die Einsamkeit

Zweitklässler nehmen Kontakt mit Heimbewohnern auf - Große Freude über Bemühungen der Kinder

01.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:27 Uhr

Thalmässing - Auf der einen Seite Schüler, die zwar zu Hause sind, aber noch keine Ferien haben und eine sinnvolle Beschäftigung brauchen, auf der anderen Seite betagte Menschen im Altersheim oder im Betreuten Wohnen, die nicht besucht werden dürfen und denen die Decke auf den Kopf fällt.

Diese zwei Parteien hat Karlheinz Seefeld jetzt mit einer Brief- und Bilderaktion seiner zweiten Klasse zusammengebracht.

Der Lehrer der Grund- und Mittelschule Thalmässing will seinen Zweitklässlern in der Corona-Zwangspause nicht nur "sinnfreie Arbeitsblätter als Beschäftigungstherapie" abarbeiten lassen, sondern ihnen eine Aufgabe mit Mehrwert geben. Nachdenklich gemacht hat ihn eine Talksendung, bei der ein Psychologe und Theologe erklärt hatte, dass man zwar die Gottdienste in Corona-Zeiten aussetzen könne, nicht aber die Caritas, die Nächstenliebe. "Konfirmationen und Kommunionen finden im Moment ja auch nicht statt. " Aber sozial engagieren könne man sich ja trotzdem.

Die Idee, dass seine Schüler daheim Bilder malen und Briefe schreiben, die Bewohnern von Altenheimen ein wenig Abwechslung bringen, war schnell geboren. Vor unerwartete Schwierigkeiten stellte ihn jedoch der Datenschutz, denn Seefeld wollte Briefe und Bilder nicht einfach nur in ein großes Kuvert stecken und an der Heimtür abgeben. Er wollte lieber die Werke seiner Schüler an die einzelnen Bewohner adressieren. Doch die Daten waren nicht so einfach zu bekommen, nicht vom Seniorenbeauftragten der Marktgemeinde, nicht vom VdK-Ortsvorsitzendem oder vom Heimpersonal.

"Aber jeder von uns kennt doch einen Bewohner persönlich", hat sich Seefeld gedacht und so unterstützt von Lena Göbel und Marianne Kayr nach und nach seine Namensliste zusammengestellt. Dann ging es darum, die Kinder ins Boot zu holen. "Es sollte kein Muss sein", unterstreicht Seefeld, "sondern ein Angebot für Kinder und die Eltern". Alle 23 Schüler hätten nicht mitgemacht, "man erreicht nie alle", aber doch 75 bis 80 Prozent.

Die Kinder malten Ostergrüße, fertigten Lernplakate über Frühlingsblumen oder die Uhr an, also über Themen, die gerade durchgenommen werden, oder schilderten ihren Tagesablauf. Diese Werke wurden dem Pädagogen zugeschickt, der sie gesammelt und ausgedruckt hat. Sie sollten aber nicht nur auf schlichtem Papier zu betrachten sein, sondern richtig gut zur Geltung kommen. Deshalb hat Seefeld auch dicken Karton benutzt, "damit es wertig aussieht". In Karten von Hand- und Fußmalern, die er stapelweise zu Hause liegen hatte, wurde die Fotos der Kinder geklebt, ihre Namen geschrieben und auch notiert, was die Kinder gut können.

Bilder, Briefe und die Karten mit Foto und Namen wurden in ein Kuvert gepackt und an jeweils einen Bewohner adressiert. Den Stapel mit allen Kuverts hat Sandra Albrecht, die im Seniorenhaus Jura arbeitet, mitgenommen und verteilt. "Das war so große Klasse", sagt Katharina Putz, die die Heimbewohner als Sozialpädagogin betreut. "Die Aktion ist bei den Bewohnern so gut angekommen. Sie freuen sich sehr über den Kontakt von außen. "

Ganz praktisch hat das Sandra Albrecht erlebt. Sie berichtet von einer weit über 90-Jährigen, die an Demenz leidet und nicht frühstücken wollte. Sie habe ihr das Bild eines dunkelhaarigen Mädchens mit einem Blumenstrauß gezeigt. "Die Frau war so begeistert von dem Bild, dass sie gar nicht gemerkt hat, dass sie das halbe Brot gegessen hat. "

Die Senioren haben sich so über die Briefe und Bilder gefreut, dass sie sich hingesetzt und geantwortet haben. "Bei mir ist es sehr einsam, so allein in der Wohnung zu sein", hat beispielsweise Oma Anna Pfitzinger geschrieben, die im Moment nicht einmal ihre neu geborenen Urenkel sehen darf. Umso mehr freut sie sich über den Kontakt zu den Schülern.

Auch der nächste Schritt hat gut geklappt: Karlheinz Seefeld fragte bei den Eltern nach, ob ihre Kinder eventuell mit Senioren telefonieren würden. "Das macht nicht jedes Kind gern", weiß der Lehrer. Einige haben sich aber bereit erklärt und schon Gespräche mit den Heimbewohnern geführt, die den nächsten Anruf kaum erwarten können. Auch das Betreute Wohnen und die ambulanten Patienten der Diakoniestation wurden bereits eingebunden.

Diese Aktion haben sich jetzt schon andere Klassen oder auch Kindergärten zum Vorbild genommen, so dass auch Einrichtungen wie Regens-Wagner-Zell oder auch das Augustinum in Roth Adressaten von Bildern, Briefen, Gedichten und Geschichten sind.

HK

Andrea Karch