Wendelstein
"Christsein muss wieder Spaß machen"

Luz Amoi feiern mit Nachdenklichem und musikalisch Überraschendem Triumphe in Wendelstein

04.12.2018 | Stand 02.12.2020, 15:06 Uhr
Luz Amoi! Diesem Imperativ sollte man Folge leisten. −Foto: Unterburger

Wendelstein (ub) Der Ansturm ist riesig gewesen.

Binnen Minuten war die Georgskirche voll besetzt. Schließlich erwartete das Publikum an diesem ersten Advent ein Weihnachtskonzert der etwas anderen Art, präsentiert von einer fünfköpfigen Formation, die schon mehrfach in Wendelstein aufgetreten war und die sich Luz Amoi nennt.

Neuartig, lebendig und dennoch traditionsbewusst: "Neue Volksmusik" - manchmal auch "VolXmusik" geschrieben - bezeichnet den Versuch, Elemente der Volksmusik in neue Kontexte zu setzen und mit anderen Stilrichtungen zu verbinden. Diesen Crossover probiert Luz Amoi. Die fünf Bandmitglieder, die zwischen Oberappersdorf und Freising daheim sind, stecken die Grenzen bayerischer Volksmusik gerne etwas weiter, wollen aber mit volkstümlicher Musik, wie sie im früheren "Musikantenstadl" gespielt wurde, nichts zu tun haben.

"Luz Amoi! " ist eine Aufforderung und heißt so viel wie: "Hör mal zu! " Das Publikum in der Georgskirche hörte zu und war begeistert vom verblüffenden Stilmix dieser sympathischen Musikerinnen und Musiker. Eigentlich ist es ein Familienbetrieb, bestehend aus dem musikalischen Kopf Stefan Pellmaier (Akkordeon, Marimbaphon, Vibraphon, Perkussion, Drums, Gesang, Moderation), seiner Frau Stefanie Pellmaier (Geige, Marimbaphon, Gesang), seiner Schwester Manuela Schwarz (Hackbrett, Harfe), seinem Cousin Johannes Czernik (Klarinette, Saxofon, Gitarren, Gesang) und Dominik Hogl (Bass).

Seit über zehn Jahren vermischt die Truppe Tradition und Neues und sorgt für spannenden Ohrenschmaus auf der Bühne. "Mich mit der Musik meiner Vorfahren zu beschäftigen und sie mit meiner eigenen musikalischen Sprache ausdrücken zu dürfen, ist für mich ein wunderbares Gefühl", bekennt Stefan Pellmaier, der Lehrer und Vater dreier Kinder ist. "Dabei ist mir eines bewusst: Tradition vergeht nicht, sie entwickelt sich immer weiter. "

Auch instrumental wurde einiges geboten. Das Marimbaphon stand im Einklang mit dem Hackbrett, ein Sopransaxofon verschmolz mit den melancholischen Klängen von Harfe und Geige, unzählige Perkussionsinstrumente, Gitarre und der Kontrabass ließen mit ungewöhnliche Rhythmen aufhorchen. Ganz nach dem Motto "Überall dahoam" waren jiddische, russische und irische Klänge zu hören, aber auch osteuropäische Sinti-Klänge konnte man in einigen Stücken erkennen.

Zwischen den Musikbeiträgen trug Stefan Pellmaier eigene Gedanken zum Advent und zu Weihnachten vor. "Wir beschäftigen uns seit vielen Wochen mit dem Programm, immer in der Hoffnung, etwas Besonderes werden zu lassen", gestand er, "wir wollen, dass dieses Gefühl bei Ihnen bis Weihnachten anhält. " Es sei ein weiter Weg nach Bethlehem, sagte der Moderator. "Je besser es uns geht, desto weiter entfernen wir uns von Bethlehem. " Wir sollten heraustreten aus dem Alltag, der uns oft an unsere Grenzen bringe. Pellmaier zweifelte am Fortschrittsglauben, dem wir frönten. "Man spricht von Effizienz, die Menschen werden ersetzt durch Maschinen. Ist das Fortschritt? " Wir lebten alle mit der Illusion, dass wir mit Hilfe der Technik Zeit sparen könnten. "Wer ist am Ende unser Ziel? "

"Berührt uns die Erzählung von der Geburt Jesu noch? ", fragte Stefan Pellmaier weiter, "trifft sie uns noch im Herzen, hat sie in unserer aufgeklärten Welt noch Platz? " Die Kritik an der Institution Kirche werde immer lauter. Glauben wir nicht alle an einen liebenden Gott? "Übernehmen wir Verantwortung, Christsein muss wieder Spaß machen", forderte Pellmaier die Zuhörer auf. Diese Verantwortung gelte für alle, egal ob man Christ, Moslem oder Jude sei.

Der Moderator schilderte Erlebnisse aus seiner Kindheit, die seine Vorfreude auf Weihnachten verstärkt hätten. Vor allem das Binden des Adventskranzes sei für ihn unvergesslich. "Die Kinder werden es uns später danken, wenn wir die Zeit des Advents bewusst gestalten, da bin ich mir ganz sicher", meinte er. Gerade durch das Singen von Weihnachtsliedern würden die Menschen im tiefsten Herzen Frieden finden in einer Welt, die so voller Unfrieden ist. "Wir wissen uns von der Liebe Gottes getragen, das ist unsere Chance und Geschenk", sagte Pellmaier. "Weihnachten kann die Welt verändern, wenn es dich und mich verändert. " Stefan Pellmaier schloss den außergewöhnlichen Konzertabend mit einem berührenden Gebet des deutschen Schriftstellers Rainer Maria Rilke, in dem es heißt: "Eines lass mich behalten: den Blick in deine Sterne, damit ich das Händefalten, Hoffen und Staunen nicht ganz verlerne. "