Heideck
Brillanter Auftakt

Mitreißendes Klezmer-Konzert eröffnet Veranstaltungsreihe zu "600 Jahre Kapell in Heideck"

10.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:11 Uhr
Juliane Ossadnik ergänzt mit ihrer wandelbaren Stimme das Claus-Raumberger-Ensemble beim Auftakt der Reihe "600 Jahre Kapell". −Foto: Klier

Heideck (HK) Die Auftaktveranstaltung zu "600 Jahre Kapell in Heideck", die an die Weihe der Frauenkirche erinnert, wurde vom Claus-Raumberger-Ensemble gestaltet. Passend zur Woche der Brüderlichkeit, die seit 1952 von den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit begangen wird, interpretierte das Ensemble in der Frauenkirche Klezmer-Musik. Das ist eine aus dem aschkenasischen Judentum stammende Volksmusiktradition, die sich an weltlicher jüdischer Musik, aber auch an religiösen Traditionen orientiert.

Das Konzert in der Kapell begann mit dem klagenden "Ghetto", eine der rumänischen Volksmusik entstammenden Weise und mit der lebhaften Tanzmelodie "A freylikh nakht in garden eydn - Eine fröhliche Nacht im Paradies". Heidecks Bürgermeister Ralf Beyer begrüßte die Besucher, die trotz der ungemütlichen Witterung in die recht kühle Kirche zum Eröffnungskonzert gekommen waren. Die Kapell sei lange Zeit ein Symbol für die Ökumene in Heideck gewesen, erinnerte Beyer. Kreisheimatpflegerin Eva Schultheiß, Monika Kauderer vom Arbeitskreis Tourismus und Renate Raumberger hatten die Idee gehabt, das Kapelljubiläum gebührend zu begehen. Federführend für die Organisation der Veranstaltungsreihe war Monika Kauderer. Er, Beyer, wünsche sich, dass die kulturellen Veranstaltungen in Heideck wieder auflebten.

Monika Kauderer führte durch das Programm und kündigte als nächstes zwei langsame Weisen an, nämlich "Baym Rebin's Sude" (Am Tisch des Rabbiners) und "Tants, yiddelekh, tants!", ein jiddischer Tanz. Das Claus-Raumberger-Ensemble wird vom Namensgeber geleitet, einem Virtuosen auf der Klarinette und dem Sopransaxofon. Seine Frau Renate, beide wohnen in Schlossberg, steht am Kontrabass. Kristian Dittmar (Klarinette), Heinz Horst (Akkordeon) und Udo Reichert (Schlagzeug) ergänzen das Ensemble. Aus Heilbronn war die Sopranistin Juliane Ossadnik gekommen, die nicht nur mit ihrer sympathischen und wandelbaren Stimme das Publikum begeisterte, sondern auch das Saxofon meisterhaft beherrscht.

Wehmütig ging es im Programm weiter mit "Shpil-she mir a Lidele in Jiddisch" und mit dem religiös-meditativen "Nigun", zu dem Claus Raumberger eine zweite Klarinettenstimme geschrieben hat. In einem Ghetto hat Hans Glik das Lied "Shtil, die nakht is oysgesternt" (Still, die Nacht ist voller Sterne) verfasst. Diese getragene Weise wurde einfühlsam und mit wehmütigem Unterton von Juliane Ossadnik vorgetragen.

Zwischendurch lasen Anne und Manfred Klier jüdische Märchen, sowie Geschichten aus dem "Stetl", dem "Städtlein". Das ist die Bezeichnung für Siedlungen in Osteuropa mit hohem jüdischem Bevölkerungsanteil. Da wurde beispielsweise eine jüdische Hochzeit mit all ihren Bräuchen geschildert. In einem Märchen verkaufte eine Rabbi seine Tochter an einen Prinzen. Und schließlich wurde die hässliche Sara Goldblatt mit einem Blinden vermählt, dem man Saras Schönheit in den höchsten Tönen gepriesen hatte.

Mit ihrer klangvollen und bezaubernden Stimme schilderte die Sängerin Juliane Ossadnik die gemütliche Stube, in der ein Rabbiner die Kinder das Alphabet lehrt: "Oifm Pripetschik brent a Fajerl" (Im Ofen brennt ein Feuer). Der "Jewish Wedding Song Mazel tov" ist ein lebhafter musikalischer Glückwunsch zur Hochzeit und leitete zu Bürgermeister Ralf Beyer über. Das Konzert sei ein hervorragender Auftakt zu der Veranstaltungsreihe 600 Jahre Kapell gewesen. Mitklatschen, mitsingen oder einfach nur zuhören durfte man bei "Havenu shalom alachem" (Möge der Friede mit euch sein), mit dem das besinnliche, aber auch heitere Konzert, von Könnern ihres Fachs interpretiert, ausklang. Das begeisterte Publikum spendete lang anhaltenden Beifall.

Stadtpfarrer Josef Schierl erinnerte daran, dass Maria und natürlich auch Jesus Juden gewesen waren. Das sollte man gerade heute im Zeichen eines wachsenden Antisemitismus immer wieder bedenken. Musik könne ein Brückenschlag zwischen den Konfessionen sein. Ein solch schönes Beispiel dafür sei das heutige Konzert gewesen. Für die Zukunft wünschte er "Mazel Tov" (Viel Glück).

Die Veranstaltungsreihe zur Weihe der Heidecker Frauenkirche wird am Sonntag, 24. März, mit der Schola Heideck fortgesetzt, die den Adonai-Kreuzweg musikalisch und visuell gestaltet.

Manfred Klier