Bluestage Roth
Als die Bluestage das Tanzen lernten

Nina Attal wirbelt mit ihrer Band und einem großartigen Stilmix die Kulturfabrik durcheinander

01.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:28 Uhr
Hochspannung in der Kulturfabrik: Simon Attal, Anthony Honnet, Nina Attal und Benjamin Delarue (von links) beim Rocken. −Foto: Tschapka

Roth (HK) Französische Gäste sind bisher bei den Rother Bluestagen eher seltene Gäste. Eine blitzsaubere Hommage an den großen Prince ebenfalls. Diese Lücke hat am Sonntagabend Nina Attal bei ihrem Gastspiel bei den 28. Rother Bluestagen in der Kulturfabrik gefüllt.

Die Musik, die die zierliche junge Frau mit im Gepäck hatte, konnte sich wirklich sehen lassen, wie auch der gesamte Rest der überaus wilden Bühnenschau, auf der es auf zwei Ebenen, verbunden mit einer zentralen Treppe, ordentlich abging. "Jump" heißt ihr aktuelles Album, überaus passend, denn während ihrer explosiven Show wurde nicht nur gerockt, sondern es ging dabei regelrecht akrobatisch zu. Und wann gibt es schon mal Choreographien bei einem Bluesfestival.

Mag sein, dass zunächst der eine oder andere Bluesfan etwas verschreckt reagierte, als während mancher Songs auch einige Hip-Hop- und R'n'B-Einlagen eingestreut wurden. Kein Wunder, denn die Musik Attals kann im besten Sinn des Wortes als Crossover bezeichnet werden, denn Blues kam darin ebenso vor wie Funk, Jazz, Soul, Pop, Rock, Soul und eben Rap. Zwei Background-Sängerinnen sowie Nina Attals "talented Brother" Simon, der nicht nur stimmlich überzeugte, sondern immer wieder mal zu schweißtreibenden Tanzeinlagen ansetzte. Das Trio machte nicht nur die Bühne voll, sondern sorgte auch für eine akustische Fülle, der man sich nur schwer entziehen konnte.

Auf einen Bassist wurde verzichtet, dafür sorgte Keyboarder Anthony Honnet für die tiefen Töne und zwar sehr gekonnt. Im Zentrum des Geschehens wirbelte Nina Attal im Glitzeroutfit über die Bühne, mal mit, mal ohne E-Gitarre, der sie überaus hörenswerte Soli entlockte. Dann wieder forderte sie ihren Background-Sänger zu minutenlangen Tanzduellen heraus, in denen unglaublich viel Energie steckte, und die man bei den Bluestagen so auch noch nicht gesehen hat.

Auf Bluesklassiker wartete man vergebens, auch Balladen waren eher dünn gesät, aber das war nicht weiter schlimm, denn Nina Attal ist nun mal eine Frau, die auf der Bühne zu Hause ist und immer zu Vollgas neigt, wenngleich auf ihrem "Jump"-Album durchaus auch ruhige Stücke zu finden sind, die sie darüber hinaus als exzellente Singer-Songwriterin ausweißen. Nicht zu vergessen die Verneigung vor Prince, der nicht nur durch fast alle Stücke geisterte, sondern von dessen "Kiss" Nina gekonnt eine Strohe einstreute.

Mit rund 300 Besuchern war die Kufa zwar leider alles andere als voll, dafür hatten die Gäste genug Platz, sich zu bewegen, und das taten sie reichlich, und zwar nicht nur in den ersten Reihen. Großartige Musik mit ausgeprägtem Mitzappelfaktor, so kann man die atemlose Show gut beschreiben.

Auch wenn Nina Attal und alle Mitglieder ihrer Band so wirkten, als ob sie nichts und niemand stoppen kann, war das Konzert dann leider schon um kurz vor zehn zu Ende. Dafür gab es ganz zum Schluss noch ein Ständchen für die Kufa-Mitarbeiterin Gabi Ullmann, die an dem Tag Geburtstag hatte.

Fazit: Nina Attal und ihr unkonventioneller Crossover-Stil samt großartiger Bühnenshow und inklusive abgedrehter Tanzperformance erwiesen sich als hörens- und sehenswerte Überraschung bei den diesjährigen Bluestagen. Vielleicht sollte man sich öfter mal französische Gäste in die Kulturfabrik holen.

Tobias Tschapka