Thalmässing
Blinde Fahrer und flotte "Kübelgänger"

Schwierigkeitsgrad beim zehnten Orientierungslauf der Freien Wähler nach oben geschraubt

13.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:23 Uhr
Premiere für die Familie Hussendörfer beim zehnten Orientierungslauf: Lara und Emilia können schon selbst laufen, Baby Samuel muss noch getragen werden. −Foto: Fotos: Leykamm

Thalmässing (HK) Natur und Heimat als Familie oder Gruppe gemeinsam erleben und die eigenen fünf Sinne statt eines Navis zu benutzen. Dazu lädt der Orientierungslauf der Freien Wähler Thalmässing als Teil des Ferienprogramms des Marktes. Nun hat die Veranstaltung ihren ersten runden Geburtstag feiern dürfen.

Bei der zehnten Auflage wollte man ursprünglich auch passend dazu zehn Stationen anbieten. Doch die Kreativität der Anbieter war größer als die Zahl der Jahre und so gilt es an elf Posten verschiedene Herausforderungen zu bestehen. Und die einzelnen Punkte erst einmal zu finden. Denn zum kleinen Jubiläum wurde der Schwierigkeitsgrad der Suche etwas erhöht. "Wir haben diesmal keine Postenschilder aufgestellt", sagte Karl Kirschner, der Vorsitzende der Thalmässinger Freien Wähler. So gibt es also keine weithin sichtbaren Hinweise zum nächsten Punkt der Rallye.

Zu Beginn müssen sich die Teilnehmer entscheiden: "Die große Tour mit gut sieben Kilometer oder doch nur die kleine mit vier Kilometer in Angriff nehmen?" Familie Hussendörfer aus Reichersdorf entschließt sich bei ihrer eigenen Orientierungslauf-Premiere für Letzteres. Als einzige der zehn Gruppen übrigens - hier passt also der Bezug zum Jubiläum. Stefan und Nora sind mit ihren Kindern unterwegs. Während Lara mit ihren viereinhalb Jahren und auch die bald zweijährige Emilia schon mitlaufen, macht es sich der sechsmonatige Samuel auf dem Rücken der Mutter gemütlich. Die Landwirtsfamilie nutzt die Chance, dass sich heuer das Einbringen der Ernte mal nicht mit der Veranstaltung terminlich kreuzt.

Gleich zu Beginn gibt es eine Geschichtslektion. Die Gruppen erfahren von Fritz Loy Näheres über das Leben der Juden in Thalmässing, von der Ansiedlung nach dem Dreißigjährigen Krieg bis zum Abriss der Synagoge in den 1970er-Jahren. Danach galt es Fragen zu beantworten. Warum endete am Sabbat der jüdische Spaziergang an der Linkskurve nach der Heimmühle? Richtig. An diesem Tag gilt für die Gläubigen, dass sie sich maximal einen Kilometer vom Wohnort entfernen dürfen.

Wesentlich mehr gilt es für die Orientierungsläufer zu stemmen. Und dabei auch Geschick zu beweisen. Mit der Kelle Wasser durch einen Parcours zu bugsieren ist gefragt oder sich im Wald als Hula Hoop Könner zu beweisen. Danach lässt sich die Aussicht von oben genießen. Doch nicht nur das - hier muss man wissen, welcher Ortsteil wo zu sehen und wie weit er entfernt ist.

Bei der nächsten Station sind Sportgeist und Kreativität gefragt. In Mörtelkübeln gilt es von A nach B zu kommen - ohne den Boden zu berühren. Ansätze gibt es dazu ganz verschiedene. Blindes Vertrauen ist am Waizenhofener Espan Trumpf. Hier bekommt der Fahrer eines Schubkarrens die Augen verbunden, der "lebendige Inhalt"des Gefährt wird zum Parcourslotsen. Fahrer und Vater Christian Steiger aus Thalmässing gelingt mit seinem 13-jährigen Sohn Paul ein echtes "Herzschlagfinale". Beide überqueren nach zwei Minuten und 28 Sekunden die Ziellinie. Nach zweieinhalb Minuten hätte es Punktabzug gegeben. Und wieder heißt es den Grips anstrengen: "Warum sind am Espan in einem Bereich keine unteren Äste an Bäumen zu sehen?" Richtig: Die Schafe lassen den jungen Trieben in Maulhöhe keine Chance.

Weiter geht es den beschwerlichen Weg hoch zum Schützenhaus. Dort trumpft der siebenjährige Julius aus Offenbau auf - er errät zur Freude von Mutter Tanja sämtliche Inhalte der Fühlstationen. "Der Orientierungslauf ist einfach spannend", finden die beiden, bevor sie sich zum nächsten Posten aufmachen. Mitten im Wald heißt es dann, Baumscheiben nach Gewicht zu sägen, am Waldrand sich als Bogenschütze zu beweisen und auf dem Tennisplatz wartet zur Krönung der Ballzauber. Während all der Zeit sind Betreuer der Stationen ganz modern per Whats app miteinander verbunden. So weiß Karl Kirschners Frau Rosalinde auch genau, wann sie am besten mit dem Grillen beginnt. Sie ist für die Verpflegung nach dem Lauf zuständig.

Das Ehepaar zieht ein positives Fazit der ersten Orientierungslauf-Dekade. Auch wenn zum Jubiläum hitzebedingt der Andrang geringer ist als erwartet. "Die Kinder finden die Aktion richtig cool - bisher gab es noch nie Gemaule." Bei dieser Familienrallye "sprühen alle vor Elan". Und lernen quasi nebenbei Flora, Fauna und Ortsteile näher kennen. Über Gäste bis aus Bergen, Zell oder gar Schwabach können sich die Freien Wähler freuen. "Endlich mal etwas anderes" lautet dabei nicht selten die Begründung für die weiten Wege.

Jürgen Leykamm