Greding
Bebilderte Erfahrungen

Ausstellung im Archäologiemuseum greift das Thema Inklusion sehenswert auf - Betroffene berichten

29.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:51 Uhr
Großformatige Poträtbilder mit Erlebnisgeschichten von Betroffenen bestimmen die Ausstellung im Museum (links). Zur Eröffnung spricht unter anderen Annegret Vogg aus Landerzhofen, die auf den Rollstuhl angewiesen ist (rechts). −Foto: Kempf

Greding (HK) "Ich bin m/eine Erfahrung": So ist die Wanderausstellung tituliert, die derzeit im Gredinger Archäologiemuseum Station macht.

Zur Eröffnung sind knapp 30 geladene Gäste in den Sonderausstellungsraum des Museums gekommen. Der Anlass dieses Zusammentreffens sei ein ganz besonderer, betonte Bürgermeister Manfred Preischl. Das Thema Inklusion, das die Schau zum Inhalt hat, liege ihm sehr am Herzen.

Der Begriff Inklusion sei bereits seit einigen Jahren in aller Munde und in den Medien sehr präsent - auf kommunaler Ebene insbesondere in Kindergärten und Schulen, die dazu aufgerufen seien, Kinder mit Behinderung oder einer Einschränkung in ihre Gruppen und Klassen zu integrieren. "Wenn alle Menschen - egal ob mit oder ohne Behinderung - überall dabei sein können und zusammen mit uns mitten im Leben stehen, dann ist das eine gelungene Inklusion", sagte Preischl. Offenheit, Respekt, Hilfsbereitschaft und ein gelebtes menschliches Miteinander seien dabei die Standpfeiler, die im Alltag dazu beitragen sollten, niemanden an den Rand der Gesellschaft zu stellen.

Auch die Stadt Greding verfolge das Ziel, den Bedürfnissen von Menschen mit Handicap Schritt für Schritt mit entsprechenden Maßnahmen gerecht zu werden, um Erleichterungen in der Bewältigung des Alltags zu schaffen, so der Bürgermeister. Die Laufwege inmitten des Kopfsteinpflasters auf dem Marktplatz seien hier ein gutes Beispiel.

Die Ausstellung ist von der Sozialpädagogin Janet Meyer vom Verein Inklusionsnetzwerk Roth mit großem Fachwissen und Einfühlungsvermögen konzipiert worden. Die Lebens- und Alltagserfahrungen von Menschen mit Behinderung oder Einschränkung bekämen in dieser Ausstellung ein ganz konkretes Gesicht, lobte Preischl; ebenso erhielten sie die Möglichkeit, ihre Stimme zu erheben und auf ihre persönlichen Erfahrungen aufmerksam zu machen. Eine besondere Freude sei es für ihn, dass zwei Frauen aus Greding mit ihren Porträts und Erfahrungen Eingang in die Schau gefunden hätten: Rita Danner und Annegret Vogg.

Auch die Ausstellungsmacherin Janet Meyer richtete einige Worte an die Gäste - ungeplante. Ein Gespräch mit der Kulturamts- und Museumsleiterin Bettina Kempf beim Aufbau sei der Grund dafür, dass sie ihr vorbereitetes Grußwort über Bord geworfen habe, erzählte Meyer. Kempf habe aufgrund der respektlosen und herabwürdigenden Äußerungen gegenüber Menschen mit Behinderung, die in der Ausstellung thematisiert werden, so entsetzt und geschockt reagiert, dass ihr einmal mehr klar geworden sei, dass Diskriminierung jedweder Art niemals von unserer Gesellschaft toleriert werden dürfe. Egal, ob es um die Religion, die Hautfarbe, die Herkunft oder um Behinderungen gehe.

Meyer fügte an, dass sie als Sozialpädagogin und Mitarbeiterin des Inklusionsnetzwerkes Roth regelmäßig mit der Diskriminierung gehandicapter Menschen konfrontiert werde; diese sei leider trauriger Alltag. Doch dürfe dies niemals akzeptiert und zur Normalität werden.

Auch die beiden Gredingerinnen, deren Erfahrungen in die Ausstellung eingeflossen sind, traten ans Rednerpult. Annegret Vogg aus Landerzhofen erzählte mit bewegenden Worten von ihrer durch Krankheit geprägten Kindheit. Im Alter von drei Jahren ist sie an Kinderlähmung erkrankt. Drei weitere Jahre habe es gedauert, bis sie sich als Kind mit einer ungeheuren Kraftanstrengung starkem Willen wieder zurück auf die Beine gekämpft habe, schilderte Annegret Vogg, die heute im Rollstuhl sitzt.

In der Rückschau könne sie ihre schweren Erfahrungen mit Krankheit und Behinderung mit einem Satz beschreiben, der sie schon jahrzehntelang auf ihrem Weg begleite und ihre positive Einstellung zum Leben sehr präzise widerspiegle, betonte Vogg. Es sei ein Buchtitel von Johannes Mario Simmel, der auf ein mittelalterliches Zitat zurückgehe: "Mich wundert, dass ich so fröhlich bin. "

Lebensfreude trotz der vorhandenen Einschränkungen sowie Mut im Alltag und der Einsatz für Belange gehandicapter Menschen sind ein wichtiger Motor für Annegret Vogg, die in ihrer kurzen Ansprache betonte, dass sie sich als Zugezogene oft ein wenig mehr Offenheit und Kontaktfreude wünsche. Im Sinne einer gelebten Inklusion sei es oft nicht einfach, ein offenes Ohr für ihre Anliegen zu finden oder in eine Gemeinschaft hineinzuwachsen, stellte Vogg heraus.

Rita Danner von der Krebs-Selbsthilfegruppe Greding, deren Erfahrungen als Betroffene und Gruppenleiterin ebenfalls Eingang in die Ausstellung gefunden haben, berichtete von ihrer Betreuungsarbeit, die auf großem Vertrauen und Verschwiegenheit in der Gruppe basiere. Sie dankte Bürgermeister Preischl für die gute Unterstützung der Stadt Greding und wünschte der Ausstellung viele Besucher und guten Erfolg.

Im Anschluss konnten die Gäste nicht nur die beeindruckenden Porträts und Erfahrungsberichte von zehn Menschen mit Behinderung aus dem Landkreis Roth auf sich wirken lassen, sondern sich auch zum Thema Inklusion und ihrer Umsetzungsmöglichkeiten im Alltag austauschen.

Öffnungszeiten

Das Archäologiemuseum Greding zeigt die Wanderausstellung "Ich bin m/eine Erfahrung" in seinem Sonderausstellungsraum bis zum 11. Juni zu den üblichen Öffnungszeiten.Diese sind montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr, außerdem Dienstag und Mittwoch von 14 bis 16 Uhr, Donnerstag von 14 bis 18 Uhr sowie samstags, sonntags und feiertags von 13 bis 18 Uhr. Der Besuch der Schau ist kostenlos, der Raum barrierefrei zugänglich. HK