Nürnberg
BN und SPD kritisieren ICE-Standort

Für geplantes Werk bei Fischbach sollen 40 Hektar Reichswald gefällt werden - Fraas wirbt für Bahn-Projekt

08.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:37 Uhr

Nürnberg - Neben den ICE-Gleisen in einem Waldstück in Nürnberg-Fischbach will die Bahn offensichtlich das neue ICE-Werk bauen.

Dafür müssten 40 Hektar Wald weichen. Jetzt hagelt es Kritik von Umweltschützern.

An dem geplanten ICE-Werk scheiden sich schon kurz nach der Bekanntgabe der Zukunftspläne die Geister. Während Stadt, Land und Bund die 400-Millionen-Euro-Investition als notwendigen Beitrag zur ökologischen Mobilitätswende verteidigen und gleichzeitig als Chance für 450 krisensichere Arbeitsplätze in der Metropolregion begreifen, konzentriert sich die Kritik von Umweltschützern auf die Standortfrage.

Insbesondere der Bund Naturschutz hat die Suche nach einem geeigneten Grundstück für das geplante ICE-Instandsetzungswerk bereits kritisch ins Visier genommen. Umweltschützer kritisieren, dass für das neue Werk, das neben den bestehenden ICE-Gleisen in Fischbach entstehen soll, rund 40 Hektar Reichswald gefällt werden müssten. Das entspricht rund 56 Fußballfeldern. Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz (BN) in Bayern, stellt sogar Nürnberg als Standort der neuen Giga-Fabrik in Frage und bringt die Suche nach Standort-Alternativen in ganz Süddeutschland ins Spiel.

Soweit geht die Nürnberger SPD nicht. Doch auch die Sozialdemokraten haben sich trotz der schwarz-roten Rathaus-Koalition gegen den favorisierten Standort in Fischbach frühzeitig und relativ eindeutig positioniert. Laut SPD-Fraktionschef Thorsten Brehm ist er "mehr als heikel, weil viele Hektar Wald geopfert" werden müssten. "Jeder Baum ist wertvoll", begründete Brehm seine Kritik an dem Standort und forderte die Bahn auf, eine Transparenz- und Informationsoffensive zu starten und dabei zu erklären, warum die neuen Werkshallen "ausgerechnet dort und nicht woanders im Stadtgebiet" errichtet werden müssten.

Im modernen ICE-Ausbesserungswerk sollen ab 2028 in der 450 Meter langen Werkshalle mit einer Betriebsfläche von 460000 Quadratmetern etwa 450 Beschäftige auf sechs Behandlungsgleisen bis zu 25 ICEs pro Tag warten und reparieren.

Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) äußerte Verständnis für die Kritik der Naturschützer. Für ihn gehe es nicht um die Abwägung zwischen Arbeitsplätzen und Bäumen nach dem Motto: "Wie viele Bäume dürfen für 450 Arbeitsplätze gefällt werden? " Fraas möchte die Menschen davon überzeugen, dass das neue ICE-Werk für das Gelingen der Verkehrswende wichtig sei. Wenn mehr Menschen mit der Bahn fahren sollen und die Bahn dafür ihre Flotte massiv erweitere, müssten die Bürger auch verstehen, dass die vielen Schnellzüge gewartet werden müssten. "Dafür bleiben nur nachts wenige Stunden Zeit. Daher braucht man so ein ICE-Werk nicht irgendwo im ländlichen Raum, sondern nahe eines ICE-Verkehrsknotenpunkts, an dem abends viele ICEs ankommen und morgens wieder losfahren", setzt sich Fraas auf Anfrage unserer Zeitung für den geplanten Standort in Fischbach ein. "Wenn wir die Verkehrswende wollen, dann hat das Konsequenzen. Darüber müssen wir mit den Menschen sprechen", sagt Fraas.

Die Bahn hat vorgeschlagen, den geplanten Standort in engem Austausch mit Bürgern, Genehmigungsbehörden und Umweltverbänden festzulegen. Wohl zur flankierenden Unterstützung dieses heiklen Diskussionsprozesses hat die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) bereits angekündigt, 300 Hektar Staatswald als ökologische Ausgleichsfläche für die Rodung des geplanten Fabrikgeländes zur Verfügung stellen zu wollen. Mit dem neuen ICE-Werk bekomme Nürnberg nicht nur 450 sichere Arbeitsplätze, sondern leistet laut Schreyer auch einen wichtigen Beitrag für die umweltfreundliche Mobilität der Zukunft.

HK


Nikolas Pelke