Heideck
Aus der Zelle direkt vor die Richterin

Zweifel an einer Drohung: Verfahren gegen Heidecker wird eingestellt

02.05.2019 | Stand 02.12.2020, 14:04 Uhr

Heideck (cyb) Zwei bewaffnete Polizeibeamte begleiten den Angeklagten bei der Verhandlung am Donnerstag ins Sitzungszimmer des Schwabacher Amtsgerichts.

Er macht nur kleine Schritte, die Fußfesseln lassen wenig mehr als ein Trippeln zu. Heute steht der 37-jährige Heidecker vor Gericht, weil er einer Familie gedroht haben soll. Doch die Anklage gegen ihn wird fallengelassen.

Der Heidecker wohnt - so er nicht gerade in einer Zelle sitzt - in einer städtischen Unterkunft in Heideck. Dort soll er die Familie, die mit ihm im gleichen Haus wohnt, mit den Worten "Ich bring' euch alle um" bedroht haben. Doch in der Gerichtsverhandlung wird schnell klar, dass es sich bei dem 37-Jährigen kaum um einen wüsten Raufbold handelt, denn der Polizeibeamte, der Mitte Januar wegen der harschen Drohung zu dem Haus gerufen wurde, zeichnet ein komplett anderes Bild.

Demnach habe die sechsköpfige Familie die Polizei immer und immer wieder gerufen, um sich über Ruhestörung oder einen Streit zu beschweren. "Ich war bestimmt schon 25 Mal da", so der Hilpoltsteiner Beamte. "Aber es war nie etwas, da war immer Totenstille, nicht mal ein Fernseher. " Seltsamerweise wollte die Familie, die sich vorher über ihren Mitbewohner so bitterlich beklagt hat, den Beamten oft gar nicht Rede und Antwort stehen: "Wir haben geläutet, aber uns hat niemand aufgemacht. Wir haben auf dem Handy angerufen, aber es ging niemand ran. "

Punkte für Reibereien gebe es nach Einschätzung des Beamten dagegen genug. Die Familie und der alleinstehende Mann hätten sich Küche und Bad teilen müssen. Die Familie habe im Obergeschoss nur zwei Zimmer und deshalb werde die Küche von ihnen gern als Aufenthaltsraum genutzt und die drei Kinder hätten die "Hausaufgaben schon in die Küche verlagert". Da könne er sich durchaus vorstellen, dass es Ärger gebe, wenn der Angeklagte abends, vielleicht noch angetrunken, in die Küche kommt.

Das der Angeklagte den Familienvater bedroht hat, hat der Polizist nicht mitbekommen. Und er zweifelt auch daran: "Der hätte doch gegen den gar keine Chance", sagt er. Und auch die Ehefrau kennt er nicht ausschließlich friedliebend: Sie hat "kein ruhiges Gemüt, die kann schon richtig Gas geben".

Der Beamte habe vielmehr den Verdacht, dass die Familie den Angeklagten gern aus der Wohnung haben würde, denn dann "hätten sie das ganze Haus für sich". Ein zweiter alleinstehender Mann, der ebenfalls ein Zimmer im Gebäude hatte, sei nach Einschätzung des Polizisten auch schon "hinausgeekelt" worden.

Verteidiger Helmut Heckel fragt noch nach, ob "Ich bring' dich um" oder "Ich stech' dich ab", nicht sogar "zum normalen Umgangston im Haus gehört", bekommt von dem Beamten jedoch nur ein leichtes Schulterzucken.

Richterin Andrea Martin hat sich zu diesem Zeitpunkt aber wohl eh schon ein ausreichendes Urteil gebildet. Sie verzichtet darauf, aus der Familie die Ehefrau und deren Mutter in den Zeugenstand zu rufen. "Paragraph 153 - 2 glatt? ", fragt sie mit Blick auf Staatsanwältin und Verteidiger. Als beide nicken, wird das Verfahren eingestellt. Der Heidecker muss trotzdem zurück in die Zelle. Er darf dort noch eine Strafe wegen mehrerer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz absitzen.