Zirndorf
In der Flüchtlingsunterkunft die Schulbank drücken

Was karitative Einrichtungen für geflüchtete Kinder in Zirndorf anbieten

24.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:11 Uhr
Timo Lechner
Kreativstunde für die Kinder in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Zirndorf: Einmal pro Monat bietet die Roßtaler Künstlerin Sabine Schwarz in ihrer Freizeit kostenlose Malkurse und Action Painting für Jugendliche und Kinder an. −Foto: Foto: Lechner

Zirndorf (epd) Die Zentrale Aufnahmeeinrichtung (ZAE) für Flüchtlinge im mittelfränkischen Zirndorf wird ein sogenanntes Anker-Zentrum.

Ehrenamtliche, die dort für Flüchtlingskinder aktiv sind, wissen aber noch nicht, wie ihre Arbeit weitergeht.

Es ist ruhig geworden in der einstigen Gendarmerie-Kaserne am Zirndorfer Stadtteil Hirtenacker, wo schon 1955 ein Sammellager für Flüchtlinge eingerichtet wurde. Wenn die Zentrale Aufnahmeeinrichtung (ZAE) demnächst zum sogenannten Anker-Zentrum wird, sollen insgesamt höchstens 500 Flüchtlinge untergebracht werden. Laut der Regierung von Mittelfranken kommen aktuell immer noch täglich rund 20 Menschen nach Zirndorf, um einen Asylantrag zu stellen.

In den Anker-Zentren soll künftig das komplette Asylverfahren abgewickelt werden. Anker ist die Kurzform für "Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung beziehungsweise Rückführung". "Außer dem Namenswechsel wissen wir noch nicht, welche Auswirkungen die Umwidmung hat", sagt der Zirndorfer Gemeindepädagoge Erwin Bartsch, Sprecher der Asylgruppe Zirndorf. Bereits seit 1988 wollen Ehrenamtliche den Flüchtlingen eine "Heimat auf Zeit" schenken, so ihr Motto.

In der ehemaligen Kapelle der Kaserne bietet die Asylgruppe kostenlosen Schulunterricht für Kinder zwischen acht und 14 Jahren an, den im Schnitt zwischen fünf und 20 Schüler besuchen. Nach drei Monaten greift dann die offizielle Schulpflicht, die Kinder und Jugendlichen werden auf die Klassen in den Regelschulen in Zirndorf und Wintersdorf verteilt.

"Für viele Flüchtlingskinder bedeutet das wieder ein Stück normales und gut geregeltes Leben", erklärt Bartsch. Im Kalenderjahr 2017 seien 310 Flüchtlingskinder aufgenommen worden. Schon im Schuljahr 2014/15 begann der Unterricht für noch nicht schulpflichtige Flüchtlingskinder in der Erstaufnahmeeinrichtung. Er wurde noch von einer staatlichen Lehrkraft gehalten. Jetzt gibt es seitens der Bezirksregierung keinerlei Schulstunden mehr. Der Unterricht wird von den Ehrenamtlichen alleine gestemmt.

"Ich habe die ganze Zeit eine kleine Aufwandsentschädigung erhalten, die aber gestrichen wurde. Jetzt mach ich halt ehrenamtlich weiter", sagt Petra Heller. Sie trägt die Entscheidung der evangelischen Kirchengemeinde in Zirndorf mit Fassung. Zwei Jahre war sie dort geringfügig beschäftigt und betreute Flüchtlinge in einer Notunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt. Da diese aber im Juni aufgelöst wurde, fiel der kleine Nebenjob weg.

An ihrer Seite ist oft Marian Bakkal, die 2000 aus dem Irak nach Deutschland kam und neben einem mittlerweile druckreifen Deutsch auch Aramäisch, Arabisch, Englisch und Türkisch spricht. "Die meisten Sprachen der Kinder, die in die ZAE kommen, decke ich ab. Nur mit dem fränkischen Dialekt meiner Kollegen habe ich manchmal zu kämpfen", lacht sie.

Bakkal ist in Teilzeit beim Diakonischen Werk Schwabach-Roth beschäftigt. Ihre Stelle wird über das von der EU geförderte Projekt SAFE des Integrationsfonds und über das Bayerische Sozialministerium finanziert. Und das noch mindestens zwei weitere Jahre: Erst vor wenigen Tagen hätten die Geldgeber die Förderung verlängert, sagt Projektleiterin Christa Höfler.

Vor der Zukunft ist ihr nicht bange: "Das Thema Anker-Zentrum nehmen wir vorerst gelassen. Auch wenn wir nicht wissen, wie viele Kinder dann hier zusätzlich unterrichtet werden sollen", sagt Höfler. Unterrichtet wird mit Material, das zum Beispiel vom Verein "Flüchtlingshilfe München" bereitgestellt wurde.

Das Schul- und Unterrichtsmaterial und die Einrichtung finanzieren die Kirchengemeinde Zirndorf und ihre Asylgruppe aus Förder- und Spendengeldern. Lediglich die Heiz- und Stromkosten sowie den grundlegenden Gebäudeunterhalt des Schulraums übernimmt die Regierung von Mittelfranken.

Noch früher setzt die Caritas in Nürnberg auf dem Gelände der ZAE an - nämlich im Kindergartenalter. Die Caritas hat schon vor einigen Jahren einen Raum so hergerichtet, dass dort regelmäßig Kinderbetreuung stattfinden kann. Zwei Erzieherinnen stellt sie dafür bereit. Diese wurden anteilig aus den Mitteln des Freistaats Bayern nach der Beratungs- und lntegrationsrichtlinie bezahlt - doch jetzt sind diese ausgeschöpft. Zum 31. März sollte die Kinderbetreuung daher eigentlich schließen. "Der Caritasverband führt aber die Kinderbetreuung so lange fort, bis ein Ersatz zur Verfügung steht", erklärt Karin Christ, Pressesprecherin der Regierung von Mittelfranken.

Auf Nachfrage bestätigt dies die Nürnberger Caritas. Die Regierung stehe in Verhandlungen mit Anbietern. Ein möglicher Partner sind die Rummelsberger Dienste für die Flüchtlings- und Integrationsberatung, die jetzt schon in der ZAE Zirndorf aktiv sind. Werden die Kinder hier also auch im Anker-Zentrum eine Zukunft haben? "Art und Umfang der Kinderbetreuung werden durch die Umstellung nicht berührt", antwortet Karin Christ. Den ersten sicheren Anker für die Mädchen und Jungen der Flüchtlingsunterkunft - den werfen also weiter die Ehrenamtlichen der Asylgruppe aus.

Timo Lechner