Nürnberg
Alte Freunde auf Abschiedstournee

The Pretty Things starten ihre letzten Deutschlandkonzerte im "Hirsch" - Nürnberger Veranstalter als Freund und Oberfan

17.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:06 Uhr
Matthias Hertlein
Gute Laune hinter der Bühne: Die Pretty Things um die beiden Gründungsmitglieder Phil May (2.v.l.) und Dick Taylor (3.v.r.) mit dem Nürnberger Konzertveranstalter Peter Harasim (3.v.l.). −Foto: Hertlein

Nürnberg (HK) Sie waren Anfang der 1960er-Jahre eine der wildesten Rhythm'n'Blues-Bands in England.

Die Rolling Stones kamen seinerzeit eher wie Chorknaben daher. Nun beenden The Pretty Things ihre Karriere mit einer Abschiedstour. Diese begann jetzt im Nürnberger Club "Hirsch" und endet am 15. November in Wuppertal. Das letzte Konzert steigt dann im Dezember in der Londoner Royal Albert Hall.

Die Abschieds-Tournee der Pretty Things in Deutschland wird vom Concertbüro Nürnberg (CBF) organisiert, federführernd ist da Peter Harasim, einer der drei CBF-Geschäftsführer und Oberfan der Briten. "Es ist mir nochmals eine große Ehre, meine Lieblingsband ankündigen zu dürfen. Ich bin seit meinem elften Lebensjahr ein Fan von ihnen", sagte Harasim im nahezu ausverkauften "Hirsch" von der Bühne herab.

Während die Rolling Stones noch immer zigtausende Zuschauer zu ihren Konzerten locken, sind die Pretty Things nicht gerade vom großen Starrummel gezeichnet. Harasim und Co. hielten der Band in all den Jahren die Stange, als es auch konzertmäßig nicht rund lief. Die gegenseitige Wertschätzung ist deshalb groß, zu Harasims 60.Geburstag vor vier Jahren traten The Pretty Things ebenfalls im "Hirsch" auf, nach einem Auftritt in Stuttgart durfte Harasim einst auch exklusiv dabei sein, wie die Band eine Hoteleinrichtung demolierte.

"Vor 36 Jahren bot uns ein Veranstalter die Pretty Things für ein Konzert in Nürnberg an und ich habe zugeschlagen", so erzählt Harasim die Geschichte, wie die Zusammenarbeit einst begann. Wahrscheinlich war dem anderen Veranstalter die Gagenforderungen der Band zu hoch. "Wir veranstalteten die Prettys im legendären Rührersaal - mit viel Erfolg. " Harasim und Co. sprangen auch noch zwei weitere Male als Veranstalter ein, weil sich der Promoter mit der Tour-Freudigkeit der britischen Band überfordert sah.

Harasim bekennt auch offen: "Ihre Musik und ihr provokantes Auftreten haben mich sehr beeinflusst. " Inzwischen sind die Herren um Sänger Phil May und Gitarrist Dick Taylor weit über 70, immer noch gut im Saft, voller Power und gleichzeitig entspannt. Im "Hirsch" macht es riesig Spaß, Taylors und Mays Freude, Spielwut und Können zu bewundern. Begleitet von Jack Greenwood (Schlagzeug), George Woosey (Bass) und Frank Holland (Lead-, Rhythm-Gitarre, Harp), die in nichts nachstehen. Man fühlt sich zurückversetzt in die Londoner Musik-Szene der 60er Jahre.

Das Concertbüro Franken organisiert die Tourneen der Pretty Things eigenständig seit etwa 35 Jahren, im Schnitt waren es rund 15 Konzerte pro Jahr, entsprechend "geschockt" ist Harsim, als er vom bevorstehenden Ende der Tournee-Ende seiner Lieblingsband erfährt. "Es war die Entscheidung ihres Managers Mark St. John, längst auch ein guter Freund von mir. Er möchte nicht, dass die Band von der Bühne abtritt und nicht mehr gut ist", sagt Harasim. "Phil tut sich mit dem Gehen inzwischen sehr schwer, das Leben auf der Überholspur hinterließ Spuren. Keiner hätte in den 60ern darauf gesetzt, dass diese einst als exzessiv geltende Band fast 55 Jahre nach der Gründung noch mit den wichtigsten Bandmitgliedern unterwegs ist. "

Stolz macht Harasim, dass mit den Pretty Things eine sehr persönliche, enge Freundschaft entstanden ist: "Ich bin Family-Member ersten Grades. Ich habe in England schon bei ihnen gepennt oder wurde bekocht. Sänger Phil hat auch schon bei uns iübernachtet. " So wird es selbstredend so kommen, dass Harasim im Dezember in der Royal Albert-Hall dabei ist und Abschiedstränen vergießt.
 

Matthias Hertlein