Hilpoltstein
"Alles, was in Amerika noch in Ordnung ist"

Hilpoltsteiner Wayne Lempke feiert mit demokratischen Parteifreunden Party zu Bidens Amtseinführung - Vielfalt statt Hetze

21.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:33 Uhr
Lady Gaga singt bei der Amtseinführung von Joe Biden und Kamala Harris die Nationalhymne. "Ein phänomenales Kostüm", schwärmt der Hilpoltsteiner Demokrat Wayne Lempke, der sich vor allem von Bidens Antrittsrede begeistert zeigt. −Foto: dpa

Hilpoltstein - "Es herrschte eine euphorische Stimmung.

Alle sind sehr stolz", sagt Wayne Lempke über die virtuelle Party zur Amtseinführung des 46. Präsidenten der USA. Die hat der Hilpoltsteiner Vorsitzende der Democrats Ab-road in Nord- und Zentralbayern zusammen mit seinen Parteifreunden am Mittwochabend gefeiert.

Der neue Präsident heißt Joe Biden, ist Demokrat, hat Donald Trump aus dem Amt gedrängt und will das Land wieder versöhnen. Auch bei seiner Amtseinführung setzte er viele Zeichen der Versöhnung und machte Hoffnung auf ein "normales Amerika, das nicht wahnsinnig erscheint", wie Lempke sagt. Begeistert waren er und seine Parteifreunde vor allem von der Antrittsrede vor dem Kapitol. "Biden ist nicht gerade als großer Redner bekannt. Niemand hat ihn deswegen gewählt", erzählt Lempke. "Wir waren alle hin und weg, wie er das gemacht hat. "

Besonders gefallen hat Lempke Bidens Aufruf an sein Volk: "End the uncivil war! " Man solle den unzivilisierten Krieg beenden. Es ist ein Wortspiel mit "Civil War", dem US-amerikanischen Bürgerkrieg zwischen den Süd- und den Nordstaaten. Und nicht nur für Wayne Lempke mutet die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft wie ein "Bürgerkrieg ohne Waffen" an. Die habe schon lange vor Trump begonnen und mündete am 6. Januar mit der Erstürmung des Kapitols durch dessen fanatische Anhänger. Da war es dann ein Bürgerkrieg mit Waffen.

Dem will Biden ein Ende setzen. Die Menschen sollten ihre Seelen öffnen, statt ihre Herzen verhärten, forderte der Präsident. Auch ein Satz, der Lempke sehr gut gefallen hat. Ebenso wie die Ankündigung Bidens, die ramponierten Partnerschaften mit Europa zu reparieren. Die USA sollten künftig nicht mehr durch das Beispiel der Macht (example of power) führen, sondern durch die Kraft des guten Beispiels (power of example). Wieder ein Wortspiel.

Völlig verzückt waren Lempke und seine Demokraten im Ausland von der jungen Poetin Amanda Gorman. Mit ihrem Gedicht "The Hill we climb" zeichnete die 22-jährige Afroamerikanerin ein Bild der Versöhnung und Hoffnung. "Wahnsinn! ", sagt Lempke über die Dichterin. "Sie zeigt alles, was in Amerika noch in Ordnung ist. " Sein Facebook-Feed sei voll von Einträgen zu Amanda Gorman. Außer ihr traten bei Bidens Amtseinführung viele Prominente auf. Hollywoodstar Tom Hanks moderierte, Jennifer Lopez sang ebenso wie Lady Gaga, die die Nationalhymne intonierte, mit einem goldenen Mikrofon und einer überdimensionalen goldenen Friedenstaube als Ansteckbrosche. "Ihr Kostüm war phänomenal wie immer", sagt Lempke und lacht. "Sie hat die Hymne aber nicht im 3/4-Takt, sondern im 4/4-Takt gesungen", merkt der studierte Musiker und Chorleiter an.

Bemerkenswert sei für ihn der Auftritt des Countrysängers Garth Brooks gewesen, ein Mann aus dem Mittleren Westen, der die christliche Hymne "Amazing Grace" anstimmte. "Countrymusic ist sehr republikanisch geprägt", erklärt Lempke. Ihre Fans sind auf dem weiten Land zuhause, "Trump-Country". Mit seinem Auftritt habe Brooks viel riskiert - auch wirtschaftlich. Viele Trump-Fans zürnen ihm und wollen ihn boykottieren. "Das rechne ich ihm sehr hoch an", sagt eher Nicht-Country-Fan Lemke. "Er ist ein sehr großes Risiko eingegangen, um Einheit zu demonstrieren. " Brooks habe gezeigt: Nation geht vor Partei. Dass er damit ein Risiko eingehe, sage aber schon viel über die Spaltung Amerikas. Die gehe immer weiter. Jeder suche sich genau das Viertel aus, wo nur Gleichgesinnte wohnen. Das gelte auch für die Kirche, in die man geht. Die werde nach der Ausrichtung des Predigers ausgesucht. "Es ist eine freiwillige Trennung", sagt Wayne Lempke, der in der Kleinstadt Mariette in Wisconsin groß geworden ist. "Es mischt sich immer weniger. Als ich aufgewachsen bin, war das noch nicht so. "

Vielleicht hat Joe Biden mit seiner Auswahl der Künstler bei seiner Amtseinführung vor allem Vielfalt, Toleranz und Liberalität demonstriert. Das sei auch deshalb möglich gewesen, weil viele Künstler ihn gerne unterstützen, sagt Wayne Lempke: "Biden konnte jeden haben, den er wollte. " Ganz im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger. "Trump hat viele gefragt, ob sie auftreten wollen, aber er hat sich schwergetan, Promis zu finden. " Dass Trump der erste Präsident seit 150 Jahren ist, der nicht zur Amtseinführung seines Nachfolgers kam, findet Lempke nicht schade. Ganz im Gegenteil. "Wir sind froh, dass er nicht gekommen ist. Das hätte das Bild gestört. " Trump in einer Reihe mit den Ex-Präsidenten Clinton, Bush und Obama? Unvorstellbar. "Trump gehört von allem ausgesperrt", findet Lempke. Vor allem von jedem Staatsamt. Deswegen ist Lempke gespannt auf das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Dazu müssten im Senat 17 Republikaner für das Impeachment stimmen. Doch die wollten weder Wähler noch Spendengelder verlieren. "Ich fürchte, sie werden sich für Wähler und Geld entscheiden", sagt Lempke. "Ich bin da wenig optimistisch. "

HK

Robert Kofer