Allersberg
"Stillstand ist keine Option"

Das große Interview: Allersberger Bürgermeister Daniel Horndasch im Interview

12.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:58 Uhr
"Wer hat gesagt, dass Demokratie nicht mühsam ist?", sagt Allersbergs Bürgermeister Daniel Horndasch. Eine der großen Dauerbaustellen, das Gilardihaus, kann er jeden Tag von seinem Büro aus sehen. −Foto: Münch

Allersberg (HK) Der erste Haushaltsentwurf ist abgelehnt, die Entscheidung über die Freibadsanierung steht aus und auf dem Gilardianwesen herrscht weiterhin ein Baustopp: Auch ein halbes Jahr nach seiner Wahl zum Allersberger Bürgermeister steht Daniel Horndasch vor einem Berg voller Probleme. Bevor am kommenden Mittwoch mit der Sitzung des Hauptausschusses das politische Jahr 2018 beginnt, hat sich unsere Zeitung mit dem Rathauschef zum großen Interview getroffen.

Hinter der Marktgemeinde Allersberg liegt ein turbulentes Jahr 2017: Das marode Freibad, das teure Gilardianwesen und die leeren Kassen – kein bequemer Start für den neuen Bürgermeister Daniel Horndasch. Nach seiner Wahl im Juli 2017 startet der 42-Jährige jetzt in sein erstes volles Amtsjahr. Angesichts der vielen Aufgaben, die es anzupacken gilt, hat er das Bürgermeisterbüro so gut wie unverändert von seinem Vorgänger Bernhard Böckeler übernommen. Die Möbel in Eiche rustikal stammen sogar noch aus der Zeit von Böckelers Vorgänger Ludwig Gmelch. „Über Geschmack lässt sich streiten“, sagt Horndasch, „aber dieses Büro ist wirklich nicht das allergrößte Problem, das wir haben.“

Herr Horndasch, Sie haben Ihr Büro bei der Steuerfahndung mit dem Büro im Allersberg Rathaus getauscht. Haben Sie sich inzwischen gut einlebt?
Daniel Horndasch: Diese Frage hab ich in den letzten fünf Monaten gefühlt tausend Mal gestellt bekommen. Mindestens. Die Antwort lautet immer gleich: Ja und Nein. Auf der einen Seite lebt man sich locker innerhalb von zwei Tagen ein. Der erste Tag bestand noch aus Technik – Handy, Passwort, Computer und so weiter. Aber ab dem zweiten Tag war hier voll Betrieb. Es hat also nichts mit einem sanften Prozess zu tun, wo man sich langsam an etwas gewöhnt. Das hat eher was von: Spring ins Wasser und schwimm! Auf der anderen Seite wird es wahrscheinlich Jahre brauchen, bis man sich im Bürgermeisteramt eingelebt hat und so etwas wie Routine entsteht.

Was hat sich in Ihrem ersten halben Amtsjahr hier im Rathaus in der Verwaltung verändert?
Horndasch: Wenn man so einen Job anfängt, dann kommt man nicht und verändert alles. Sondern man schaut sich die Abläufe an und beobachtet die Dinge erst mal. Man kommt ja in eine funktionierende Verwaltung. Deshalb wäre es ja Wahnsinn, quasi aus dem Nichts irgendwelche Dinge zu verändern. Klar gab es Veränderungen – aber die hatten nichts mit mir zu tun.

Was sind das für Veränderungen?
Horndasch: Wir kriegen einen neuen Bauamtsleiter. Der alte hatte noch vor meinem Amtsbeginn gekündigt. Jetzt haben wir einen neuen eingestellt, der im April kommen wird.

Ist der alte Bauamtsleiter gegangen, weil er Ihre lange Projektliste kannte?
Horndasch: Nein, es hatte mit der Arbeit hier nichts zu tun. Er hat sich mit seiner neuen Aufgabe einfach in jeder Hinsicht verbessert. Deswegen konnten wir ihm auch überhaupt nicht böse sein, dass er geht.

Und wer wird dann der neue Bauamtsleiter?
Horndasch: Wir haben es bisher noch nicht veröffentlicht, aber warum nicht jetzt: Es wird der bisherige Bauamtsleiter vom Markt Pyrbaum sein, Gunther Pfahler. Der Vorteil an ihm ist, er ist erfahren, er hat bisher eine ähnliche Gemeinde mit ähnlichen Problemen betreut und braucht also im Normalfall keine große Einarbeitungszeit.

Das trifft sich gut, denn Baustellen gibt es ja bekanntlich genug in Allersberg. Da wird der Bauamtsleiter wohl ihr wichtigster Mann, oder?
Horndasch: Absolut. Deshalb war es auch so wichtig, den Richtigen zu finden.

Apropos richtig oder nicht: In ihren ersten Marktratssitzungen im Amt des Bürgermeisters ging es stundenlang um die bevorstehenden Projekte und Aufgaben. Die Reaktionen waren durchwachsen. Haben Sie den Marktgemeinderat mit dem Umfang Ihrer Liste überfordert?
Horndasch: Für mich ist es richtig, es so gemacht zu haben. Die Dinge in einer kompakten und trotzdem übersichtlichen Form so zusammenzufassen, dass mal alles komplett auf dem Tisch liegt. Das war absolut notwendig. Gerade im Hinblick auf die spätere Haushalts- und Finanzplanung, so dass uns in den nächsten fünf, sechs Jahren keine ganz großen Überraschungen erwischen sollten. Natürlich ist nicht alles planbar, aber wir haben jetzt einen guten Überblick. Und da hatte ich auch nicht den Eindruck, dass der Marktrat mit dieser grundsätzlichen Vorgehensweise ein Problem hätte. Dass man sich erschreckt, wenn man alles zusammenzählt, ist gar keine Frage.

Und wie soll es jetzt nach dem ersten Schrecken weitergehen?
Horndasch: Da spielen jetzt natürlich auch politische Grundüberzeugungen eine Rolle. Will man anpacken, will man verschieben, oder wo setzt man die Schwerpunkte, wenn man weiß, dass natürlich nicht alles auf einmal zu schaffen ist.

Ist dieser politische Prozess für Sie etwas zäher, als Sie bei Ihrem Amtsantritt gedacht haben?
Horndasch: Ich empfinde das nicht als zäh, ganz im Gegenteil. Aus meiner Sicht ist in diesen vier, fünf Monaten sehr sehr viel passiert. Und zwar in einer Geschwindigkeit, die man nicht erwarten konnte. Nehmen Sie den Haushalt. Es hat Jahre gegeben, in denen hat Allersberg den Haushalt erst im Oktober des jeweiligen Jahres verabschiedet. Wenn’s jetzt gut läuft, können wir vielleicht schon im Februar den Haushalt verabschieden.

Aber erst einmal ist Ihr Haushaltentwurf doch im Ausschuss durchgefallen. Ist das für Sie ein Rückschlag?
Horndasch: Ich empfinde das nicht als Rückschlag. Denn der Haushalt, den wir vorgelegt haben, war exakt das Ergebnis dessen, was wir in all diesen Stunden vorher besprochen hatten.

Aber wenn schon alles besprochen war, warum ist der Entwurf dann abgelehnt worden?
Horndasch: Weil das Ergebnis, dass man am Ende bei 24 Millionen Schulden landet, einfach nicht akzeptabel war.

War es also ihr Kalkül, dass dieser Haushaltsentwurf erst einmal abgelehnt wird?
Horndasch: Wir wussten nach den vorhergehenden Besprechungen im Hauptausschuss, dass wir auf eine Verschuldung von 24 Millionen Euro hinauslaufen werden, wenn wir nicht die Steuern erhöhen oder etwas streichen. Die Steuern wurden dann nicht nennenswert erhöht, also war klar, es werden die 24 Millionen. Und dass bei diesem Betrag der Marktgemeinderat nicht zustimmen wird, das hatte ich schon erwartet.

Aber wie passt das zusammen: Einerseits werden nur minimale Steuererhöhungen beschlossen und andererseits trägt der Marktgemeinderat die hohe Verschuldung nicht mit?
Horndasch: Das ist ja unser gemeinsames Dilemma. Projekte zu verschieben, ist nicht schön und teilweise auch nicht machbar. Ausgaben zu streichen, ist ebenfalls schwierig. Und dass man bei Steuererhöhungen nicht Hurra schreit, ist auch klar. Das alles sind unschöne Dinge. Aber wenn man am Ende des Tages nichts davon tut, landet man eben bei den 24 Millionen Euro Schulden. Und das ist noch unschöner.

Also war Ihr Haushaltsentwurf eine Art erzieherische Maßnahme?
Horndasch: Nein, das würde ich niemals so sagen. Es ist einfach ein gemeinsamer Prozess. Eine ganz demokratische Art der Entscheidungsfindung, alles öffentlich im Gremium durchzusprechen. Und wenn man am Ende dazu kommt, dass das Ergebnis nicht gewünscht ist, dann muss man halt noch mal anfangen.

Sie sehen also Ihre Aufgabe darin, erst einmal die unangenehmen Wahrheiten auf den Tisch zu legen?
Horndasch: Das haben wir ja gemacht. Und wir haben es in einer Art und Weise gemacht, die nicht so sehr in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft schaut. Wir haben die Probleme aufgezeigt, denen wir uns stellen müssen. Dass man natürlich eine Reihenfolge finden muss oder sagen muss, was nicht geht oder erst später – das ist ein Teil von diesem politischen Prozess. Was vielleicht ein wenig ungewöhnlich war, das war die öffentliche Diskussion im Gremium. Aber in die Öffentlichkeit gehört diese Diskussion in meinen Augen auch hin. Auch wenn bestimmte Themen intern sicher leichter zu besprechen wären.

Halten Sie die Allersberger Probleme für zu groß, um erst einmal nur intern darüber zu sprechen?
Horndasch: Die öffentliche Form hat einfach einen großen Vorteil: Wenn die Bürger genau wissen, was los ist, ist auch die Bereitschaft viel größer, Einschnitte hinzunehmen und Maßnahmen mitzugehen, die man sonst niemals mitgehen würde. Und das hat man in den Bürgerversammlungen enorm gemerkt, wie ich finde. Deshalb habe ich auch ganz bewusst das Thema Steuererhöhungen vor die Reihe der Bürgerversammlung gesetzt. Ich wollte nicht die Versammlungen durchziehen und erst hinterher das Thema aufs Tablett bringen. Und die Erfahrung, die ich dabei gemacht habe: Bis auf einen einzigen Bürger, der sich über die Grundsteuererhöhung aufgeregt hat, war die Reaktion eigentlich unisono: Wir sind nicht begeistert, aber wir wissen, es muss sein. Und das erreicht zu haben, ist in meinen Augen eine ganze Menge.

Ist dieses Fazit aus den Bürgerversammlungen das beste Ergebnis im ersten halben Jahr ihrer Amtszeit – oder gab es für Sie da noch besseres?
Horndasch: Auch die Resonanz in den Marktgemeinderatssitzungen ist enorm. Wenn sie sich anschauen, wie viele Bürger da mittlerweile dabei sind. Da merkt man, es passiert was. Ich denke schon, dass das Interesse an der Kommunalpolitik in Allersberg im gesamten letzten Jahr deutlich zugenommen hat. Da hat sicher schon der Wahlkampf eine große Rolle gespielt. Das ist nicht nur ein Effekt der letzten paar Monate.

Und was ist in der Anfangsphase Ihrer Amtszeit gar nicht gut gelaufen?
Horndasch: Also es wird keinen Beruf geben, in dem man nicht an manchen Tagen eine Enttäuschung erlebt. Natürlich geht man mal aus einer Sitzung raus und sagt sich, diese oder jene Entscheidung ist nicht so gefallen, wie ich es gerne gehabt hätte oder wie es für richtig finde. Aber das ist Demokratie. Deshalb können, ja dürfen die Entscheidungen nie immer so fallen, wie ich das will. Klar kann ich manche Entscheidung nicht nachvollziehen, aber da kriegt man sich auch wieder ein.

Ist es da vielleicht ein Nachteil, dass sie als parteiloser Bürgermeister keinen so engen Draht zu den Fraktionen haben?
Horndasch: Das ist vielleicht auch ein Vorteil, je nachdem, wie man es sieht. Der Nachteil ist, dass einem – wie es mir ein Bürger mal genau so gesagt hat – die Gefolgschaft fehlt. Also ein automatischer Rückhalt, weil man in derselben Partei ist. Das habe ich nicht, und das macht es in der Summe nicht unbedingt einfacher. Auf der anderen Seite erfordert es, dass man sich grundsätzlich mehr Mühe geben muss, um das Gremium zu überzeugen, das einem prinzipiell neutral gegenübersteht. Aber für mich ist eine Entscheidung, die man aus Überzeugung mittragen kann, hundertmal mehr wert als eine Entscheidung, bei der man nur die Hand gehoben hat, weil es der Sitznachbar auch machen musste. Das ist insgesamt natürlich mühsam, aber wer hat gesagt, dass Demokratie nicht mühsam ist.

Apropos mühsam: Lassen Sie uns zu den Großbaustellen der Marktgemeinde kommen, die ja schon den Wahlkampf geprägt haben. Aus Ihrem Büro haben Sie ja einen wunderbaren Blick auf das Gilardianwesen. Wie sieht es da gerade aus?
Horndasch: Da haben wir seit Juli einen Baustopp. Das ist die unmittelbare Konsequenz aus dem Nachtragshaushalt, der im Sommer verabschiedet wurde. Es gab zwar auch noch andere Konsequenzen daraus, aber am Gilardianwesen war das Ende aller Arbeiten eben besonders augenfällig. Und weil jetzt eigentlich die Außenanlagen angestanden wären, ist es eben noch augenfälliger.

Können Sie uns eine Einschätzung geben, bis wann das Gilardianwesen fertig werden könnte?
Horndasch: Rein technisch gesehen, also wenn man den Geldaspekt mal beiseite lässt, kann es vor 2023 nicht fertig werden. Jetzt ist halt die Frage, ist man bereit, dieses Geld in den nächsten fünf Jahren auszugeben? Genau das macht ja unsere Haushaltsberatungen und die Finanzplanarbeiten so schwierig. Das Gilardianwesen gehört einfach zu den größten Posten unseres Haushalts. Natürlich könnte man versuchen, an kleinen Posten zu sparen. Wahrscheinlich muss man das auch. Am Ende des Tages werden es aber die großen Brocken sein, die entscheiden, in welche Richtung man sich bei der Kreditaufnahme bewegt. Und da wage ich ehrlich gesagt keine Prognose.

Der zweite große Posten im Haushalt ist dann ja das Freibad. Wie geht es da weiter?
Horndasch: Den Badebetrieb in diesem Jahr werden wir sicherstellen können. Wir haben es zwar noch nicht schriftlich vom Gesundheitsamt, aber ich gehe davon aus, dass es funktioniert mit den Maßnahmen, die wir treffen werden. Die weitere Öffnung in den Folgejahren hängt aber davon ab, dass man Nägel mit Köpfen macht und die Sanierung tatsächlich beschließt. Hier ist das Verschieben nicht mehr so einfach, denn das Gesundheitsamt schaut ja schon seit dem Jahr 2001 zu und wartet, dass was passiert.

Braucht es denn unbedingt eine ganz große Generalsanierung oder reicht nicht auch eine kleinere Lösung, um den Badebetrieb langfristig zu sichern?
Horndasch: Da brauchen Sie nur das Gesundheitsamt zu fragen. Das wird Ihnen sagen: Es gibt keine kleine Lösung mehr. Es heißt entweder machen oder sein lassen – dazwischen gibt es nichts mehr. Ich weiß ja nicht, wie Sie sich eine kleine Lösung vorstellen. Aber die kleine Lösung sah bei uns bisher immer so aus, dass der Bademeister im Frühjahr die Risse mit Brunnenschaum ausgespritzt hat. Wir können natürlich noch drüber reden, ob bei einer großen Lösung gleich noch der Außenbereich mit Umkleide und Kiosk neu gemacht wird oder nicht. Aber das sind dann – in Anführungszeichen – nur noch 500 000 Euro rauf oder runter. Die Millionenbeträge, von denen wir reden, stecken im Becken und in der Technik.

Und wie geht’s jetzt weiter?
Horndasch: Der Marktgemeinderat wird bald entscheiden müssen, wohin die Reise geht. Denn wir haben ja schon etwas Zeit verloren. Die ersten zwei Monate meiner Amtszeit haben wir mit der Sanierungsdiskussion verbracht und haben uns auch andere Bädervarianten angesehen –, bis mir klar geworden ist, dass wir ja noch gar nicht die Grundlagenuntersuchung gemacht haben. Deshalb haben wir ein Gutachten zum Zustand des Bodens in Auftrag gegeben. Wir können nicht über den Erhalt oder den Neubau des Beckens diskutieren, wenn wir gar nicht wissen, wie der Zustand des Beckens wirklich ist und wie der Untergrund beschaffen ist. Dieses Gutachten werden wir hoffentlich im Januar noch haben, vielleicht im Februar. Je nachdem, wie es dann ausschaut, wird sich die Diskussion in eine ganz neue Richtung entwickeln. Und dann muss der Marktgemeinderat sagen: wollen wir die Sanierung oder wollen wir sie nicht. Und wenn man sie will – und ich will sie –, muss man auch die entsprechenden Kosten in den Haushalt und den Finanzplan einstellen.

Damit auf der anderen Seite auch wieder Geld hereinkommt, haben sie sich dafür ausgesprochen, das alte Bahnhofsgebäude zu verkaufen. Im Wahlkampf hatten sie noch davon gesprochen, dort ein Jugendzentrum einrichten zu wollen. Muss sich Allersberg angesichts der großen Ausgaben für das Gilardihaus und das Freibad wohl oder übel von solchen Projekten verabschieden?

Horndasch: Da sieht man jetzt eine schöne Verbindung zwischen den einzelnen Themen, die wir haben. Weil so gut wie kein Thema losgelöst von den anderen betrachtet werden kann. Die Idee, den Jugendtreff im Bahnhof unterzubringen, war Teil eines größeren Konzepts. Dazu gehörte, dass man die Bücherei in den Keller des Gilardihauses verlegt und so den Platz für den Jugendtreff bekommt. Und diese Idee finde ich immer noch spannend und richtig. Aus dem Bauamt kam dann aber die Information, dass der Bahnhof sanierungsbedürftig ist. Und dann kam in einer Sitzung von einem Marktgemeinderatsmitglied die Aussage: Bevor wir das Geld in den Bahnhof stecken, plädiert er für einen Verkauf. Und das ist ein Argument, genauso wie bei anderen Objekten auch. Wir haben deshalb die Variante 1: Wir sparen uns die Sanierung und verkaufen das Objekt. Variante 2: Behalten und sanieren und anschließend nutzen wie ich mag. Und genau das ist unsere Diskussion, die öffentlich im Marktgemeinderat stattfinden muss. Weil die Entscheidungen nicht einfach sind und unterschiedliche Konsequenzen haben. Wenn ich hier A sage, muss ich dort B sagen.

Um möglichst viele Projekte verwirklichen zu können, braucht Allersberg mehr Einnahmen. Sie hatten die Idee, unter anderem am Park&Ride-Parkplatz in Altenfelden künftig Gebühren zu verlangen. Warum ist diese Idee geplatzt?
Horndasch: Die Situation ist so, dass wir nur kostendeckend Parkgebühren erheben dürften. Also ein Gewinn ist da ohnehin nicht zu machen. Damit würde das Ergebnis den Aufwand nicht lohnen.

Sie brauchen also andere Einnahmequellen, zum Beispiel ein Gewerbegebiet in Altenfelden, das aber noch nicht in Sicht ist. Sie haben einmal gesagt: Wenn Plan A nicht funktioniert, gibt es immer noch Plan B und C und D. Wie sehen denn nun die Pläne für Altenfelden aus, beziehungsweise die Pläne B, C und D?
Horndasch: Sie haben den feinen Unterschied schon erkannt, dass sich die Pläne A bis D nicht unbedingt alle auf Altenfelden beziehen müssen. Aber jetzt im Ernst: Wir müssen bei der Gewerbeentwicklung vorankommen, und zwar in großen Schritten. Was die kleinen Schritte angeht, da vermarkten wir gerade erstmals ein Grundstück im Industriegebiet, das ist gerade im Verkauf. Und wir versuchen auf weiteren Flächen, die der Gemeinde gehören, eine Entwicklung voranzubringen und sind da schon in Gesprächen mit allen möglichen Betrieben. Aber um entscheidend voranzukommen, braucht es ein neues Gewerbegebiet in einer gewissen Größenordnung, und da sind wir logischerweise an Altenfelden dran. Dass aber der Grunderwerb das entscheidende Problem ist, damit verrate ich in der jetzigen Lage kein Geheimnis. Es ist einfach kein besonders guter Zeitpunkt, um Grundstücke kaufen zu müssen.

Sie haben also die Wahl, kein Gewerbegebiet in der gewünschten Größe zu bekommen oder – falls überhaupt genügend Grundstücke verkauft werden – einen hohen Preis dafür zu bezahlen?
Horndasch: Letztendlich muss man den Preis bezahlen, den der Markt vorgibt. Und wenn wir diesen Preis nicht zahlen, dann zahlt ihn eben ein anderer. Diese Situation hatten wir ja schon in bestimmten Ortsteilen, in denen andere Kommunen Austauschflächen in einer großen Größenordnung gekauft haben.

Andere Gemeinden, die sich im Allersberger Gemeindegebiet Grundstücke kaufen?
Horndasch: Aber natürlich. Das ist ja auch nichts Schlimmes. Da kann ich weder dem Landwirt Vorwürfe machen, der an den Höchstbietenden verkauft, noch kann ich mich darüber beschweren, dass ein anderer zu diesem Preis kauft.

Deshalb haben Sie in der Bürgerversammlung in Altenfelden appelliert, dass die Leute ihre Grundstücke doch bitte an die Marktgemeinde verkaufen möchten?

Horndasch: Das bezieht sich nicht nur auf Altenfelden, sondern auf alle Ortsteile. Denn wir brauchen ja nicht nur Gewerbeflächen, sondern auch Ausgleichsflächen. Deshalb hilft mir unter Umständen auch ein Acker in Ebenried sehr viel weiter beim Grunderwerb in Altenfelden, weil ich dann eine Tauschfläche habe, die ich nutzen kann. Grundsätzlich kann ich es keinem Grundeigentümer verdenken, dass er in der jetzigen Situation spekuliert. Das ist ja ein logisches Verhalten, wenn man davon ausgehen kann, dass dieselbe Wiese oder derselbe Acker im nächsten Jahr fünf oder zehn Prozent mehr wert ist. Wenn deshalb nicht verkauft wird, bedeutet es aber für uns ein oder zwei Jahre Stillstand. Deshalb kam der Appell, dass man nicht ausschließlich an den eigenen Geldbeutel denkt, sondern vielleicht auch im Interesse des Gemeinwohls handelt. Spekulation hat jedenfalls nur selten dem Gemeinwohl gedient.

Ein neues Gewerbegebiet gibt es in Allersberg also nur dann, wenn sich genügend Menschen mit Gemeinsinn finden?
Horndasch: Wenn keiner mitmacht, wird’s schwierig. Wir können auch niemanden zwingen. Wer aber nichts hergibt, der ermöglicht auch keine Entwicklung. Und wenn es keine Entwicklung gibt, dann lässt sich auch die Infrastruktur in unserer Flächengemeinde nur schwer mit den aktuellen Gewerbesteuereinnahmen finanzieren.

Das klingt fast so, als hätten sie mit dem Amt des Bürgermeisters auch die Rolle eines professionellen Zwickmühlenspielers angetreten. Fühlen Sie sich manchmal so?
Horndasch: Unsere Situation ist nicht einfach, keine Frage. Aber sie birgt auch ganz viele Chancen. Wenn wir das nämlich hinkriegen, und ich gehe fest davon aus, dass wir das hinkriegen werden, dann werden Sie sehen, dass in Allersberg ganz schnell ganz viel passiert. Und das macht die Aufgabe so spannend, weil ganz viel möglich ist. Das ist vielleicht auch der Unterschied zu manch anderer Kommune, die bei der gewerblichen Entwicklung schon an Grenzen stoßen, weil die Flächen gar nicht mehr da sind. Bei uns sind die Flächen ja prinzipiell noch vorhanden.

Aber sie gehören nicht der Marktgemeinde. Wie viele Quadratmeter haben sie denn schon in Altenfelden?
Horndasch: Das werde ich Ihnen nicht sagen (lacht).

Anders gefragt: Schon vor der Wahl hat ihr Vorgänger Bernhard Böckeler davon gesprochen, dass ein Gewerbegebiet in Altenfelden kommt. Sie haben dagegen gesagt, dass die Fläche noch viel zu wenig für ein Gewerbegebiet ist. Also muss doch bekannt sein, wie viel der Marktgemeinde dort gehört?

Horndasch: Ich drück’s mal so aus. Hätten wir die notwendigen Grundstücke, um ein Gewerbegebiet auszuweisen – was glauben Sie, was ich in den letzten Monaten gemacht hätte?

Es fehlt also noch in Altenfelden. Dann kommen wir zu den Plänen B, C und D. Das hätten wir gern noch etwas konkreter.

Horndasch: Da muss ich Sie enttäuschen. Aber nicht deshalb, weil wir nicht an mehreren Plänen gleichzeitig arbeiten würden, sondern weil es für unsere Verhandlungsposition einfach keinen Sinn macht, alles über die Zeitung hinauszutrompeten. Natürlich denken wir über Alternativen nach. Dafür sind wir ja auch da, um verschiedene Möglichkeiten zu erwägen. Wenn dann Plan A nicht funktioniert, dann muss es einen Plan B geben – außer natürlich der Plan B besteht darin, dass nichts passiert. Stillstand ist keine Option.

Was sagen Sie zu denen, die behaupten, dass Sie gar keinen Plan B, C oder D haben?
Horndasch: Natürlich könnten wir bluffen, aber darum geht es doch gar nicht. Die Marktgemeinde ist doch groß mit ihren 26 Ortsteilen. Wenn ich da nur auf einen Plan A kommen würde, dann würde ich was falsch machen. Sie dürfen mir schon glauben, dass wir in ganz verschiedenen Alternativen denken und diese auch weiterverfolgen. Und wenn man irgendwo nicht weiterkommt, dann muss man eben woanders weitermachen.

Dann lassen Sie uns auf das neue Jahr blicken. Wie soll es Ihrer Meinung nach 2018 in Allersberg weitergehen? Müssen Sie jetzt noch mal von vorne anfangen, was die vielen Projekte und den drohenden Schuldenstand von 24 Millionen Euro angeht?

Horndasch: Das würde ich nicht so unterschreiben. Wir fangen bei weitem nicht von vorne an. Das würde für mich heißen, dass alles umsonst war, was wir in den letzten Monaten gemacht haben, aber das war es in keiner Art und Weise. Der Marktgemeinderat hat sich entschieden, dass 24 Millionen Euro Schulden im Jahr 2021 nicht gehen. Das ist doch eine 100 Prozent sinnvolle Entscheidung gewesen. Wer kann das schon wollen? Wir müssen jetzt aber damit aufhören, nur darüber zu reden, was wir alles nicht wollen. Das haben wir jetzt ausreichend gemacht. Wenn wir in den nächsten ein bis zwei Monaten entscheiden, was wir wollen, vielleicht auch unangenehme Dinge, dann war es insgesamt ein notwendiger und sinnvoller Prozess. Wenn wir jetzt aber nicht zu Entscheidungen kommen, wäre es nicht so gut.

Was sind für Sie ganz konkret die wichtigsten Entscheidungen?
Horndasch: Spätestens bis Februar brauchen wir einen Kompromiss beim Haushalt und bei der Finanzplanung. Das bedeutet, dass wir uns festlegen auf das, was wir in den nächsten vier, fünf Jahren machen wollen. Dann steht in diesem Jahr definitiv die Entscheidung über das Freibad an. Ich hoffe, dass die Entscheidung so ausfällt, dass wir das Freibad erhalten. Im Idealfall wissen wir heuer auch, wie es saniert wird. Und ich hoffe, dass wir uns heuer auch auf ein Gesamtkonzept fürs Gilardihaus einigen können. Das sind die ganz großen Entscheidungen, die anstehen. Und wenn wir dann noch mal auf die 70 Punkte der Themenliste blicken, tja, da kommt eine ganze Menge. Dass wir den Brandschutz in der Mittelschule fertigkriegen, dass wir das Brandschutzthema auch in der Grundschule abschließen, dass wir bei der Ausweisung der Baugebiete weiterkommen, und – ein ganz großes Ziel – Gewerbegebiete. Wenn wir all diese Dinge in diesem Jahr auf den Weg kriegen würden, dann ist es verdammt viel.

Das Interview führten Robert Kofer und Jochen Münch.