Unterheckenhofen
Abschuss für Politiker statt Wölfe?

Beim Bauerntag in Unterheckenhofen galt es die Trennlinie zwischen Fakten und "Fake News" zu ziehen

11.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:29 Uhr
Blumen gab es von BBV-Kreisobmann Thomas Schmidt (links) und Geschäftsführer Maximilian Schneider (rechts) reichlich zu verteilen: Feuerwehrkommandant Georg Katheder, Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler, die kürzlich verabschiedete Spargelprinzessin Theresa Miederer, die stellvertretende Kreisbäuerin Barbara Stürmer und Richard Götz (der sie im Namen seiner Ehefrau und Kreisbäuerin Annette Götz in Empfang nahm, von links) hießen die Empfänger beim Bauerntag in Unterheckenhofen. −Foto: Foto: Leykamm

Unterheckenhofen (HK) In einer Zeit unzähliger "Fake News" ist der Hunger nach Fakten besonders groß. Doch die können sich auch den Mantel der Interpretation oder gar der Halbwahrheit umlegen. All dies voneinander abzugrenzen - diesen Versuch hat man nun beim Bauerntag in Unterheckenhofen unternommen. Nach einem ins Wasser gefallenen Festzug anlässlich des 40-jährigen Feuerwehrjubiläums sammelten sich dort die Landwirte im Bierzelt.

Eine Berufsgruppe, die sich im Gegensatz zu den Floriansjüngern über fehlenden Regen beklagt. Es ist eben alles ein Frage der Perspektive, wie auch der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Thomas Schmidt, bei der Veranstaltung zu bedenken gab. Die Sichtweise der Landwirtschaft komme dabei oft zu kurz, wozu die überregionalen Medien ihren großen Teil beitrügen, sagte er. Zu selten werde der direkte Kontakt zur Bauernschaft und deren Verbänden gesucht.

Schmidt, der für die CSU im Kreisausschuss als stellvertretende Mitglied aktiv ist, beklagte diesbezüglich einen dort gestellten Antrag der Grünen, der Roth zum "glyphosatfreien Landkreis" machen will und am Mittwoch bei einer Ausschussitzung verhandelt wird. Hier sei vorher nicht das Gespräch mit Vertretern des Agrarwesens gesucht worden.

Ganz im Gegenteil werde so versucht, es zu diskreditieren und einer populistisch aufgeheizten Stimmung gerecht zu werden. "Wir haben x-mal hinter her telefoniert", sagte der Kreisobmann, allerdings ohne Ergebnis. "Das ist eine Sauerei, die wir nicht auf uns sitzen lassen können", deutete Schmidt Gegenaktionen an.

Die anwesende Kreisvorsitzende der Grünen, Ursula Burkhardt, ergriff vor den knapp 250 Gästen nicht das Wort. Im Gespräch mit unserer Zeitung widersprach sie allerdings Schmidts Äußerungen. Seitens ihrer Partei habe man vielmehr vom BBV eine Auflistung über die Einsätze von Glyphosat haben wollen, was unbeantwortet geblieben sei.

Dies sei aber auch nicht so pauschal zu beantworten, erklärte wiederum BBV-Geschäftsführer Maximilian Schneider unserer Zeitung. Statt dessen habe man Gespräche angeboten, "doch da sind wir nur vertröstet worden". Pikant erwiesen sich solche Spitzen vor dem Hintergrund des Gastredners: Peter Hauk (CDU), in Baden-Württemberg Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, ist Teil einer grün-schwarzen Regierung, bei der in der öffentlichen Wahrnehmung "alles prima" sei. Doch das sei oft nur "schöner Schein nach außen". Im Innenverhältnis knirsche es. Zum Beispiel, was das Insektensterben anbelange.

Dies selbst sei natürlich "ein Teil der Wahrheit". Ein anderer aber laute, dass die Zahl der Insektenfresser "nicht nennenswert zurückgegangen ist." Deswegen brauche es Ursachenforschung. Wohl aber nicht bei Grünen und Naturschützern, die jetzt schon die Gründe für das Dahinschwinden von Biene & Co bei der Landwirtschaft verorteten. "Bewiesen ist da aber gar nichts. Das sind echte Fake News", sagte Hauk.

Fakt sei hingegen, dass sich die Qualität der Pflanzenschutzmittel erheblich verbessert habe oder dass das Insektenvorkommen auch auf extensiv bewirtschaften Flächen zurückgegangen sei. Deswegen seien besagte Schuldzuweisungen in Richtung Bauern "grottenfalsch und müssen auf's Schärfste zurückgewiesen werden".

Die stellvertretende Landrätin Edeltraud Stadler regte in diesem Zusammenhang die Landwirte an, zumindest auf kleinen Flächen mal wieder die Sense in die Hand zu nehmen, statt den Rasenmähertraktor zu bemühen, der den Boden verdichte und die Artenvielfalt behindere.

Hauk selbst machte seine Kritik aber nicht an Parteien fest. Die Weichen in Sachen der ab kommenden Jahr verbotenen betäubungslosen Ferkelkastration etwa habe eine schwarzgelbe Regierung gestellt. Nun drohe das Wegbrechen einer ganzen Branche - im Gegenzug aber würden dann jene Ferkel in großen Mengen importiert, die nicht nach den hiesigen strengen Vorgaben kastriert worden seien. "Das ist Heuchelei pur", machte Hauk seinem Ärger Luft.

Schmidt bekräftigte in einem moderierten Grußwort: Schon jetzt würden 50 Prozent der in Deutschland gemästeten Ferkel aus Dänemark geholt. Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler (CSU) warnte eindringlich: "Wenn wir bei der Ferkelkastration nicht den vierten Weg (Kastration mit Lokalanästhesie, Anm. d. Red.) schaffen, bekommen wir einen Strukturwandel, der sich gewaschen hat." In vielen Bereichen des Agrarwesens sei es schon "fünf nach zwölf". Was sie besonders umtreibe, sei eine "Abschussliste" der Tierrechtsorganisation PETA, mit der sie Politiker anprangere, sagte Mortler.

Für den Abschuss des Wolfs im Umfeld von Weideflächen machte sich indes Hauk stark. Erst vor wenigen Wochen seien in Baden Württemberg 40 Schafe in Folge einer Wolfsattacke ums Leben gekommen. Wenn erst einmal ganz Rudel zu jagen begännen, böten auch Zäune in der Weidehaltung keinen ausreichenden Schutz mehr.

Hier würde dann bloß noch "Pulver und Kupfer" helfen. Denn der Wolf sei lernfähig. Hauk verwies auf einen ehemaligen Truppenübungsplatz, wo Wölfe sich nicht mehr die Mühe machten, über die Zäune zu springen - sondern "die Schafe so in Rage bringen, bis sie selbst den Zaun durchbrechen". Wenn der Wolf aber gewahr werde, dass auf Weiden ein solches Verhalten mit Kugeln und so mit dem Ableben der Artgenossen beantwortet werde, lerne er daraus.

Es könne nicht sein, dass per Kulturlandschaftsprogramm Artenvielfalt durch extensive Weidebewirtschaftung gefördert werde, diese Bemühungen aber durch den Zuzug einer einzigen Tierart wieder zunichte gemacht würden. Übers Ziel hinausschießen könne man gar nicht mehr: "Der Wolfsbestand ist bei uns gar nicht mehr auszurotten", deswegen dürfe das Tier auch ins Jagdrecht aufgenommen werden.

Der Landtagsabgeordnete Volker Bauer (CSU) gab zu bedenken, dass mit dem drohenden Wegfall der Schäferei damit auch die Landschaftspflege genau an den Stellen nicht mehr gewährleistet sei, wo sie für den Menschen schwierig werde. Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer befürchtete in Sachen Wolfspopulation eine ähnliche Entwicklung wie beim Biber: "Das wird nicht lustig."

Jürgen Leykamm