Historische Landschaften erhalten

05.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:25 Uhr

Zu "Standort für Sportzentrum festgelegt" zum neuen Sportgelände in Nassenfels (EK vom 25./26. April) und die darauf folgenden Leserbriefe: Der Markt Nassenfels ist ein geschichtsträchtiger Ort, von der Steinzeit über die römische Kaiserzeit und die Völkerwanderungszeit bis ins Mittelalter haben Menschen hier gelebt.

Jedes Kind in Nassenfels kennt ihre Spuren, denn die Grundschule birgt eine beeindruckende archäologische Sammlung, die anschaulich über Fundstücke das römische Lager und Vicusleben ins Bild setzt. Außerdem gibt es neben einem Model der seit dem 12. Jahrhundert existierenden Talburg auch heimatkundliche Vitrinen. Aufgebaut und betreut wird die Sammlung durch den Verein für Heimatpflege im Schuttergäu, der sich mit der Geschichte und den Traditionen der Nassenfelser auseinandersetzt.
Nicht nur in Schule und Verein wird der Stolz der Nassenfelser auf die eigene Vergangenheit deutlich: Im Zugang ihrer Nikolauskirche haben sie einen Weihstein der Vicani Scuttarenses, der den römischen Namen des Orts preisgibt, sichtbar eingemauert. Bei jeder größeren Baustelle, die neue Funde ans Licht bringt, wie jüngst die völkerwanderungszeitlichen Gräber hinter der Klauskapelle, werden die Archäologen fast täglich von interessierten Nassenfelsern besucht.
Um so größer war meine Verwunderung und mein Entsetzen über die neusten Entwicklungen direkt unterhalb des Klauskapellenberges an den Moorwiesen. Nicht nur die ohne Schutz in den Erdboden eingreifende Abraumablagerung vor dem Wertstoffhof, sondern vor allem der neu geplante Sportplatz direkt auf der Schutterwiese.
Dabei handelt es sich nicht nur um ein Stück Grün vor dem Markt: Wenn man von Osten her, von Meilenhofen an der Biberquelle vorbei auf Nassenfels zu wandert, radelt oder fährt, öffnet sich der Blick frei über die Wiesen des Niedermoors auf die Burg. Diese Talburg - eine einzigartige Tieflandburg - macht Nassenfels sichtbar zu einem besonderen Ort; für dieses Baudenkmal ist der Markt in Bayern bekannt. Näherte man sich Nassenfels durch das Schuttertal von Westen fing sie seit Jahrhunderten den Blick ein und leitete den Wanderer.
Doch statt sich diesen über Generationen bewahrten unverstellten Blick zu bewahren, soll nun ein Sportplatz mit Vereinsheim und Lichtmasten davorgesetzt werden? Die Talburg ist ein landschaftsprägendes Baudenkmal, das bedeutet, Landschaft und Denkmal gehören als Einheit zusammen. Die Umgebung, das Moos, die Schutter und die Wiesen bilden mit ihr eine historisch gewachsene Kulturlandschaft, die es zu schützen gilt. Solche historischen Landschaften sind nur noch selten erhalten und sollten nicht kurzsichtig preisgegeben werden. Die Leserbriefe in der Kurierausgabe vom 30. April 2020 haben mich ermutigt, dem Protest auch einen historischen Blick hinzufügen.

Nadin Burkhardt
Professur für Klassische Archäologie, KU Eichstätt-Ingolstadt

In eigener Sache: Wir gehen davon aus, dass damit die Argumente der Gegner des geplanten neuen Sportgeländes umfassend dargestellt worden sind. Wir veröffentlichen dazu keine weiteren Leserbriefe mehr.

Die Redaktion

 

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