Erst die Kür, dann die Pflichterfüllung

26.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:10 Uhr

Zur Haushaltssituation der Gemeinde Walting:Eine Schuldenaufnahme sei für die Gemeinde Walting weder "erforderlich" noch "absehbar", hieß es im Vorbericht des Haushaltsplans 2017, den der Gemeinderat im November beschloss.

Jetzt, knapp sechs Monate später, sieht der Haushaltsplan 2018 völlig überraschend eine Schuldenaufnahme von 4,3 Millionen Euro vor. So heißt es im diesjährigen Vorbericht zum Haushaltsplan: "Zins- und Tilgungsausgaben belasten somit die kommenden Haushalte. " Weiterhin heißt es, die Gemeinde sei in den nächsten Jahren in "ihren finanziellen Möglichkeiten außerordentlich stark gebunden" und unvorhergesehene Investitionen müssten über "zusätzliche Darlehensaufnahmen" finanziert oder "zurückgestellt" werden.

Genau diese Schuldenentwicklung soll angeblich noch vor einem halben Jahr für Bürgermeister Roland Schermer und den Gemeinderat nicht absehbar gewesen sein. Schule und Kinderbetreuung gehören doch zu den wichtigsten Aufgaben einer Gemeinde. Dass hierfür große Investitionen notwendig sind, war uns Bürgern bereits seit Jahren klar. Unklar ist uns nur, warum der Kindergarten so lange hinausgezögert wurde. Aber in Walting kam wohl erst die Kür vor Erfüllung der Pflichtaufgaben. Dabei waren die Rücklagen zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode in Walting noch bei 2,8 Millionen Euro.

Wie sieht es mit Gemeinde-Schulden in unserem Landkreis und in Bayern aus? Beim Bayerischen Landesamt für Statistik findet man den Schuldenstand aller Gemeinden bis 2016. Nur 15 Prozent aller bayerischen Gemeinden waren da schuldenfrei - und Walting gehörte dazu. Mit der jetzt vorgesehenen Pro-Kopf-Verschuldung von 1820 Euro wäre Walting im Vergleich auf dem ersten Platz in unserem Landkreis und auf dem elften Platz aller 500 Gemeinden von Oberbayern.

Auch der Blick nach Eichstätt lohnt sich: Deren Haushaltsplan 2017 sieht vor, dass die Gesamtverschuldung von 8,7 Millionen Euro auf 15 Millionen Euro und damit die Pro-Kopf-Verschuldung von 650 Euro auf circa 1200 Euro steigt - immer noch erheblich weniger als die von Walting. Der Vorbericht von Eichstätt warnt ausdrücklich davor, von "niedrigen Kreditzinsen auszugehen". Die jetzige Lage an den Finanzmärkten kann also keineswegs als Rechtfertigung oder Einladung für Gemeinden verstanden werden, sich hoch zu verschulden.

Prof. Dr. Michael Zehetleitner,
Walting