Eichstätt
Zu Gast beim Dalai Lama

An einem Runden Tisch zum Thema Bildung hat Professor Krassimir Stojanov teilgenommen

26.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:25 Uhr
Professor Krassimir Stojanov (links) wurde vom Dalai Lama bei einem internationalen Treffen von Bildungsphilosophen und Bildungssoziologen im indischen Dhramsala begrüßt. −Foto: Office of HH the DL

Eichstätt (upd) Professor Krassimir Stojanov (Lehrstuhl für Bildungsphilosophie und Systematische Pädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt) hat an einem Runden Tisch des Dalai Lama zu Perspektiven von humaner Bildung teilgenommen.

Mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter tauschten sich im indischen Dhramsala Bildungsphilosophen und Bildungssoziologen aus Australien, USA, Indien, Großbritannien, Russland, Mexiko, Brasilien, Finnland und Deutschland aus.

Die Initiatoren des Runden Tisches "Human Education in the Third Millennium" hatten Stojanov aufgrund seiner Schriften und Vorträge über den Sinn, die Bedeutung und die Aktualität des Bildungsbegriffs sowie über globale Bildungsgerechtigkeit eingeladen.

"Der Dalai Lama diskutierte mit uns, wie heute humane Bildung möglich ist angesichts von globalen Trends wie der Ökonomisierung der Bildungssysteme sowie ihrer Anfälligkeit für Populismus, Nationalismus und religiösem Fundamentalismus", schildert Stojanov.

Der Friedensnobelpreisträger habe in seinen Ausführungen die Vision einer humanen Bildung im 21. Jahrhundert mit dem Ansatz einer "säkularen Ethik" verbunden, den er und seine Mitstreiter seit einigen Jahren entwickeln. Die zentrale These dieses Ansatzes sei, dass alle Lebewesen nach Glück streben, welches sie nur im Rahmen von wechselseitiger emotionaler Verbundenheit und nur im Rahmen von sozialen Beziehungen erreichen können, die durch gegenseitige Empathie und Fürsorge gekennzeichnet seien. Dieses soziale Band werde jedoch durch mehrere Aspekte zerstört: die einseitige Ausrichtung von Schulbildung auf messbare Leistung, Selektion und Konkurrenz, die Instrumentalisierung von Schulbildung für die Verbreitung von populistischen und nationalistischen Ideologien sowie für konfessionelle Grenzziehungen und Ausschließung. Dies löse Wut und Neid aus und führe zum Unglück bei allen Beteiligten. Das jüngste Bildungsprojekt, das der Dalai Lama und seine Mitstreiter initiiert haben, habe bezeichnenderweise den Titel "Social, Emotional & Ethical Learning" ("SEE Learning") und ziele deshalb vor allem auf die Bearbeitung von solchen negativen Gefühlen sowie die Kultivierung von emotionaler und sozialer Intelligenz ab.

"Die Ähnlichkeiten der Positionen des Dalai Lama mit der Enzyklika ,Laudato Sí' von Papst Franziskus sind unübersehbar - insbesondere, was die Betonung der universellen Verbundenheit aller Lebewesen, die Kritik an die Instrumentalisierung von Mensch und Natur sowie Konsum angeht", so Stojanov. Allerdings verstehe der Dalai Lama seine "säkulare Ethik" als einen dezidiert nicht-religiösen Ansatz. Zwar würden darin Formen und Gesichtspunkte buddhistischer und hinduistischer Religiosität neben modernen Erkenntnissen und Perspektiven aus Philosophie, Soziologie, Psychologie, Biologie und sogar Quantenphysik einfließen. Jedoch sollen damit gerade Grenzen zwischen institutionalisierten Religionen überwunden werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches haben sich darüber verständigt, die Gründung eines "World Forum for Human Education" zu initiieren. Sein erstes Treffen soll Ende 2021 in New Delhi stattfinden.