Eichstätt
Zahlreiche Probleme angesprochen

Linken-Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl besuchte Caritas-Kreisstelle und Kinderdorf

07.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:21 Uhr
Die Vertreter der Partei Die Linke mit den Gesprächspartnern des Sozialpsychiatrischen Dienstes sowie weitere Mitarbeiter der Caritas-Kreisstelle Eichstätt (von rechts) Klaus Reichelt (Mitarbeiter Die Linke), Landratskandidat Markus Pflüger, Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl, Frank Mronga, SPDI Eichstätt, Landesvorsitzende Eva Bulling-Schröter, Dominik Rettka, Flüchtlings- und Integrationsberatung, Bezirktagsrätin Stefanie Kirchner, Ulrike Schurr-Schöpfel, Gerontopsychiatrischer Dienst, Renate Wolf-Forsthofer, Schuldner-und Allgemeine Lebensberatung, Andreas Frahm, Eichstätter-Servicedienste, und Parteimitglied Roberto Paskowski. −Foto: Bauer

Eichstätt (EK) Eine Delegation der Partei Die Linke besuchte den Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas-Kreisstelle Eichstätt in der Pfahlstraße und das Caritas-Kinderdorf Marienstein.

Zur Delegation gehört die Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Weiter dabei waren Landratskandidat Markus Pflüger, die Bezirksrätin Stefanie Kirchner, Parteimitglied Roberto Paskowski und die Landesvorsitzende Eva Bulling-Schröter aus Ingolstadt. Initiiert wurde das Treffen vom Kreisverband Ingolstadt/Ortsgruppe Eichstätt.

Gleich zu Beginn ihrer Informationstour am Vormittag in der Pfahlstraße erklärten die Besucher, dass es ihnen darum gehe, das Ohr nah am Bürger zu haben. Frank Mronga, der Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes, und Kolleginnen und Kollegen informierten darüber, dass Menschen mit psychischen Problemen und deren Angehörige fachlich und individuell beraten werden. Einige finden bei den Caritas-Service- Diensten Zuverdienstmöglichkeiten.

Im Gespräch mit den Politikern kamen auch Probleme zur Sprache. Dazu gehörten unter anderem die Stigmatisierung der psychisch Kranken und die niedrigen EU-Renten aufgrund zu geringer Einzahlungszeit bei schwerer psychischer Erkrankung. Viel zu hohe Mieten und der Mangel an Sozialwohnungen seien unter anderem wichtige Themen in der Schuldner-und Allgemeinen Lebensberatung. In der Flüchtlingsberatung wurden Arbeit und Beschäftigung als wichtige Themen angesprochen. Dazu Ferschl und Pflüger: "Wir kämpfen für diese Personengruppe. " Zu Beschäftigungsverboten für Flüchtlinge sagte Ferschl: "Das macht mich wütend, dass man viele dieser Leute nicht einsetzen will. "

Im Kinderdorf Marienstein hatte die Delegation die Gelegenheit, einen Einblick in die unterschiedlichen Hilfsangebote der vom christlichen Glauben geprägten Caritaseinrichtung zu bekommen. Verwaltungsleiter Florian Fischer und Erziehungsleiter Steffen Benz stellten die Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe vor, die Grund- und Hauptschule zur Erziehungshilfe, Wohngruppen mit verschiedenen Zielsetzungen, Tagesstätte, Betreutes Wohnen und Fachspezifischer Dienst. Probleme, so die Information von Fischer und Benz, entstehen durch die finanzielle Diskrepanz zwischen den über den Pflegesatz kalkulierten Kosten und den Kosten, die in der Realität entstehen.

Das betreffe beispielsweise die Kosten, die im Pflegesatz seit den frühen 1980er-Jahren mehr oder weniger gleich geblieben seien. Als weiteres Problem nannten die beiden, dass im Verlauf der vergangenen 20 Jahre die heilpädagogischen Gruppen zunehmend schwieriger belegt werden können, da die Kinder immer komplexere Schwierigkeiten mitbringen und unter multiplen Störungsbildern leiden. Fischer: "Dies erfordert einen höheren Betreuungsschlüssel sowie ein deutliches Plus an Fortbildungen und zusätzlichen Qualifikationen der Mitarbeiter. Dies gibt die momentane Arbeitsmarktlage aber kaum her. " Die Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl schildert ihre Eindrücke des Besuchs in Eichstätt folgendermaßen: "Trotz der niedrigen Arbeitslosigkeit und dem relativ hohen Durchschnittseinkommen finden sich in Eichstätt - ein sehr schönes Städtchen - die gleichen Probleme wie in ganz Deutschland und anderen Orten im ,reichen' Bayern: steigende Mieten wegen fehlenden sozialen Wohnungsbaus und Altersarmut, insbesondere von Frauen. Häufig beantragen die Menschen in Altersarmut keine Grundsicherung - mangels Wissen oder aus Scham, auch das ist in Eichstätt nicht anders als anderswo.

Im ländlichen Raum sind Menschen, die auf Unterstützung oder Hartz IV angewiesen sind, besonders betroffen, erst recht, wenn sie nicht mobil sind. Wenn sie zum Beispiel aus einem der umliegenden Orte ins Jobcenter müssen, sind sie mit dem ÖPNV bis zu zwei Stunden unterwegs wie etwa von Beilngries nach Eichstätt. Wenn sie Termine verpassen, werden sie sanktioniert - das zeigt deutlich, wie unwürdig dieses Hartz-IV-System ist, dieses muss ersetzt werden durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung.

Besonders dramatisch ist auch die Situation von den 1200 geflüchteten Menschen im Landkreis. Die wenigen Berater können sich allein aus zeitlichen Gründen nicht ausreichend kümmern. Durch fehlende Perspektive im Aufenthaltsstatus wird den Geflüchteten außerdem die Möglichkeit zur Integration genommen. Durch das sogenannte ,Hau-ab-Gesetz' der Bundesregierung hat sich die Situation weiter verschärft, selbst geflüchtete Menschen mit Job sind vor Abschiebungen nicht sicher.

Das Kinderdorf Marienstein ist eine wichtige Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, um Kinder aus schwierigen Verhältnissen eine Perspektive zu geben. Die Besichtigung, die Wohngruppen und die verschiedenen Möglichkeiten - Klettern, Werkstatt, Sportplatz - haben mich sehr beeindruckt und ich bin der Meinung, man kann die Menschen, die dort mit den Kindern arbeiten, für ihre Arbeit nicht genug wertschätzen. Am Vormittag konnte ich wieder einmal die Auswirkungen einer mangelhaften Sozialpolitik der Bundesregierung feststellen. "

Franz Bauer