Spalt
"Wir werden in sozialen Medien terrorisiert"

Center Parcs will die Diskussion um die geplante Anlage auf einem Munitionsgelände versachlichen

15.04.2021 | Stand 19.04.2021, 3:33 Uhr
  −Foto: Center Parcs

Spalt/Pfofeld - Mit dem Fund von "300 scharfen Granaten" auf dem Gelände der Munitionsanstalt (Muna) bei Langlau rechnet Professor Christoph Eipper, Chef des Nürnberger Ingenieurbüros Envi Experts.

Die müssen entsorgt werden, bevor auf dem Gelände eine Ferienanlage von Center Parcs entstehen kann. Entschärfen kann man allerdings auch die Diskussion von Befürwortern und Gegnern des Projekts. Dafür appellierten Beteiligte jetzt bei einer Online-Gesprächsrunde. Die ist Teil der Charme-Offensive des Unternehmens, das am Großen Brombachsee einen Ferienpark errichten will. Schließlich ist schon am Sonntag, 30. Mai, ein vielleicht vorentscheidendes Datum: Dann nämlich stimmen die Bürger von Pfofeld, Langlau, Rehenbühl und Thannhausen ab: In einem Ratsbegehren wird gefragt, ob die Gemeinde Pfofeld die planungsrechtlichen Grundlagen für die Ansiedlung eines Center Parcs schaffen soll.

Von "übelster Nachrede" bezüglich des Vorhabens sprach beispielsweise Frank Daemen, der Geschäftsführer des Konzerns auf Deutschlandebene. "Wir werden in sozialen Medien terrorisiert", setzte Jan Janssen, Projektleiter für die Anlage mitten im Fränkischen Seenland, noch eins drauf. Aussagen, die erst am Ende der gut zweistündigen Veranstaltung fielen und während dieser selbst allerdings nicht bestätigt wurden. Fundamentalkritik blieb aus. Lediglich äußerten einige der Zuschauer, die ihre Fragen an den Tastaturen eintippen konnten, den Verdacht, dass es sich um keine Live-Übertragung handle. Mit der Durchgabe vom aktuellen Spielstand des Champions-League-Spiels von Borussia Dortmund und Uhrzeitangaben versuchte man dies zu widerlegen.

Auch die Auswahl der Fragen wurde hinterfragt. "Sie werden thematisch zusammengefasst", entgegnete hier die Moderatorin Marion Gehlert, Chefredakteurin von München TV. In der für dieses Thema doch knapp bemessenen Zeit alle Wortmeldungen zu berücksichtigen, war allerdings auch ein schier unmögliches Unterfangen. Deswegen ist für Dienstag, 11. Mai, eine zweite Talkrunde angesetzt.

Für einen guten Dialog warb auch Reinhold Huber, der Bürgermeister von Pfofeld, zu dem der Ortsteil Langlau gehört. Es gelte, "eine gemeinsame Lösung anzustreben und alle Bürger der Gemeinde auf dem Weg dorthin mitzunehmen". Deswegen sei seitens der Kommunalpolitik auch ein Ratsbegehren angestoßen worden.

Unter die Lupe genommen hat die Muna Burchard Stocks, Tübinger Experte für Umweltsicherung und Infrastrukturplanung. Komme es zum Bau der Anlage, "werden hochwertige Bereiche abgegrenzt, die nicht überplant werden dürfen", betonte er in der Runde. Und auch für die verbliebenen Areale ergäben sich zahlreiche Anforderungen, die zu erfüllen seien: "Da sind wir relativ strikt in unserer Vorgehensweise. " Und die heißt es abzustimmen mit jener zur Beseitigung von über 30 Tonnen Munitionsschrott, die Eipper auf dem Gelände vermutet.

Doch all dies kann erst Fahrt aufnehmen, wenn es grünes Licht für das Projekt gibt. Und wenn nicht? Lautete eine Frage. Dann gäbe es immer noch die Option, das Gelände auf die Gemeinde zu übertragen. Eine entsprechende Anfrage habe man schon an die BimA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) gestellt, so Huber: "Aber da warten wir noch auf eine Antwort. "

Das virtuelle Publikum hakte nach: Kann sich Pfofeld die Kosten einer Demilitarisierung überhaupt leisten? Werde der Kommune eine solche zur Pflicht gemacht, habe man schlechte Karten, sagte der Bürgermeister. "Dass da eine Kommunalaufsicht mitspielt, kann ich mir nicht vorstellen. " Das Gelände in diesem Sinne sauber zu bekommen, dürfte "einen zweistelligen Millionenbetrag kosten", erklärte Janssen. Eine Summe, die im Falle eines Falles Center Parcs aufbringen muss. Und die "nicht mit dem Kaufpreis an sich gegengerechnet wird", wie Daemen auf eine weitere Frage entgegnete.

Eine andere hätten er und der Projektleiter liebend gern schon jetzt beantwortet: "Wann können wir buchen? " Aber: "Wir haben noch drei Jahre vor uns", sagte Janssen - "wenn alles gut geht. " Zurzeit sei man im bildlichen Sinne erst am Hafen in Rotterdam ausgelaufen - Ziel: New York.

Und was das Geld anbetrifft: Die nötige Kläranlagenerweiterung werde Center Parcs natürlich voll bezahlen. Für die Wasserversorgung sei ein Hochdruckbehälter in einigen Kilometern Entfernung angedacht - ebenso auf eigene Kosten. Der künstliche See inmitten der Anlage werde weder aus Brunnen noch aus dem Brombachsee gespeist, sondern über das Regenwasser von den Ferienwohnungsdächern, erklärte Janssen auf eine weitere Frage. Die Gewinne würden vor Ort versteuert, regionale Firmen beim Bau berücksichtigt. Ebenso das kulturelle Erbe in der Anlage selbst, beteuerte Daemen. Von der Mühlenthematik über den Baustil der Häuser bis hin zum Design und zur Kulinarik. So sollen hier etwa auch regionale Direktvermarkter zum Zuge kommen.

Apropos: Die Anreise per Bahn werde ebenso gefördert. Das ganze Projekt soll sich ja generell CO2-neutral nennen dürfen. Das sei aber nur mit einer "Kombination grüner Energiequellen" möglich, erklärte Janssen. Die Häuser selbst benötigten fast keine externe Wärmeenergie mehr. Was den vermehrten Verkehr anbelangt, müsse ein "Besucherlenksystem kreiert werden, das hohen Ansprüchen gerecht wird", forderte Bürgermeister Huber. Man erhoffe sich zwar eine Million Übernachtungen im Jahr, ergänzte Janssen; doch das bedeute lediglich 240 Autos zusätzlich am Tag - im Schnitt.

Auch Bedenken, Center Parcs werde sich "wie eine Heuschrecke verhalten", erteilte er eine Absage: "Vor gut 50 Jahren haben wir die erste Anlage ins Leben gerufen. Seither ist noch nie ein Park geschlossen oder von uns abgestoßen worden. " Was die Gegnerschaft des Bund Naturschutz im Seenland anbetrifft, zeigte sich der Projektleiter verwundert. "Im Allgäu haben wir gut mit ihm zusammen gearbeitet. " Letztlich gehe es auch um die wirtschaftliche Zukunft der Region. "Wenn die Anlage nicht kommt, müssen die Gegner von heute dies in 15 Jahren vor ihren Kindern verantworten", betonte er.

HK