Emsing
Ohne Zeitdruck, Smartphone und Internet

22. Emsinger Friedensnacht mit einem überwältigenden Publikumszuspruch

26.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:29 Uhr
Johann Kraus

Emsing (EK) Der Ruf der Emsinger Friedensnacht am 4. Advent hat sich offensichtlich herumgesprochen.

Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass die Zuhörer dicht gedrängt bis kurz vor den Altarraum der Emsinger Kirche St Martin saßen und standen.

Dabei ist das Konzept dieser Veranstaltung, die heuer bereits zum 22. Mal stattfand, ebenso schlüssig wie wirkungsvoll: Eine Mischung aus Sentenzen, die zum Nachdenken anregen, und Volksmusik im besten Sinne: Musiker aus Emsing und Umgebung, die sich das ganze Jahr über zum gemeinsamen Musizieren treffen, präsentieren bei dieser Gelegenheit das Ergebnis ihrer Proben.

"Es ist an der Zeit", lautete das Thema in diesem Jahr; und vielleicht mag man diese Feststellung im ersten Moment als eine Phrase abtun. Im Laufe des Abends erklärten aber dann die kurzen Texte, die Maria Dirsch zusammengestellt hatte, wozu es denn eigentlich höchste Zeit wäre. Wie wäre es denn, wenn man sich Zeit nehmen würde, um sich mit jemandem zu versöhnen, mit dem man lange im Streit lag? Sich die Muße nähme, über das eigene Leben nachzudenken oder der Frage nachzugehen, mit welchen Menschen man sich eigentlich umgeben möchte? Sich klar werden, welche Wünsche, deren Erfüllung eben nicht mit Geld gekauft werden kann, man noch realisieren möchte.

Passend zu diesen gedanklichen Zwischenspielen streuten die Mitglieder des Emsinger Chores Hakuna Matata Chormusik ein, die Anna Wenzl zusammengestellt und eingeprobt hatte. Bereits das Eingangslied "Gott segne dich" listete eine Reihe von Wünschen auf, die man seinem Mitmenschen gönnen würde. Die Chorsätze "Weit, weit weg" von Hubert von Goisern und "Ich wünsche dir einen Segler aus Papier" von Pe Werner überzeugten durch ihre originellen und kraftvollen Metaphern. Immer wieder bewegend, wie sich die Stimmen des Chor aus der Einstimmigkeit in der Mehrstimmigkeit verzweigen, um dann gegen Ende ins unisono zurückzukehren.

Wolfgang Amler und Maria Blob an den Gitarren, Isabella Niederstätter an Cajon und E-Bass, Ursula Tempelmeier an der Quer- und Blockflöte, Christa Schneider und Veronika Regler an der Klarinette, Andreas Schmidt am Akkordeon und Judith Seyberth an Cajon und Regenstab steuerten mehrere Instrumentalstücke bei.

Was an diesem Ensemble noch besonders beeindruckt: die flache Hierarchie, die in dieser Gruppe herrscht. Die philosophischen Zwischenrufe werden von mehreren Mitgliedern der Gruppe (Maria Dirsch, Andreas Schmidt und Sabrina Wittmann) vorgetragen; auch die Leitungsaufgaben verteilen sich auf mehrere Schultern, wenn zum Beispiel Veronika Regler mehrmals den Chor dirigiert. Anna Wenzl steuert neben der Gesamtleitung noch ihre Parts an Cello und Piano bei, wobei Tochter Hannah ihre Mutter zum ersten Mal unterstützen durfte.

Die Emsinger Friedensnacht mit ihrem Ansatz zur Entschleunigung scheint mit dem Wunsch nach Ursprünglichkeit und Authentizität - gerade einen Tag vor dem Heiligen Abend - einen Nerv der Zeit getroffen zu haben. Und so mündete die Zugabe "Silent night", die sich über mehrere Stationen dem berühmten Weihnachtslied annähert, darin, dass das ergriffene Publikum den Abend mit einem gemeinsam im Stehen gesungenen "Stille Nacht" ausklingen ließ.

Johann Kraus