Eichstätt
Von der Wüste in den Regenwald

16 Lateinamerikastudenten verbrachten einen Monat in Chile - Eine Studienreise der besonderen Art

04.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:25 Uhr
Waren auf einer fast 5000 Kilometer langen Tour durch Chile unterwegs: Studenten der KU. −Foto: Foto: Hausmann

Eichstätt (EK) Ganz im Zeichen Chiles stand die Katholische Universität (KU). Zur Themenwoche "Semana chilena" des KU-Zentralinstituts für Lateinamerikastudien gab es Veranstaltungen rund um Kultur, Kunst und Politik. Dazu zählten auch ein Vortrag über eine Chile-Exkursion von Studenten und der musikalisch-poetische Abend "Rebeldías creativas".

16 Studenten, ein Jahr Vorbereitung und eine Tour von 4804 Kilometern: Lateinamerika- und Lehramtsstudenten reisten im Februar in das 12000 Kilometer entfernte Land. Die Studenten mögen alle unterschiedliche Beziehungen zu Lateinamerika haben, doch in Chile war noch keiner. Der Lateinamerikastudiengang ist interdisziplinär aufgebaut, weshalb die Studenten ein vielschichtiges Programm über Geographie, Kultur, Geschichte, Wissenschaft und Sprache planten. Ihre Erfahrungen ihrer Reise teilten sie mit Interessierten im Studihaus am Campus.

Projiziere man Chile auf eine Europakarte, so würde das Land von Norwegen bis an den Norden Afrikas reichen, erklärte die betreuende Dozentin Carolin Apfel. Die Spanisch-Dozentin ist des Öfteren in Chile und hat dadurch viele Kontakte - eine große Bereicherung für die gemeinsame Reise mit ihren Studenten. In einem kurzen Vortrag stellte sie Fakten über das Land mit seinen 17,5 Millionen Einwohnern vor.

An der Organisation der Reise war auch Studentin Miriam Blaimer maßgeblich beteiligt. Sie stellte die Reiseroute vor, die sich von der chilenischen Hauptstadt Santiago bis zum Valdivianischen Regenwald erstreckte. Die Atacamawüste mit der dortigen Kupfermine Chuquicamata stand ebenso auf dem Programm wie das ALMA-Forschungszentrum. "Die Atacamawüste, das sind Dimensionen, die man vorher noch nicht gesehen hat", schwärmt die Studentin. Fünf Tage verbrachten die Reisenden in Chiles Hauptstadt Santiago, auf den Spuren des Nobelpreisträgers Pablo Neruda. Weiter führte die Reise in die Hafenstadt Valparaíso und in die Villa Baviera, in der der Auswanderer Paul Schäfer 1961 die Colonia Dignidad gründete. Die christliche Sekte war geprägt von Menschenrechtsverletzungen. Heute hat sich die Villa Baviera zu einem bayerischen Kulturzentrum entwickelt. "Das waren sehr persönliche Momente, darüber möchte ich gar nicht in der großen Runde sprechen", erklärte Miriam Blaimer.

Wer mehr über die Colonia Dignidad erfahren wollte, konnte sich deshalb an einen der aufgebauten Thementische setzen und Gespräche mit den Studenten führen. Ein Tisch war auch den Kupferstädten Chuquicamata und Mina Sewell El Teniente gewidmet. Auch über die Mapuche, die indigenen Einwohner Chiles, konnte man sich informieren. An vier verschiedenen Universitäten Chiles sprachen die Reisenden mit Dozenten über den Erhalt dieser Kultur und ihren Traditionen.

"Wir wollten ganz anders in die Gesellschaft eintauchen. Deshalb haben wir auch nicht über Reisebüros gebucht, sondern den Gemeindetourismus genutzt", erzählte Carolin Apfel. Ein paar Nächte haben die Reisenden bei Mapuche verbracht und konnten somit auch Identitätsfragen auf den Grund gehen. "Chile hat unseren kritischen historischen Blick geschärft", bestätigte Max Koltai, der mit Miriam Blaimer und seiner Dozentin die Reise organisiert hatte, "der ergreifendste Moment der Reise war die Villa Baviera. Zuerst waren wir richtig abgeschreckt von diesem Dorf, aber nur so können die Opfer ihre Vergangenheit aufarbeiten". Besonders begeistert waren die Studenten von der großen Offenheit der Chilenen.

Die Universität unterstützte die Studenten finanziell bei ihrer Reise und bietet auch gerade noch ein Lehrforschungsprojekt an: " Auf den Spuren der Kapuzinermönche" befasst sich mit Eichstätter Kapuzinermönchen aus dem 19. Jahrhundert, die als Missionare nach Chile gingen. Die Auswertung der Materialien übernehmen nun die Studenten. "Die Begeisterung der Reise schwingt selbst jetzt noch mit", sagt Carolin Apfel. Die Studenten haben für Besucher die chilenischen Hotdogs "Completos", den Tomatendip "pobre" und einen Tee mit Weizenkörnern "mote" vorbereitet. Neben chilenischer Küche gab es noch eine musikalische Kostprobe auf den nächsten Tag, den musikalischen Abend der "Rebeldías creativas".

Anna Hausmann