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Kirche und Kino

Forschungsgruppe der KU untersuchte Quellen zu katholischer Medienarbeit der Nachkriegszeit

28.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr

"Das Film- und Fernsehversprechen", ein Dokument, das während der Nachkriegszeit in Schaukästen der Pfarreien aushängen sollte.
‹ŒArchiv: Diözesanarchiv Eichstät - Foto: Poese

Von Johannes Habermehl,

Manuela Schöberl, Christiane Hoth und Florian Bock

Eichstätt (EK) In der Nachkriegszeit nahm die katholische Kirche die Verteidigung der Moral bei Kino und Fernsehen sehr ernst. Eine Forschungsgruppe der KU macht eine Zeit wieder lebendig, in der es Phänomene wie das "Film- und Fernsehversprechen" oder die "Aktion Saubere Leinwand" gab.

Nach der nationalsozialistischen Diktatur gab es nur sehr wenige Institutionen in Deutschland, die nicht unterdrückt oder gleichgeschaltet worden wären. In der öffentlichen Wahrnehmung galt die katholische Kirche als eine solche "Siegerin in Trümmern", die unbeschadet aus den Jahren 1933 bis 1945 hervorgegangen war. Ihre Rolle als moralische Instanz versuchte sie im Laufe der Nachkriegszeit auf vielen unterschiedlichen Feldern zu wahren. Ein Feld war das der Medien.

In Eichstätt finden sich erste Belege für die Zusammenarbeit zwischen der Diözese und der Hauptstelle für Bild- und Filmarbeit im Januar 1950. Der Krieg war kaum beendet, als sich in den westlichen Besatzungszonen von Priestern und katholischen Laien ins Leben gerufene Filmzeitschriften gründeten. Diese Zeitschriften, zum Beispiel der "Katholische Filmdienst", hatten es sich zur Aufgabe gemacht, den Katholiken im Einklang mit kirchlichen Sittlichkeitsvorstellungen sehenswerte Filme zu empfehlen - oder alternativ vom Kinobesuch abzuraten. Außerdem riefen Katholiken das so genannte "Film- und Fernseh-Versprechen" ins Leben: eine freiwillige Verpflichtung, nur "gute und wertvolle Filme" zu besuchen und diese durch Empfehlung zu unterstützen. Welchen Einfluss die Kirche noch in den 60er-Jahren auf die öffentliche Meinung ausübte, zeigte sich eindrucksvoll am Beispiel des Films "Das Schweigen" des jungen schwedischen Regisseurs Ingmar Bergmann. Zündfunke der kirchlichen und weithin öffentlichen Erregung waren circa 100 Sekunden Filmmaterial, in denen sexuell aufgeladene Szenen gezeigt wurden. Es sollte nicht lange dauern, bis gegen Bergmans Film über 100 Strafanzeigen vorlagen, da er "unzüchtige Darstellungen" zeige. Der Bischof von Rottenburg, Carl Joseph Leiprecht, forderte eine besonders scharfe und kritische Bewertung durch den "Filmdienst". Bei aller Anerkennung des Films als Kunstform - erst komme die Moral, dann die Ästhetik. Doch der "Filmdienst" widersprach entschieden und urteilte wohlwollend über den Film.

Auch in der hiesigen Diözese sorgte "Das Schweigen" für Furore. Viele Gläubige wandten sich per Post an das Bischöfliche Ordinariat und forderten stärkere Maßnahmen gegen den Film. Als Vorbild diente ihnen die "Aktion Saubere Leinwand" aus Schweinfurt. Doch die Allianz zwischen Katholizismus und der "Aktion Saubere Leinwand" war nicht von langer Dauer. Viele Katholiken standen der Forderung dieser Aktion zunehmend kritisch gegenüber. Das Verlangen nach einer stärkeren Filmkontrolle, gar Zensur erinnerte unangenehm an das Agieren der Hitler-Diktatur. Der Tenor lautete schließlich: besser das Gute dem Schlechten entgegenhalten als eine "Kultur-Zensur" zu akzeptieren.