Kipfenberg
Vom Fanatiker zum Versöhner

Buchvorstellung und Vortrag von Professor Gerd Theissen

22.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:22 Uhr
Spannend skizzierte Professor Dr. Gerd Theissen in vier Phasen den Paulus vom Fanatiker zum Versöhner, erzählt in seinem Roman "Der Anwalt des Paulus" bei seinem Vortrag in Kipfenberg. −Foto: Foto: Weiß

Kipfenberg (wch) Sehr gut besucht waren die Buchvorstellung und der Vortrag "Der Anwalt des Paulus - oder die Wandlung eines Verfolgers zum Versöhner", den Dr. Gerd Theißen, emeritierter Professor für Neues Testament am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Heidelberg, jüngst in Kipfenberg hielt.

"Mein Ehrgeiz ist es zu zeigen, wie bleibend faszinierend dieser Paulus ist. " Mit diesen Worten leitete der Referent seine Erzählung ein, die im Jahr 61 n. Chr. in Rom spielte, als dort ein Stadtpräfekt ermordet wurde. Paulus ist in dieser Zeit als Gefangener nach Rom gekommen. Erasmus, Rhetor und Anwalt in Rom, soll die Verteidigung eines römischen Bürgers namens Paulus übernehmen. Beauftragt wird er von der jüdischen Gemeinde, der er nahe steht, ohne selbst Jude sein zu wollen. Paulus vertritt innerhalb des Judentums eine neue Richtung - und er hat Streit mit allen: mit den jüdischen Glaubensbrüdern, mit den Eliten Roms und bald auch mit seinem Anwalt.

Theissen teilte den Weg des Paulus vom Fanatiker zum Versöhner kurz in vier Phasen auf: Paulus war sicher ein Fanatiker und Fundamentalist, in die eine wie in die andere Richtung: was er zunächst bekämpfte, das predigte er später, er bekämpfte in seinen Gegnern sich selbst, seine eigene Vorzeit. Seine Bekehrung zum Christentum machte Paulus vom Verfolger zum Versöhner, allein die Versöhnung mit Gott werde die Rettung ganz Israels bringen. Er forderte vom Volk Toleranz nach innen und außen, also auch gegenüber Feinden des Christentums außerhalb der Gemeinde. Paulus hatte von seinen eigenen Gegnern gelernt, ihre Anliegen übernommen und so vorbildhaft Toleranz gezeigt.

Der Roman über Paulus will, so Theissen, Theologie und Leben des Paulus so darstellen, dass man versteht, was ihn bewegt und umgetrieben hat. Was über Paulus gesagt und geschrieben wird, beansprucht historisch zu sein - jedoch mit chronologischen Freiheiten. "Das Fenster, durch das der Leser auf die Geschichte schaut, ist erfunden. In dieser Rahmenerzählung werden freilich historische Daten und Begebenheiten aus den Quellen verarbeitet, die vor allem dazu dienen, die damalige Zeit in ihren allgemeinen Zügen lebendig zu machen. ", so Gerd Theissen.