Möckenlohe
Verborgenes - Verschwundenes - Geheimnisvolles

Auf Spurensuche in Möckenlohe - Vieles lebt in der Erzählung fort

22.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:09 Uhr
Dominik Harrer
Auf der Luftaufnahme von 1957 kann man die Durchfahrt der Dorflacha erkennen. −Foto: Sammlung D. Harrer

Möckenlohe - Wohl in jedem Ort gibt es Dinge, die zwar allgemein bekannt sind oder von denen zumindest die ältere Bevölkerung lebhaft erzählen kann, die aber physisch verschwunden und nicht mehr sichtbar sind. Macht man sich dann auf die Suche nach Spuren, so stellt man oft fest, dass sich kaum etwas finden lässt - häufig nicht einmal ein Foto oder eine Abbildung.

Bei vielem war man wohl in früheren Zeiten der Meinung, es sei für die Nachwelt nicht interessant und daher nicht wert, es zu dokumentieren, bevor es verschwand. So leben diese Dinge nur in der Erzählung fort - als Verborgenes, Verschwundenes oder Geheimnisvolles.

Die "Dorflacha"

Für den Dorfweiher in der Mitte eines Ortes gibt es regional verschiedene Ausdrücke, am bekanntesten ist wohl die Ochsenfelder "Hü". Das alte Wort "Hülle" findet sich auch in historischen Karten und Ortsplänen für entsprechende Weiher; in Möckenlohe wurde der Begriff jedoch nicht verwendet, man sprach von der "Dorflacha". Sie befand sich vor dem heutigen Anwesen Keltenstraße 1 ("Beim Buckmourer"), hatte in etwa die Breite des dortigen Wohnhauses und reichte von der Straße bis zum Grundstückszaun. Direkt an der Straße war die Lache seicht und hatte eine Durchfahrt. Durch diese "Schwemme" konnten Zugtiere zur Reinigung oder Abkühlung getrieben werden, auch Wagen und Gerät konnte man hier säubern. Nach hinten war die Wassertiefe nicht mehr so gering und konnte für Kinder durchaus eine Gefahr darstellen. Doch gerade für sie war die Dorflacha auch ein Abenteuerspielplatz: Wurden zum Beispiel trocken und damit undicht gewordene Holzzuber oder Sautröge zum Wässern hineingelegt, so verwendeten Kinder sie gern als Boote.

Noch 1953 war die Dorflacha gereinigt, die Umfassungsmauern erneuert und ein Abfluss gelegt, im Frühjahr 1956 sogar eine Trauerweide gepflanzt worden. Doch Anfang der 1960er-Jahre verfüllte man sie, anstelle des Wassers wurde eine Grünfläche angelegt. Mittlerweile gab es Wasserleitung und Kanalisation, man brauchte die Dorflacha nicht mehr, und scheinbar hatte es niemand für notwendig erachtet, die Situation zu fotografieren, bevor sie verschwand.

Das Gefrierhaus

In direkter Nachbarschaft zur Dorflacha wurde 1955 eine gemeinschaftliche Gefrieranlage gebaut. Zunächst hatten einige Bauern geplant, eine kleinere private Tiefkühlanlage einzurichten. Dadurch kam die Gemeinde aber in Zugzwang und nahm die Sache selbst in die Hand. Nach mehreren Versammlungen waren alle Widerstände besiegt und am Sonntag, 4. Dezember 1955, fand in der Gastwirtschaft Meyer die Verteilung der Gefrierfächer statt. Lehrer Heckl berichtete damals: "Das Gefrierhaus liegt in günstiger zentraler Lage und lehnt sich an den Stall der Wirtschaft Meyer an, so dass es auch klimatisch gut liegt. Die Anlage ist von der Firma Brown-Boveri Mannheim hergestellt und hat 30 Gefrierfächer, die nach dem Baukastensystem angeordnet sind." Doch dem Gefrierhaus war nur eine kurze Lebensdauer beschieden. Ab Ende der 1960er-Jahre hatten zunehmend alle Haushalte eigene Gefriertruhen, und die gemeinschaftliche Anlage blieb nur noch im Teilbetrieb, weil es ein großes Kühlfach gab, das kurzfristig bei Notschlachtungen verwendet werden konnte. Mitte der 1970er-Jahre war es im Zuge von Renovierungsarbeiten am Anwesen Meyer abgebrochen worden.

Historische Orgel

Im Jahr 1741 ist für Möckenlohe zum ersten Mal ein Orgelneubau belegt. Ermöglicht wurde diese Anschaffung durch eine großzügige Spende der "gänsbergerischen Erben". Der Eichstätter Orgelbaumeister Johann Martin Baumeister bekam den Auftrag und lieferte eine Orgel mit sechs Registern in die Möckenloher Pfarrkirche. Möglicherweise war dann aber etwa 100 Jahre später ein anderes Instrument angekauft worden, was aus einem Inventar von 1839/40 zu erschließen ist; außerdem weist eine Bestandsaufnahme der Firma Bittner aus dem Jahr 1900 nun acht Register und damit ein größeres Instrument aus. Diese Orgel hatte - wie im Barock üblich - eine sogenannte "kurze Oktave" im Bass: eine Sparmaßnahme, bei der in der tiefsten Oktave die Töne Cis, Dis, Fis und Gis weggelassen wurden. Allerdings musste der Organist dabei auch in der Lage sein, die in der Klaviatur etwas anders als gewohnt angeordneten Töne richtig zu treffen. Der "Orgelwind" konnte nur von Hand erzeugt werden, nach Schilderungen älterer Dorfbewohner wurden über Seilzüge die Bälge auf dem Dachboden bewegt. Im Laufe der Zeit wurde es für die Organisten des 20. Jahrhunderts immer schwieriger, mit den musikalischen Eigenheiten eines barocken Instrumentes umzugehen. 1959 wurde schließlich der Entschluss gefasst, eine neue Orgel anzuschaffen.

Das alte Orgelgehäuse war wohl sehr hochwertig gearbeitet, denn es wird zusammen mit den barocken Altären in Felix Maders "Kunstdenkmäler Mittelfrankens" entsprechend erwähnt. Trotzdem hat sich bis heute kein Foto der alten Orgel finden lassen, sie wurde 1963 abgebrochen und durch eine neue Orgel der Firma Bittner aus Eichstätt ersetzt. Einige Zierelemente wie die sogenannten Schleierbretter waren aber dann wohl doch zu schade, um sie wegzuwerfen, und so werden auf dem Dachboden der Möckenloher Kirche bis heute kunstvolle Elemente der alten Orgel aufbewahrt.

Zwar bietet die 1963 erbaute Orgel dem Organisten weitaus vielfältigere Möglichkeiten als das kleinere Vorgängerinstrument, das Verschwinden dieser historischen und klanglich sicher sehr wertvollen Orgel ist aber trotzdem äußerst bedauerlich. Wenigstens haben sich mit den vergoldeten Zierelementen einige Reste über die Zeit retten können.

Verborgene Zugänge

Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt wird heutzutage von Norden her betreten. Das spitzbogige Steingewände der Tür weist darauf hin, dass Teile der Kirche bereits in der Gotik entstanden sind. Allerdings hatte das Gotteshaus in früheren Zeiten wohl ein mehr als doppelt so großes Hauptportal in der westlichen Wand. An dieser Stelle befindet sich nun schon seit vielen Jahrzehnten der Beichtstuhl. Hinter ihm verbirgt sich die zugemauerte Laibung des ehemaligen Zuganges, bei genauerem Hinsehen lässt sich darüber noch der gewölbte Sturz erkennen.

Auch der vormalige Zugang für Pfarrer und Ministranten ist mittlerweile zugemauert. Die alte Sakristei befindet sich an der Friedhofseite und schmiegt sich nördlich an den Kirchturm. Die Türe ins Innere des Gotteshauses führte nicht etwa - wie häufig andernorts - direkt in den Altarraum, sondern Priester und liturgischer Dienst betraten die Kirche zunächst unsichtbar hinter dem linken Seitenaltar und kamen dann erst zum Vorschein. Möglich war dies, weil beide Seitenaltäre früher etwas abgerückt von der Wand standen. Heute ist von dieser ungewöhnlichen Situation nurmehr eine Türe in der alten Sakristei geblieben, die Außenstehenden geheimnisvoll erscheinen mag - sie führt ins Nichts.

Verschwundene Kapelle

Im Herbst 1898 stellte Michael Donabauer (Hausname beim "Röbbe") einen Bauantrag zur Errichtung einer Feldkapelle, im darauf folgenden Jahr wurde der Bau genehmigt. Als Standort wurde eine Wiese am östlichen Ortsrand von Möckenlohe ausgewählt. Ihr äußeres Erscheinungsbild entsprach dem Geschmack der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, und sie war - ganz dem regionalen Baustil entsprechend - mit Legschiefer gedeckt. Die der Gottesmutter Maria geweihte Kapelle war begehbar, im Inneren befand sich eine Madonna, und man konnte an einer Kniebank ein Gebet verrichten. Links und rechts wuchsen zwei Lindenbäume, die im Laufe der Jahrzehnte eine beachtliche Größe erreicht hatten.

Im Zuge von Grundstücksverkäufen und Baumaßnahmen am Ortsrand von Möckenlohe wurde die mittlerweile baufällig gewordene Kapelle Mitte der 1960er-Jahre abgetragen. Auch hier hat sich leider kein Foto erhalten, nur auf Luftbildern ist sie schemenhaft zu erkennen. Ihr Erscheinungsbild wird im Detail wohl für die Nachwelt ein Geheimnis bleiben.

Im Jahr 2014 entstand an anderer Stelle eine neue Kapelle, errichtet von Hans Alberter und der heiligen Cäcilia geweiht. Auch hier zeigt sich der Wandel in einem Dorf: Manches verschwindet, anderes entsteht.

EK

Dominik Harrer