Denkendorf
Unterschlupf für einen Raubmörder

Hobbyforscher erkundeten die sagenumwobene "Gump-Höhle" in Zandt

12.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:05 Uhr
Die Besuchergruppe vor der Gump-Höhle in Zandt. −Foto: Foto: Hager

Denkendorf/Zandt (EK) Vor einiger Zeit ist Gerhard Meier aus Zandt beim Arbeitskreis Umwelt und Natur, einer Teilgruppe der Agenda 21, auf die "Gump-Höhle" zu sprechen gekommen. Als Bub hatte er erstmals von der Höhle im Wittelsbacher Forst gehört, in der ein Raubmörder gehaust haben soll.

Damals musste er bei der jährlichen Wallfahrt von Zandt nach Bettbrunn mitgehen, deren Wegroute unmittelbar an der besagten Höhle vorbeiführt. Beim Passieren der Stelle erzählten die Alten gelegentlich auch von einem gewissen Gump, dessen Untaten und seinem Unterschlupf in dem Felsloch. Das weckte die Neugierde des Jungen, diese Höhle selbst zu erkunden.

Wieder zuhause angekommen fand er gleich einige Freunden aus dem Dorf, die bereit waren - mit Taschenlampen und Seilen ausgerüstet - gemeinsam mit ihm in die Höhle vorzudringen. Bei ihrem Einstieg war es zunächst im Vorraum noch hell, doch als sie dann durch einen schmalen Gang weiter in die Tiefe gelangten, beendeten die beklemmende Enge und die Dunkelheit schnell ihren Forscherdrang und sie zogen unverrichteter Dinge wieder ab.

Erst später hat Gerhard Meier dann erfahren, dass der Bewohner der Höhle damals der berüchtigte Raubmörder Ferdinand Gump war, der in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts im Neuburger Donaumoos, aber auch darüber hinaus, sein Unwesen trieb. Bezeichnend für dessen Charakter war, dass der selbst seinen Freund Gänswürger - wegen einer Frau - erschossen hat. Und von diesem Gump heißt es, dass er eine Zeit lang in einer Höhle im Wittelsbacher Forst seinen Unterschlupf hatte.

Nach Meiers Schilderung reifte bei einigen Mitgliedern die Idee, diese ihnen unbekannte, geheimnisumwitterte Örtlichkeit einmal selbst in Augenschein zu nehmen. Sinn und Zweck sollte zudem auch sein, dass die Höhle und die Geschichten darüber nicht in Vergessenheit geraten. Man beschloss also, einen kleinen Ausflug dorthin zu unternehmen, dem sich auch einige Kinder anschlossen.

Die Höhle liegt in einer Felspartie an einem bewaldeten Abhang. Voller Elan stürmten die Kinder sofort, mit dicken Seilen und Taschenlampen ausgerüstet, den Hang hinauf, wo sie gleich mit der Erkundung des Felslochs und der Suche nach alten Überbleibseln von Gump begannen. Außer einer Feuerstelle (aus jüngerer Zeit) und einem Gang, der aber nach einer kurzen Strecke heute verfüllt ist, gab es leider keine besonderen Entdeckungen, so dass sie etwas enttäuscht die Höhle wieder verließen, um dafür auf den Felspartien davor herumzuklettern.

Wie Rudolf Götz weiß, war die Höhle früher wesentlich größer, bis sie aus Sicherheitsgründen teilweise eingefüllt wurde. Bevor die Gruppe den Rückmarsch antrat, erzählte Gerhard Meier noch alle Geschichten, die sich bis heute um diese Höhle und um Gump ranken. Es heißt, dass es seine Spielleidenschaft war, die Ferdinand Gump auf die schiefe Bahn brachte, und so kam er wegen Diebstahl erstmals ins Gefängnis. Bei der Entlassung lernte er seinen Freund Gänswürger kennen, mit dem er nun zahlreiche weitere Einbruchsdiebstähle bis zum Raubmord unternahm.

Von der Polizei gesucht und verfolgt, flüchtete er gelegentlich auch in die Nachbarkreise und versteckte sich dort einige Zeit. Die Höhle im Wittelsbacher Forst soll Gump eine Zeit lang als Versteck gedient haben. Da die Zeitungen in jener Zeit voll mit den Straftaten Gumps waren, war sein übler Ruf in der Gegend um Zandt schnell bekannt geworden und der Spruch "Schau dich um, der Gump geht um" bald auch in aller Munde. Alle kleinen Diebstähle, die damals vorkamen, dichtete man jetzt Gump an.

Im Februar 1873 passierte im nahen Sandersdorf tatsächlich ein Mord. Ein Unbekannter, so hieß es, habe auf dem Schloss den Stallschweizer erstochen. Natürlich stand für die Menschen in der ganzen Gegend schnell fest, wer der Mörder war.
Der Mordfall konnte allerdings bald geklärt werden: Ein Köschinger Schäfer und der Ingolstädter Soldat Rauch waren die Täter. Angeblich, so erzählte Gerhard Meier weiter, soll Gump hier einmal sogar gefangen genommen worden sein. Ein Waldarbeiter, der von den Diebereien gehört hatte, beobachtete eine verdächtige Gestalt in der Waldabteilung und alarmierte die Gendarmen. Die umstellten dann die Höhle und nach einem heftigen Schusswechsel wurde die Person festgenommen und als Gump identifiziert.

Die herbeigeeilte Menschenmenge hätte den "Verbrecher" am liebsten gleich gelyncht, die Gendarmen aber schützten ihn vor der aufgebrachten Menge und warfen ihn ins Gefängnis.

Nun kehrte in der ganzen Gegend wieder Ruhe ein. Gump konnte schließlich am 5. Juni 1873 in Wolnzach überwältigt und gefangen genommen werden; er kam hinter Schloss und Riegel, wo der berüchtigte "Donaumoosräuber" noch am 25. November des gleichen Jahres - nicht durch den Galgen, sondern an Tuberkulose starb. Ob all diese Geschichten, die Gerhard Meier erzählte, wirklich der Wahrheit entsprechen, mag dahingestellt sein, die Kinder jedenfalls hörten aufmerksam zu und diskutierten auf dem Rückweg noch lange, was sie damals gemacht hätten.