Eichstätt
Unter den Wolken

Meditation, Sehgenuss, Kunstform: Hubert Klotzeck schenkt Himmelsgebilden besondere Aufmerksamkeit

30.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:04 Uhr
Ein Wolkenwertschätzer: Hubert Klotzeck betrachtet und fotografiert Wolken und ist sogar Mitglied bei einer entsprechenden Gesellschaft, der "Cloud Appreciation Society". −Foto: Kurz

Eichstätt - Gehen Sie nach draußen und heben Sie den Blick: Die Chancen stehen gut, dass Sie welche sehen.

Denn sie sind oft da, mal groß, mal klein, hell oder dunkel, mächtig oder zart: Wolken.

Gedanken um die Tröpfchengebilde machen sich die meisten Menschen zwar nicht, aber viele schauen bei einem Gewitter in den Himmel oder fotografieren die rosaroten Wolken beim Sonnenuntergang. Doch manchen reicht das nicht; sie beschäftigen sich ausführlicher und ganz bewusst mit Wolken. Einer von ihnen ist der Eichstätter Hubert Klotzeck, der nicht nur Fotograf und Musiker ist, sondern auch Wolkenwertschätzer.

"Beim Betrachten löst man sich aus dem Alltag", berichtet er von dem Erlebnis, die Gebilde genauer anzuschauen. Man muss sich die Zeit nehmen und hingucken, und oft verrate die Art und Weise, wie man das tut, auch etwas über die Gemütslage: Hat man gerade frei oder viel Druck, kann man sich auf das Erlebnis einlassen?

Und noch mehr: "Wir verbinden unterbewusst viel mit Wolken", sagt er, und jeder kennt wohl das Spiel, in Wolken nach Schiffen, Riesen oder Skorpionen Ausschau zu halten. "Wir sind so geeicht, in allem etwas zu erkennen. "

Den Moment der Betrachtung müsse man nicht unbedingt festhalten: "Der eine fotografiert die Wolken, der andere malt sie, der dritte schaut sie sich nur an. " Allen gemeinsam ist die Wertschätzung, und es gibt sogar die "Cloud Appreciation Society", die Wolkenwertschätzergesellschaft. Man bewirbt sich mit ein paar Fotos und zahlt einen kleinen Mitgliedsbeitrag, und wer Mitglied ist, erhält zum Beispiel per Mail die Wolke der Woche. Natürlich ist auch Klotzeck dabei. Bei den Wolkenbildern, die auf der Webseite der Gesellschaft zu sehen sind, geht es allerdings nicht um den künstlerischen oder fotografisch-technischen Aspekt; es stehen die Wolken selbst im Vordergrund. Fotos von den Gebilden macht Klotzeck schon seit ein paar Jahren, oft geht er dafür auf die Jura-Hochfläche, wo man einen guten Blick hat. Mit einem kleinen Telezoom-Objektiv schießt er dann die Bilder, 20 bis 50 Kilometer sind die Wolken entfernt. Wenn man die Fotos anschaut, hat man oft das Gefühl, mittendrin zu sein in der Gewitterwolke oder auf Augenhöhe mit dem Cirrus-Wölkchen. Manchmal wird er gefragt, ob er die Bilder aus dem Flugzeug heraus mache.

Das Zwischen-Drin-Sein der Himmelsgebilde fasziniert Klotzeck; sie sind Boten und kündigen das Wetter an, das kommen wird, und sie schweben zwischen der festen Erde und der Unendlichkeit des Alls, halten sich an einem Ort der Atmosphäre auf, der fast schon "quasi-esoterisch" ist, sagt er. Schnell ist man bei allen möglichen Metaphern des Himmlischen und Göttlichen angekommen, ein Effekt, den das Betrachten von Gräsern oder Blumen vermutlich nicht hervorruft, oder zumindest nicht so schnell.

Auch das Momenthafte beschreibt Klotzeck als Besonderheit: Wenn er auf dem Weg nach Hause eine beeindruckende Wolkenlandschaft sieht, kann es sein, dass sie längst wieder verschwunden ist, wenn er seine Foto-Ausrüstung geholt hat und wieder draußen ist. Oft verändern Formationen so schnell ihr Aussehen, dass er nicht einmal das Objektiv wechseln kann, ohne dass nachher alles anders ist.

Die Wolkenkunde ist aber nicht nur Meditation, Sehgenuss oder Projektionsfläche; sie kann auch etwas Beunruhigendes haben. "Die Wolkenstimmungen haben sich verändert", sagt Klotzeck, "es gibt viel öfter typische Herbststimmungen mit gewaltigen Wolkenbergen. "

Die Großwetterphänomene, die man sonst nur von anderen Teilen der Erde kennt, würden mittlerweile auch bei uns auftauchen. "Die weltweiten Klimaveränderungen bilden sich am Himmel ab. "

Der Blick nach oben kann sich also lohnen - ob zur Entspannung oder um nach all dem Ausschau zu halten, was die Wolken ankündigen.

EK