Eichstätt
"Umbau dringend nötig"

Bei einem Studientag im Priesterseminar mit mehr als 100 Teilnehmern ging es um die Rettung des Waldes

19.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:55 Uhr
Diskussion mit (von links): Ralf Straußberger (Bund Naturschutz), Klaas Wellhausen (Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten), Josef Ziegler (Präsident Bayerischer Waldbesitzerverband), Professor Andreas Bolte (Thünen-Institut) und als Moderator Michael Heberling aus Eichstätt. −Foto: Wagner

Eichstätt - "Der Klimawandel mit immer mehr extremen Hitze- und Trockenheitsereignissen macht einen Waldumbau und Wiederaufforstung nötig", sagte der Hauptreferent Professor Andreas Bolte, Leiter des Thünen-Instituts für Waldökosysteme, am Samstag bei einem Studientag "So viel mehr als nur Holz!

Wie retten wir unsere Wälder? " im Priesterseminar in Eichstätt. Mit gut 100 Teilnehmenden aus dem Bistum Eichstätt und ganz Bayern war das Jesuiten-Refektorium des Priesterseminars in Eichstätt nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Thema hatte offensichtlich einen Nerv getroffen, vor allem auch bei vielen Waldbesitzern. Dazu trug wohl auch die hochkarätige Besetzung der Workshops und des Podiums bei; Veranstalter waren das Referat Schöpfung und Klimaschutz des Bistums Eichstätt und das Landesbildungswerk der KLB in Bayern e. V.

Bolte erläuterte die aktuelle Situation im Wald als Reaktion auf den Klimawandel. Zwar sei bei fünf bis zehn Prozent geschädigter Bäume bei den Fichten nicht von einem Waldsterben 2.0 zu sprechen, allerdings werde es zu einer "Kontinentalisierung" kommen. Trockene Perioden im Herbst und Winter verschärften durch eine geringere Auffüllung der Wasserstände die Situation durch die trockenen und heißen Sommer. Der Wandel des Klimas gehe ungefähr 10- bis 15-mal so schnell vor sich wie nach der letzten Eiszeit. Deshalb gebe es eine hohe Diskrepanz zwischen dem Wandel und der Anpassungsfähigkeit der Pflanzen.

Eine aktive Wiederbewaldung sei nötig, müsse aber mit einem Waldumbau einhergehen. Die Naturverjüngung sei gut, es sei aber von Fall zu Fall abzuwägen, ob sie ausschließlich der richtige Ansatz sei, denn "Assisted Migration" und die Anpflanzung von exotischen Baumarten müssten unbedingt mitgedacht werden. Waldtierbewirtschaftung und Jagd müssten dabei ihren Beitrag leisten. Nicht zuletzt müssten rechtliche Hemmnisse beim Saatgut in der EU abgebaut und Fördermittel für Wiederbewaldung und Waldanpassung erhöht werden.

Anschließend konnten die Teilnehmenden in zwei Runden an einem Angebot von vier Workshops und - erstmalig - auch einer Exkursion teilnehmen: Klaas Wellhausen, Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, stellte in seinem Arbeitskreis die Forstpolitik der Bayerischen Staatsregierung vor, Professor Bolte ging in seiner Gruppe nochmals vertieft auf seine Forschungsarbeit ein, Dr. Ralf Straußberger, Forst- und Jagdreferent des Bund Naturschutz Bayern, erläuterte die Sicht des Naturschutzes, und in der vierten Arbeitsgruppe stellten die beiden Förster Matthias Drexler und Peter Langhammer das schöpfungsfreundliche Waldkonzept des Bistums Passau vor. Wer gut zu Fuß war, konnte sich im nahe gelegenen Rosental von Elke Harrer von der Forstbetriebsgemeinschaft Eichstätt und Roland Beck vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten das Bewirtschaftungskonzept des Seminarwaldes zeigen lassen.

Konfrontiert mit verschiedenen Punkten, die sich aus den einzelnen Workshops des Tages ergeben hatten, und Fragen aus dem Publikum, beschäftigte sich das abschließende lebhafte Podium mit Professor Bolte, Klaas Wellhausen, Ralf Straußberger und Josef Ziegler, Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes. Eine kontroverse Frage war, wie stark beim - von allen als notwendig erkannten - Waldumbau auf heimische Arten oder auch auf Baumarten aus anderen Ländern gesetzt werden soll. Bolte und Josef Ziegler sprachen sich hier klar für ein offeneres Denken und intensiv gemischte Bestände aus, betonten jedoch auch, dass die Naturverjüngung und ein gewisser Fokus auf heimische Arten selbstverständlich wichtig seien. Dagegen stellte Ralf Straußberger infrage, ob man mit öffentlichen Geldern die Ansiedlung von Baumarten fördern sollte, bei denen unklar sei, ob sie sich in das heimische Ökosystem einfügen würden, wie bei bis zu 70 Prozent Douglasien, die möglich seien. Klaas Wellhausen legte dar, dass der Bayerische Staat Konzepte wie "Assisted Migration" im Blick habe, vorrangig aber auf heimische Arten und auf Naturverjüngung setze.

Auch in der Frage, wie Arten- und Klimaschutz beim Wald ineinandergreifen müssen, wurde um Detailfragen wie die Belassung von Totholz im Wald heftig gerungen, obwohl auch hier niemand grundsätzlich infrage stellte, dass nur ein gesunder Wald eine Chance hat, sich dem Klimawandel anzupassen. Es müsse, betonte Waldbesitzerpräsident Ziegler, einen guten Arten-Mix geben, der auch im Blick habe, was am Markt an Holz nachgefragt werde. Er freue sich, dass durch die aktuelle Debatte der Wald als erstes heimisches Opfer des Klimawandels sichtbar werde. Schließlich warb er für Holz als Baustoff, der je Kubikmeter eine Tonne CO2 speichere, wohingegen Beton je Kubikmeter drei Tonnen CO2 freisetze.

Bezüglich der neu beschlossenen CO2-Abgaben herrschte zwar grundsätzlich Einigkeit unter den Diskutanten, dass Mittel aus diesen Einnahmen auch den Waldbauern zugutekommen müssten, da diese wesentlich Geschädigte des Klimawandels seien. Den Abschluss des Tages bildete eine Vesper in der Kapelle des Priesterseminars, die die Teilnehmenden des Studientages zusammen mit der Referentin für Landpastoral des Bistums Eichstätt, Agnes Mayer, feierten.

EK