Titting
Die Weizenbier-Spezialisten

Die Tittinger Brauerei Gutmann gilt als Vorzeigebetrieb Jetzt hat sie auch den Generationswechsel geschafft

18.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:48 Uhr

Foto: Richard Auer

Titting (EK) Die Brauerei Gutmann in Titting steht im Jubiläumsjahr des Reinheitsgebots da wie eine Eins: Die technische Ausstattung ist auf modernstem Stand, die wertvollen historischen Gebäude sind perfekt restauriert - und auch der Generationswechsel ist in großer Gelassenheit gelungen.

Ohne großes Aufsehen hat vor knapp einem Jahr der schon länger eingeleitete Generationswechsel stattgefunden. Bisher waren die Chefs die beiden Brüder Fritz und Hans, wobei Fritz als "Außenminister" und Hans als "Innenminister" wirkte. Seit vergangenem August hat der Diplom-Braumeister Michael Gutmann (33), der Sohn von Fritz Gutmann senior, offiziell die Betriebsführung inne. Sein Bruder Fritz (34), studierter Diplom-Kaufmann mit Wohnsitz in Nürnberg, kümmert sich um den Vertrieb. Der Onkel Hans Gutmann ist nach wie vor voll im Betrieb eingebunden, führt dort aber auch bereits seinen Sohn Sebastian (19), ins Geschäft ein, denn Sebastian hat soeben in Freising die Brauerlehre abgeschlossen. Fritz senior hält nach wie vor die Kontakte zu den Kunden und ist, so der Sohn "unser bester Ratgeber". Und Braumeister ist wie schon seit 30 Jahren Richard Hofmeier. Die Brauerei Gutmann mit ihren etwa 40 Mitarbeitern ist also ein klassischer Familienbetrieb, in dem alle mit anpacken.

Gutmann hat sich schon lange ausschließlich auf Hefeweißbier spezialisiert, und da macht den Tittingern so schnell keiner was vor. Es gibt neben dem "Flaggschiff", dem normalen Weizenbier, auch noch ein sehr beliebtes leichtes Weißbier, seit sieben Jahren auch ein alkoholfreies Weißbier, ein dunkles Weißbier - und in der Adventszeit einen Weizenbock. Gebraut wird nach dem "altbayerischen Verfahren" - das Bier gärt zuerst in nach oben völlig offenen, relativ niedrigen Edelstahlbottichen, auf denen dick die Hefe schäumt, und danach wird es sofort in Flaschen abgefüllt, erhält noch etwas frische Sudhauswürze dazu und gärt und reift dann zu Ende. Die Alternative wäre die "Tankreifung", verbunden mit einer Kurzzeiterhitzung - nichts für die Tittinger. Ihr Bier "lebt". Und deswegen liegt die Haltbarkeit auch "nur" zwischen drei und vier Monaten, wie Michael Gutmann erklärt. "Alte Gemäuer, niedrige Bottiche - da kann sich die Hefe optimal entfalten", sagt der Diplom-Braumeister. Die spezielle Gutmann-Hefe, wohl gehütet, wird immer schon vom laufenden Sud für die nächste Charge abgeschöpft, ein ewiger Kreislauf. Bei den Rohstoffen geht das Regionalprinzip fast schon ins Extrem: Gutmann hat immer noch eine eigene Landwirtschaft und produziert dort Braugetreide für die eigene Brauerei. Weil das natürlich nie und nimmer reichen würde, hat Hans Gutmann vor vielen Jahren zusammen mit dem Bauernverband die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide Jura-Land mit Landwirten aus der Gemeinde und ihrer nächsten Umgebung ins Leben gerufen. 30 Bauern produzieren Braugetreide für Gutmann, nach den strengen Richtlinien des Integrierten Landbaus. Ausschließlich dieses Getreide kommt als Malz ins Bier - und ein Drittel des Bedarfs wird sogar in der Brauerei selbst gemälzt, also zum Keimen gebracht. Von den 630 bayerischen Brauereien würden sich höchstens noch 15 diesen Aufwand leisten, sagt Michael Gutmann stolz. Bei der Getreideernte muss übrigens regelmäßig die ganze Großfamilie ran, auch der jüngste Bruder Raphael, der eine Firma für die Vermittlung von Fußballspielern hat und sich ansonsten hauptsächlich um die Gastwirtschaft Am Graben kümmert. "Nur so verliert man den Bezug nicht", ist Michael Gutmanns Überzeugung.

Den Bezug wollen die Gutmänner auch zu den Kunden nicht verlieren. Obwohl die Nachfrage im weiten Umkreis groß ist, sieht die Brauerei ihr Kernabsatzgebiet doch in einem Radius von 80 bis 100 Kilometern. Man liefert zwar auch weiter, aber nur, wenn gesichert ist, dass der Vertrieb zuverlässig funktioniert und das Bier nicht ewig rumsteht. "Die Qualität muss beim Kunden ankommen." Zur Frage nach Wachstumsperspektiven sagt Gutmann: "Wir wollen die bestehenden Geschäftsbeziehungen gut pflegen, aber nicht offensiv nach außen gehen."

Bodenständig und verwurzelt präsentiert sich Gutmann, und dazu gehört auch der Betrieb der eigenen Gaststätten: das Wirtshaus "Zum Gutmann" mit Kleinkunstbühne in Eichstätt, und das "Gutmann am Dutzendteich" in Nürnberg, das traditionsreiche ehemalige Ausflugslokal "Wanner", das Gutmann komplett runderneuert hat, und nicht zu vergessen das "Bräustüberl" in Titting selbst. Einmal im Jahr aber wird die Brauerei selbst zum riesigen Veranstaltungsort: beim Tittinger Kellerfest Mitte August, zu dem die Gäste massenhaft mit Bussen anreisen. Das Fest hat längst Kultstatus - und ist ein Werbeträger erster Güte. Es wird gefeiert, getrunken und gegessen, und viele Gutmann-Fans bestaunen bei den Führungen die top-modernen Anlagen, zu denen auch ein großes Labor, das ehemalige fürstbischöfliche Wasserschloss oder das historische "Ochsenhaus" gehören. Dort befindet sich heute die Verwaltung. Alle Gebäude wurden in den vergangenen Jahren mit riesigem denkmalschützerischem Aufwand vorbildlich saniert.

Wer nicht bis zum Kellerfest warten mag: Von Mai bis September bietet die Brauerei Gutmann wöchentlich kostenlose Betriebsführungen an, jeden Donnerstag um 15 Uhr. Anmeldung wird bei Annemarie Kößler unter (08423) 99 66-0 erbeten.