Dollnstein
Sympathische neue Volksmusik

Beim AK Kultur Dollnstein spielte die Gruppe "ScheinEilig"

08.05.2019 | Stand 02.12.2020, 14:01 Uhr
"ScheinEilig" begeisterte das Publikum in Dollnstein. −Foto: Mayer

Dollnstein/Breitenfurt (max) Mit dem Gewinner des Fraunhofer-Volksmusikpreises 2019, der Gruppe "ScheinEilig", gastierte beim AK Kultur Dollnstein ein absoluter Hochkaräter.

Das aus dem schwäbischen Violau stammende Trio versteht sich als Katalysator für die Wiederentdeckung der klassischen und ihrer Umformung zur sogenannten "Neuen Volksmusik". Spieltechnisch präsentieren sich die Brüder Johannes (Trompete) und Martin (Akkordeon, Ziach) auf höchstem Niveau, unterstützt von ihrem nicht mehr ganz so jungen Bassisten, der sich als der das Helikon blasende liebevolle Vater Stefan Hegele herausstellt. Gerade in der neuen Volksmusik erlebt das Helikon, das über die Schulter geschwungen gespielt wird und seinen Namen vom Berg Helikon in Griechenland hat, wieder eine Renaissance. Was "ScheinEilig" bot, war ein Mix aus humorvollen, dann wieder nachdenklichen Eigenkompositionen und Songs aus einer längst vergangenen Epoche, nämlich populäre Musik aus den 20er- und 30er-Jahren. Man hat Max Raabe im Kopf, dessen leicht näselnde Kopfstimme, der den Text sehr zackig, mit stark rollendem "r" und prägnanten Konsonanten präsentiert. "ScheinEilig"bedient sich hier eines originellen Einfalls und beamt seine Zuhörer mittels eines Megaphons in diese Zeit zurück, deren Texte durchaus etwas makaber waren. So bei "Ich fahr mit meiner Klara in die Sahara zu den wilden Tieren. " Dabei spielt die Hoffnung mit, die Frau mittels Löwen zu entsorgen. Überhaupt sind es immer Frauennamen, die diesen Liedern ihre Prägung gaben und davon gab es viele zu hören. Natürlich ist dann die Rede von der "Elisabeth, die so schöne Beine hat", aber auch der Inge, jener "Inoffziell Nicht Genehmigten Eroberung" oder der wundervollen "Helene".

Die Truppe hat ihre ganz eigene, unkonventionelle Herangehensweise an Musik gefunden, vor allem da sich Martin als Meister seines Faches auf dem Akkordeon beziehungsweise der Steirischen entpuppt. Insgesamt ist es ein brillanter Ideenreichtum, mit dem die drei sympathischen Schwaben ihre Musik anreichern. Die Sommersprossen aus den 1980er-Jahren verpacken sie amüsant im Schlager-Gewand oder im Neue-Deutsche-Welle-Stil. Zwischen den Stücken plaudert Johannes, erzählt kleine Anekdoten, manchmal auch Komisches.

Was sie musikalisch drauf haben, stellen die drei immer wieder bei ihren Instrumentalstücken unter Beweis, die teilweise von Martin selbst komponiert und von allen drei gemeinsam arrangiert werden. Sie wagen sich an klassische Musik heran und transformieren Smetanas Moldau auf ihre volksmusikalische Besetzung. Ein bisschen Satire darf als Salz in der Suppe nicht fehlen. "Der Zug um 7.40" ist als musikalische Antwort auf die Verspätungen bei der Deutschen Bahn zu verstehen.

Eine wunderbare Atmosphäre schafften die drei Schwaben auch durch ihr unkompliziertes, natürliches Auftreten. Die lockere Stimmung steckte auch die Zuschauer an und ließ das Konzert zu einem unvergesslichen Erlebnis werden.