Eichstätt
Stimmen von Bürgern: Sich selbst erfahren und ausprobieren

06.07.2021 | Stand 06.07.2021, 19:15 Uhr

Eichstätt - Schon früh am Morgen passierte ein in Eichstätt tätiger, im Rheinland aufgewachsener Sanitäter den Stand der "Engagement-Tour": "Hier in einer eher ländlich geprägten Region gibt es ein viel größeres Engagement als in der Stadt.

"In städtischen Regionen habe er bisher eine wesentlich geringer ausgeprägte Engagement-Bereitschaft erlebt. Er betrachtet - ob in der Stadt oder auf dem Land - bürgerschaftliches Engagement als Verantwortung und Verpflichtung für jeden einzelnen Bürger.

Als hervorragende Möglichkeit, seine Umwelt aktiv mitzugestalten, beschrieb Jochen Grammer, der sich tatkräftig beim Verein "Bahnhof lebt! " engagiert, seine zentrale Motivation, sich neben Beruf und Familie für eine gute Sache einzusetzen: "Man lernt dabei, achtsam und offen mit Menschen umzugehen und das auch zu verinnerlichen", so Grammer. Allerdings seien Freiräume schon stark eingeschränkt: "Engagement würde sehr erleichtert werden, wenn Arbeitgeber hier mit Stundenreduktionen entgegenkommen könnten. " Engagement könne auch frustrieren, betonen Gereon Wetzel und Anna Ginesti Rosell. Ihren langjährigen Einsatz für sicherere Schulwege und bessere Radwege in Eichstätt hätten sie ohne Erfolg enttäuscht eingestellt.

Die ganze Vielfalt an Triebkräften, die vor allem junge Menschen zur bewussten Entscheidung zu einem ehrenamtlichen Engagement bringen, kennt Jakob Streller, Koordinator der Bundesfreiwilligendienste (BFD) bei der Caritas. Viele junge Menschen wählten einen sechs- bis 18-monatigen Dienst beim BFD, um Klarheit über ihren zukünftigen Beruf zu erhalten und die Chance zu nutzen, sich selbst zu erfahren und "auszuprobieren", gerade in einem sozialen Beruf. Nach Abschluss des Freiwilligendienstes, so die Erfahrung Strellers, vereint sie alle eins: die positiven Erfahrungen, nach Schule oder Ausbildung ein neues Tätigkeitsfeld kennengelernt und viele Berührungsängste überwunden zu haben. Dass Engagement bisweilen auch einige Spannungsfelder eröffnet, darauf wies ÖDP-Stadträtin Maria Lechner im Gespräch hin. Für sie bedeutet Engagement Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit, aber auch zeitliche Opfer, etwa für die Familie: "Die Vorbildfunktion für Kinder, wenn Eltern sich engagieren, sehe ich aber als großen Wert", so Lechner. Engagement insgesamt werde oftmals nicht ausreichend wertgeschätzt, da viele Menschen dieses gerne "auslagern", indem sie die Verantwortung für Handeln auf andere Menschen, Parteien oder Gruppen, abwälzen.

EK