Eichstätt
Stadtgeschichte im Schaufenster

Förderverein Stadtmuseum legt Fokus diesmal auf die Wasserversorgung und auf den Forscher Ignaz Pickl

12.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:38 Uhr
Stillleben am Marktplatz: DieVorsitzende des Stadtmuseumsfördervereins, Beate Hueber, und der Künstler Stefan Weyergraf-Streit freuen sich über eine neue Runde des Ausstellungsprojekts "Schau.Fenster.Tour", die Alltagsgeschichte aus dem 19. und 20. Jahrhundert und die Eichstätter Persönlichkeit Ignaz Pickl genauer beleuchtet. −Foto: Asbach-Beringer

Eichstätt (tab) Mit neuen Themen wartet der Förderverein Stadtmuseum in der Eichstätter Innenstadt auf. Das Projekt "Schau.Fenster.Tour", das im Frühjahr dieses Jahres erfolgreich an den Start ging, durchläuft jetzt eine neue Runde. Diesmal liegt der Fokus auf der Wasserversorgung, dem Jurastein, der Verkehrsanbindung und den Forschungen des europaweit bekannten Eichstätter Wissenschaftlers und Jesuiten Ignaz Pickl.

Pickl hatte im 18. Jahrhundert aus dem Priesterseminar Eichstätt heraus die Wissenschaftswelt bewegt und dafür zahlreiche Ehrungen und verlockende Angebote von großen Universitäten bekommen. Er blieb jedoch seiner Heimatstadt treu. Eine Sonnenuhr aus der Sammlung Pickls gehört beispielsweise zu den interessanten und anekdotenreichen Leihgaben von Eichstätter Vereinen und Privatleuten, welche die vielfältigen Schlaglichter der Stadtgeschichte lebendig werden lassen.
In einem Schaufenster des ehemaligen Haushaltswarengeschäfts Eisenhart am Marktplatz sticht zudem eine Zinkbadewanne ins Auge, die deutlich macht, dass die städtische Wasserversorgung vor rund 150 Jahren noch eine ganz andere war. Damals kannte man weder einen häuslichen Anschluss an ein Wassernetz noch eine funktionierende Kanalisation. Das Badewasser wurde stattdessen aus einem nahegelegenen Brunnen - meist einem Flachbrunnen - geschöpft und das Abwasser verlor sich irgendwo zwischen Hof, Garten und Straße oder floss ungehindert in die Altmühl. Sauberes Trinkwasser war im vorletzten Jahrhundert noch selten. Die Mehrzahl der Brunnen lieferte laut der königlichen Untersuchungsanstalt Erlangen "von Jauche und Salpeter verseuchtes Wasser".

So machte man sich 1888 an den Bau einer Wasserleitung, die öffentliche Brunnen versorgte. In jenem Jahr war im EICHSTÄTTER KURIER davon zu lesen, dass die provisorischen Holzschächte, in denen das Wasser aus Quellen unterhalb der Altmühl gesammelt wurde, "für Gerüchte ... bezüglich der Qualität des Wassers sorgen".

Die neben der Badewanne drapierten Mineralwasserflaschen aus dem Stölzl-Anwesen bezeugen den damaligen Ansturm auf sauberes Mineralwasser, besonders auch auf Bitterwasser, das aufgrund seiner Inhaltsstoffe als Heilgetränk galt. Der Ausbau des Rohrnetzes durch alle Straßen in private Haushalte erfolgte erst um 1900. Glücklicherweise - so ist auf der Texttafel im Schaufenster zu lesen - haben sich sowohl der Badekomfort als auch die Wasserreinheit bis zum heutigen Tag stetig verbessert. Wasserrahmenrichtlinien und Trinkwasserverordnungen samt Grenzwertüberwachungen garantieren gegenwärtig eine stete Kontrolle sowie unbedenklichen Konsum.
Parallelen zur Moderne werden auch beim Bahn- und Jurasteinthema gezogen. So lässt sich die idyllische Peripherielage Eichstätts fern aller Hauptverkehrsachsen ein Stück weit durch die Stichanbindung an die Bahnstrecke München-Nürnberg erklären. Und vielleicht ist der Erhalt der vielgepriesenen Schönheit der Stadt auch der oft kritisierten Abgeschiedenheit zu verdanken. Ebenso werden in der Ausstellung die Enthusiasten gepriesen, die sich in unserer schnelllebigen Zeit für den Erhalt der für die Region typischen Jurahäuser einsetzen.
Die Vergangenheit spiegeln in erster Linie die vielen Sammlerobjekte wider, die gewissermaßen als Zeitzeugen von der jeweiligen Epoche berichten. Durch interessante Inszenierungen der Exponate, die der Eichstätter Künstler Stefan Weyergraf-Streit geschaffen hat, bekommen die Darstellungen eines längst vergangenen Alltagsgeschehen ihre ganz individuelle Note. Die Exponate stammen dabei wie die Zinkbadewanne aus dem Depot des Historischen Vereins oder aus Privatsammlungen verschiedenster Eichstätter Bürger, darunter das von Sepp Rubensberger gefertigte Jurahausmodell sowie die über hundert Jahre alten Mineralwasserflaschen der Firma Stoelzl, eine Modelleisenbahn von Wilhelm Eisenhart und das Steinbrecherwerkzeug samt Schürze von Clemens Nissl aus Obereichstätt. Das Priesterseminar stellte als ältestes Objekt der Ausstellung die originale Sonnenuhr des Eichstätter Gelehrten Ignaz Pickl zur Verfügung. Zusammen lassen die Kuriositäten nun als buntes Potpourri am Marktplatz in den Schaufenstern der KU Eichstätt (ehemalige Volksbank) sowie des früheren Haushaltswarengeschäfts Eisenhart Eichstätter Stadtgeschichte wieder auferstehen.
Fördervereinsvorsitzende Beate Hueber zeigt sich dankbar für die kostenlose Überlassung der Objekte und Schaufenster sowie für die Sponsorengelder, die von Seiten der Stadt Eichstätt, der Sparkasse Ingolstadt Eichstätt, der Kulturstiftung Oberbayern, der Willibald-Schmidt-Stiftung Beilngries, des Bezirks Oberbayern sowie der Mitglieder des Stadtmuseumsfördervereins geflossen sind: "Ohne die vielen Zahnrädchen und das phänomenale Netzwerk, das wir für unser "Schau.Fenster.Tour"-Projekt aufbauen konnten, wären wir nicht in der Lage, solch gewinnbringende und bürgernahe Aktionen zu stemmen."