Stammham
Rezepte sind ihr Leben

Christine Haas hat schon elf Kochbücher veröffentlicht - mit einer Gesamtauflage von fast 250000 Stück

12.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:41 Uhr
Christine Haas beim Zubereiten des Gemüsestrudels (oben): Sie verteilt gerade die zerkleinerten Gemüsestücke auf dem vorbereiteten Teig. Auf dem unteren Bild ist der fertige Strudel mit der dazugehörigen Eiersoße zu sehen. −Foto: Schmidl/Haas

Stammham (EK) "Ich denke den ganzen Tag an Essen", bekennt Christine Haas ganz offen. Dabei ist die 47-jährige Stammhamerin absolut schlank. Und dennoch glaubt man ihr diese Aussage. Denn zum einen schlägt nach ihren eigenen Worten bei ihr nichts an, zum anderen - und das ist in diesem Zusammenhang viel wichtiger - ist Haas Kochbuchautorin, und ihre Gedanken, die ums Essen kreisen, sind überwiegend rein beruflicher Natur. Sie probiert ständig neue Rezepte aus.

Elf Bände mit Rezepten zu den unterschiedlichsten Themen sind dabei in den zehn Jahren, seit sie Kochbücher veröffentlicht, herausgekommen - mit der schier unvorstellbaren Auflage von bisher knapp 250000 Stück. Von Kuchen über Aufstriche bis hin zu Hauptspeisen reicht dabei die Palette.

Alle Rezepte sind für die Zubereitung im Thermomix, der für viele eine Art Küchenzaubergerät darstellt, beschrieben. Nicht, weil sie mit der Herstellerfirma etwas zu tun hat, wie sie sagt - denn "ich bin absolut selbstständig" -, sondern einfach, weil sie von den Geräten begeistert ist und damit das Kochen ihrer Meinung nach viel schneller geht. Aber alle Rezepte funktionieren nicht nur mit dem "TM31" und dem "TM5", sondern ebenso auf herkömmliche Weise, betont Haas, nur dass man dann halt mehr schnippeln oder länger Teig kneten müsse und das Ganze dadurch etwas länger dauere.

Im Oktober soll nun der zwölfte Band erscheinen, der sich der fleischlosen Küche widmet und für den Haas gerade noch am Feinschliff verschiedener Gerichte tüftelt. So gibt es zu Demonstrationszwecken an diesem Tag einen Gemüsestrudel mit Eiersoße (das komplette Rezept dafür hat Haas im Übrigen bereits vorab als Anreiz auf der Internetseite www.christines-rezepte.de veröffentlicht). Als der fertige Strudel aus dem Ofen kommt, fällt beim Verkosten auf, dass er etwas mehr Salz vertragen würde und ihm zudem ein Tick mehr Schärfe gut getan hätte. Also passt Haas sofort die entsprechenden Zutatenmengen an.

Bis zu zehnmal kann es dauern, bis ein Rezept den Ansprüchen der Stammhamerin genügt. "Ich bin eine Oberperfektionistin", sagt sie dazu. Natürlich hat Haas zum Ausprobieren auch Testesser - etwa in der Nachbarschaft oder in der Verwandtschaft -, an die sie das Essen verschenkt mit der Bitte um eine Einschätzung des Rezepts und auch um Verbesserungsvorschläge.

Bereits im Alter von 14 oder 15 Jahren habe sie damit angefangen, aus Zeitschriften Rezepte herauszureißen, und diese gesammelt. Ganze Ordner mit solchen Schnipseln hat sie inzwischen. Aber dass sie damit einmal ihren Lebensunterhalt bestreiten würde, das war nicht geplant. Vor etwa zehn Jahren kam dann doch alles ganz anders. Ihr erster Band - mit Kuchenrezepten - hatte sich Haas zufolge "ratzfatz verkauft". Und dabei hatte sie damals noch Sorge, dass sie auf einem Teil der Auflage - 500 Stück waren das Minimum, das sie abnehmen musste - sitzenbleiben würde.

Als sie dann "etwa bei Band 3" angelangt war, verlagerte ihr damaliger Arbeitgeber ihre komplette Abteilung von Ingolstadt weg, und sie beschloss, für einen Halbtagesjob nicht eineinhalb Stunden einfache Strecke auf sich zu nehmen und sich stattdessen mit ihren Kochbüchern selbstständig zu machen.

Dass dies die richtige Entscheidung war, steht heute außer Frage. Inzwischen ist die 47-Jährige nicht nur Köchin und Buchautorin, sie hat sogar ein kleines Unternehmen mit vier Angestellten aufgebaut. Im Keller ihres Hauses stapeln sich 10000 bis 20000 Exemplare ihrer Bücher. Ganz zu schweigen vom Verpackungsmaterial, das für deren Versand nötig ist. Denn gut drei Viertel der Bücher, schätzt Haas, verkauft sie über ihren eigenen Online-Shop, den Rest über den Buchhandel oder über Versender wie Amazon. Die Stapel im Keller sind aber nicht die einzigen. Inzwischen hat Haas noch ein Lager angemietet, und weitere Exemplare liegen bei ihrer Druckerei.

Wie sie zu ihren hohen Verkaufszahlen gekommen ist, kann sich Haas eigentlich selbst nicht so recht erklären. "Es war alles Mundpropaganda", sagt sie und fügt an: "Und auch ein paar positive Facebook-Posts von zufriedenen Nutzern."

Heute hat Haas jedenfalls schon Stammkunden, die automatisch das neueste Buch zugesandt bekommen wollen. Und die zudem offensichtlich ihren Bekannten auch ältere Bücher empfehlen. Denn außer wenn eine Neuerscheinung auf den Markt kommt, die dann natürlich am stärksten nachgefragt ist, verkaufen sich alle Bücher über die Jahre in etwa gleich gut, sodass die ersten Veröffentlichungen teilweise schon zehnmal oder öfter nachgedruckt werden mussten.

Ihre treuen Leser kann Haas beruhigen. Denn auch der bald erscheinende zwölfte Band wird nicht der letzte sein. Die Stammhamerin hat noch viele Ideen. "Süßspeisen würden mich nochmal reizen", sagt sie. Und auch der Nachfrage nach neuen Kuchenrezepten will sie nachkommen. Zudem denkt sie auch an ein Buch mit Cocktails. Und wenn sie selbst ausgeht und sich in einem Lokal bekochen lässt, fällt ihr sicher noch viel mehr ein.

Eines kann Haas dabei aber nicht lassen: Sie zerpflückt das Essen in einem Restaurant stets auf dessen Zutaten hin. Denn: "Essen gehen ohne Nachdenken geht gar nicht."