Ingolstadt
"Nicht alles sofort zerreden"

Diskussionspartner zum Holzheizkraftwerk sprechen sich für das Projekt in Kösching aus

16.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:01 Uhr
Aus dem Veranstaltungsraum im DONAUKURIER-Verlagsgebäude wurde die Podiumsdiskussion ins Internet übertragen. Die Teilnehmer hatten Corona-Tests vorgelegt, sodass Bürgermeister Ralf Sitzmann (2. v. l.), Matthias Stark (3. v. l.), Rüdiger Recknagel (2. v. r.) und Tobias Mayinger ohne Maske diskutieren konnten. Moderiert wurde die Runde von Redakteurin Tanja Stephan (r.) und dem stellvertretenden Ingolstädter Lokalchef Marco Schneider (l.). −Foto: Hammer

Ingolstadt - "Einen besseren Platz werden wir in Bayern dafür nicht mehr finden.

" Köschings Bürgermeister Ralf Sitzmann (UW) hob in der Podiumsdiskussion des DONAUKURIER am Donnerstagabend zum Thema "Holzheizkraftwerk in Kösching" deutlich hervor, dass er den jetzt dafür geplanten Standort zwischen TAL und Gunvor-Raffinerie für "perfekt" halte, nachdem der früher ins Auge gefasste, näher an der Wohnbebauung gelegene "sensibler" gewesen sei. Er verstehe die Bürger und ihre Bedenken, so der Rathauschef, aber man solle "nicht alles sofort zerreden". Damit sprach er indirekt auch die Bürgerinitiative an, die ihre Teilnahme als Kraftwerksgegner kurzfristig abgesagt hatte - trotz des Angebots seitens des DK, einen weiteren Diskussionspartner eigener Wahl einladen zu können.

Hinsichtlich der von vielen Bürgern befürchteten Emissionen, die das Kraftwerk produziere, konnte Matthias Stark, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für neue Energie-Systeme an der THI, beruhigen. Die Grenzwerte seien genau vorgeschrieben, und vergleichbare Holzheizkraftwerke in Deutschland seien "oft viel besser als diese Werte". Dies bestätigte auch Tobias Mayinger, Vorstand des Energieerzeugers Prolignis, der das Kraftwerk bauen will. "Die strengen Grenzwerte werden von uns eingehalten", betonte er und schob nach, dies sei "für uns keine Herausforderung. " Die Werte würden sogar "weit unterschritten". Es sei zudem vertraglich geregelt, was im Heizkraftwerk verbrannt werden dürfe, beispielsweise keine belasteten sogenannten A2-Hölzer. Und dies werde auch überprüft.

Die Forderung, ein kleineres Kraftwerk zu bauen, nannte Mayinger zwar eine "gute Idee", aber man solle wegen der dringend notwendigen Energiewende auch dort beginnen, wo der größte Energieabnehmer - in diesem Fall Audi - angesiedelt sei, und dementsprechend planen.

Warum der Autobauer, der die Energie von Prolignis abnehmen will, nicht auf seinem Ingolstädter Werksgelände ein Biomasseheizkraftwerk baue, konnte der Audi-Umweltbeauftragte Rüdiger Recknagel einfach erklären. "Wir haben bei uns keine Möglichkeit", sagte er. Es werde um jeden Quadratmeter gekämpft. Und er fügte an: "Ich hätte gerne noch ein Grundstück. "

Prolignis rechnet im Übrigen mit täglich 29 Lkw, die entweder Hackschnitzel anliefern oder Asche mitnehmen. Die Routen zum Heizkraftwerk seien mit den Speditionen vertraglich festgelegt, um den Verkehr nicht durch Ortschaften laufen zu lassen. Laut Sitzmann funktioniert das schon bisher mit dem Interpark-Verkehr gut. "Wir haben beste Erfahrungen mit den gelenkten Strömen. " Sollte es tatsächlich einmal Probleme geben, habe man ein schnelles Regulativ: die Beschwerden der Bürger. Die entstehende Rostasche könnte Bio-Landwirten auch als zertifiziertes Düngemittel zur Verfügung gestellt werden.

Auch den Vorwurf von Kritikern, Kösching entwickle sich angesichts zahlreicher Schlote und hoher Industriebauten immer mehr zum "kleinen Ruhrpott", konterte der Bürgermeister. "Wir waren schon immer eine Industriegegend und haben auch viele Vorteile dadurch. " Sitzmann erinnerte dabei an die Gewerbesteuerzahlungen, die Investitionen wie etwa für das neue Bad ermöglichten. "Wir haben sehr gute Gewerbebetriebe und sind froh über die Ansiedlungen. "

Befürchtungen von Waldbauern, dass es einen Preisverfall für Holz geben werde, entgegnete Mayinger: "Das Gegenteil ist der Fall. " Denn zusätzliche Nachfrage führe in der Regel zu höheren Preisen. Prolignis strebe eine langfristige Zusammenarbeit mit den Waldbesitzern an und zahle ohnehin die üblichen Marktpreise plus eventuell einen Zuschlag, wenn keine langen Anfahrtswege anfielen. Das Holz für das geplante Kraftwerk in Kösching komme aus einem Umkreis von nicht mehr als 150 Kilometern, ergänzte Recknagel. Andernfalls wäre es auch nicht mehr CO2-neutral, was Audi aber sehr wichtig sei.

Auf die Kritik, dass Überreste von Bäumen verheizt werden anstatt im Wald zur Humusbildung zu verbleiben, antwortete THI-Mitarbeiter Stark, man brauche zwar Urwälder, aber auch die Forstwirtschaft. Holz müsse aus den Wäldern entnommen werden, es gebe ja sogar Wälder speziell für die holzverarbeitende Industrie. Es sagten zwar alle, dass sie für erneuerbare Energien seien, "aber nicht vor meiner Haustür", so Stark.

Letztlich waren die Diskussionsteilnehmer dafür, dem Projekt eine Chance zu geben und sich dabei auf den jetzt ins Auge gefassten Standort zu konzentrieren. Denn sonst, so Prolignis-Vorstand Mayinger, "wird ein riesengroße Chance vertan".

DK

Norbert Schmidl