Eichstätt
Mit dem Mut einer kleinen Mimose

Christian Springer präsentierte sein Programm "Alle machen, keiner tut was" im Asthe

23.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:45 Uhr
"Können Sie sich Herrn ,Opflsoft? als Minister vorstellen?": Christian Springer bei seinem Gastspiel in Eichstätt. −Foto: Buckl

Eichstätt (EK) "Alle machen, keiner tut was" lautet der Titel des jüngsten Programms des bayerischen Kabarettisten Christian Springer. Doch nun zeigte er dem Publikum im Saal des Alten Stadttheaters in Eichstätt, wie man eben doch "was tun" kann: Die Besucher erlebten einen Abend, der demonstrierte, wie man Gags und Goodwill, Humor und Humanität, Esprit und Engagement bestens miteinander verbinden kann. Springer zeigt, dass Moral nicht immer "moralinsauer" daherkommen muss, sondern auch hohen Unterhaltungswert hat.

Natürlich darf ein aktueller Seitenhieb zur Landtagswahl, zum "Bayern-Beben", als Auftakt nicht fehlen: "Können Sie sich Herrn ,Opflsoft' als Minister vorstellen?" Überhaupt nehme die Politik dem Kabarett die ganze Arbeit ab und lege schon alles vor: "Da steh ich ja da wie der Depp!" Etwa, wenn im Zuge der wahltaktischen Versöhnung Parteichef Seehofer den Ministerpräsidenten Söder lobe: "Der sei das Beste, was Bayern passieren konnte." Wirklich? "Ja, hat denn der die Alpen, den Tegernsee, die Zugspitze vergessen?"

Danach nimmt sich Springer die Aktion von Minister Spahn vor, der eine Hartz-IV-Empfängerin besuchte und sechs Stück Kuchen mitbrachte - "anstatt anständige Politik für arme Menschen zu machen!" Weiter geht es um den Wert der Bildung in Deutschland, weshalb "ein Bildungs-Rat" zu gründen sei, dessen Zusammensetzung freilich unklar ist: "Wer soll in den Rat - der Dalai Lama? Oder Jogi Löw??" Springer verneint: "Diese beiden wohl nicht, die sprechen beide kein Deutsch!"
Springer spöttelt über den Kreuz-Erlass: "Ich hab erst geglaubt, jeder, der in eine Behörde geht, muss ein Kreuz mitbringen!" Über das bayerische Raumfahrtprogramm "Bavaria One" sagt er: "Früher wollte man die CSU auf den Mond schießen. Heute machen die das selber." Springer geht ein auf die wichtigsten Werte der Deutschen: Die seien etwa "120 zu 80", was für den Blutdruck steht; zweitwichtigster Wert sei das Cholesterin. Diesen Begriff hätten Flüchtlingskinder schon so oft gehört, dass sie das damit Bezeichnete für wichtig halten: "Wir haben keins, wo kriegen wir das her??"
Und schon ist Springer bei seinem Hauptthema, der Flüchtlingsnot. Bekanntlich zählt er zu den derzeit engagiertesten Kabarettisten. Der 1964 in München geborene Künstler, der einst Semitistik und Philologie des christlichen Orients studierte, hilft mit seinem Verein "Orienthelfer" seit Jahren syrischen Kriegsopfern und ist alle zwei Wochen selbst dort vor Ort, wovon er im Programm auch erzählt. Eine Fahrt habe er mit Innenminister Joachim Herrmann absolviert, der Springers Verein mit einer Summe in Höhe von 300000 Euro unterstützt - "wir nennen das humanitäre Hilfe, für die Politik ist das Fluchtursachen-Bekämpfung". Und Springer bringt zu Protokoll: "Je näher wir der syrischen Grenze kommen, desto näher komme ich auch der CSU. Daheim wird der Abstand wieder größer!"
Springer erzählt von einem arabischen Freund, der ihn motivierte, einen Reiseführer über Deutschland zu verfassen, der auf Arabisch erscheint - insbesondere geht es darin "um die deutschen Stämme, die Pommern, die Schwaben, die Sachsen". Sehr anrührend gerät der Schluss des Abends, wenn Springer daran erinnert, wie einst die junge Sophie Scholl vor dem Gefängnis, in dem ihr von den Nazis inhaftierter Vater einsaß, "Die Gedanken sind frei" spielte - ein Lied, das heute von der AfD vereinnahmt werde: "Das dürfen wir uns aber nicht nehmen lassen."

Schließlich erzählt er die Geschichte von der kleinen Mimose, die sich im Fallen immer schreckhaft einzieht, obwohl sie aufgefangen wird, bis sie endlich doch standhaft bleibt: "Diesen Mut der kleinen Mimose - den wünsche ich uns allen!" Dafür gab es minutenlang Applaus.

Walter Buckl