Eichstätt
Licht als Symbol, Licht als Kraft

Mutter Hildegard Dubnick vom Kloster St. Walburg über Kerzen in der Advents- und Weihnachtszeit

04.12.2021 | Stand 09.12.2021, 3:34 Uhr
Äbtissin Hildegard Dubnick findet Kerzen in der Adventszeit stimmungsvoll, denn sie unterstreichen die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens. −Foto: Schönach

Eichstätt - Die Straßenlaternen werden mit Lichtern geschmückt, zuhause wird der Adventskranz angezündet, nach dem Adventsgottesdienst in der Kirche vielleicht eine Kerze.

In der Vorweihnachtszeit begegnen uns viele Kerzen und Lichter. Welche Bedeutung sie haben und warum auch LEDs an Fassaden durchaus ein wenig christlich sein können, erklärt die Äbtissin des Eichstätter Klosters St. Walburg, Hildegard Dubnick, im Interview mit unserer Zeitung.

Frau Äbtissin, in der Advents- und Weihnachtszeit spielen Kerzen und das Licht im christlichen Glauben eine wichtige Rolle. Warum ist das so?
Mutter Hildegard Dubnick: Die Symbolik des Lichts ist in der Advents- und Weihnachtszeit besonders wichtig. Denn: In der nördlichen Halbkugel ist es ja ganz natürlich, dass wir im Winter die kürzesten Tage haben. Es ist die Zeit der Finsternis, in der Jesus Christus geboren wird und uns in diese Dunkelheit das Licht bringt. Jesus wird auch oft als "Licht der Welt" oder als "Sonne der Gerechtigkeit" bezeichnet. Bei diesen beiden Ausdrücken erkennt man die Symbolik. Aus der Geschichte heraus ergibt sich noch eine Bedeutung: Früher war es dunkel, wenn das Tageslicht weg war. Künstliches Licht, zum Beispiel das von Kerzen, war sehr kostbar. Heute empfinden die Menschen Kerzenlicht ja auch noch als etwas Stimmungsvolles, sehr Lebendiges und Wärmendes.


Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie schon mit Licht in der Vorweihnachtszeit gemacht? Gab es ein besonderes Ereignis?
Dubnick: 2019 bin ich in das Kloster nach Eichstätt gekommen. Zuvor war ich in einem Kloster in Colorado, also in Amerika. Und als wir dort in der Christmette in der Kirche eingezogen sind, waren die großen Lichter aus, nur die Kerzen am Altar brannten. Beim Einzug haben wir "Gloria, gloria in excelsis deo. . . " a cappella gesungen. Als wir auf den Plätzen waren, wurde das große Licht eingeschaltet und die Orgel stimmte an. Da merkte man: Jetzt ist etwas anders.

Im Moment steigen die Corona-Zahlen wieder stark an. Kann das Licht als Symbol in der Adventszeit gerade in solch schwierigen Krisenzeiten noch mehr Kraft als sonst spenden?
Dubnick: Corona ist in gewisser Weise eine symbolische Dunkelheit: Es ist eine Krankheit, die viel Leid bringt.   Natürlich gibt es auch im Advent Menschen, die krank sind. Aber dass sich die ganze Welt mit einer Krankheit beschäftigt, ist außergewöhnlich. Und die Tatsache, dass Christus die Dunkelheit besiegt hat, kann uns helfen. Das ist das Geheimnis unseres christlichen Glaubens.

Auch Kerzen können uns diesbezüglich Mut machen.

Dubnick: Ja. Es ist schon ein bedeutungsvolles Bild, dass das Licht einer Kerze - also schon eine einzige Flamme - einen Raum erhellen kann. Das können wir auf den Glauben übertragen: Ein wenig Glauben hilft uns in dieser Zeit.

Bei vielen Menschen sind Kerzen auf den Adventskränzen im Wohnzimmer zu finden. Gibt es im Kloster auch welche?
Dubnick: Wir haben in unserem Speisesaal für die Schwestern einen und einen weiteren Adventskranz in unserem Rekreationszimmer. Das ist der Raum, in dem wir zum Gespräch zusammenkommen. Wir zünden die Kerzen immer dann an, wenn wir in den Räumen sind.

Warum ist Ihnen das wichtig?
Dubnick: Ich persönlich finde sie sehr schön und in der Vorweihnachtszeit machen sie sehr viel aus. Auch ein einfach gestalteter Adventskranz kann zur Besinnung anregen. Ohne diesen Brauch wäre die Zeit viel ärmer. Wenn man jeden Sonntag eine Kerze entzündet, wird es greifbarer, wie sich das Licht zu Weihnachten hin vermehrt.

Sie haben vorhin erzählt, dass Sie in einem Kloster in Colorado lebten, bevor Sie Äbtissin in Eichstätt wurden. Gibt es dort auch eine Tradition rund um den Adventskranz?
Dubnick: Die Tradition mit den Adventskränzen scheint hier etwas stärker zu sein. Ich kenne Adventskränze aus meiner Zeit an einer katholischen Grundschule. Zuhause hatten wir keinen, also kenne ich das nicht als eine Tradition in Familien. Es wäre aber durchaus möglich.

Aus Amerika erreichen uns oft Bilder von Häusern, die in der Advents- und Weihnachtszeit vor LED-Lichtern und -Kunst strotzen. In Deutschland finden wir solche Fassaden ebenfalls immer häufiger. Hat das noch etwas mit der christlichen Tradition des Lichtes und der Kerzen während der Adventszeit zu tun?
Dubnick: Ich finde, das ist eine Gratwanderung. Die Beleuchtungen können schon kitschig werden (lacht). Aber wenn es mit Geschmack gemacht ist, verleiht es der Jahreszeit ein besonderes Gefühl. Die Lämpchen symbolisieren das Licht in der Nacht. Durch solche Elemente kommen vielleicht auch nichtgläubige Menschen zum Nachdenken und schließlich zur zentralen Botschaft der Advents- und Weihnachtszeit. Es kann eine Brücke zur Freude und zum Glauben sein.

Lassen Sie uns ein bisschen in die Zukunft blicken: Wird der Gottesdienst an Heiligabend im Kloster besonders mit Kerzenlicht gestaltet werden?
Dubnick: Wir ziehen ein und ich werde als Äbtissin das Christkind tragen. Zwei Schwestern, eine links und eine rechts von mir, tragen brennende Kerzen. Diese werden dann auch neben die Krippe gestellt. Das Licht unterstreicht noch einmal, dass Jesus kommt und präsent ist.

Die Adventszeit ist nicht nur die Zeit des Lichts, sondern auch die des Wartens. Was wollen Sie den Menschen für die Wochen mit auf den Weg geben?

Dubnick: Auch nichtgläubige Menschen sind bestimmt von der Welle der weihnachtlichen Vorbereitungen mitgetragen. Hoffentlich können sie sich auch auf die Zeit freuen. Denn die Advents- und Weihnachtszeit zeichnet sich vor allem durch Menschlichkeit, Zuwendung und Nächstenliebe aus. Zu Weihnachten denkt man mehr an karitative Einrichtungen und Spendenaktionen. Und man muss nicht Christ sein, um in dieser Zeit solche Dinge besonders zu unterstützen und in den Blick zu nehmen.

EK

Die Fragen stellte Lina Schönach.