Langsames Internet: Es ruckelt im ländlichen Raum

30.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:26 Uhr

Webcam-Trainingseinheiten und Videochats stehen zurzeit hoch im Kurs, doch aufgrund niedriger Übertragungsraten sehen sich viele Bewohner des ländlichen Raums mit ihrem leistungsschwachen Internet mehr denn je abgehängt.

Dies zeigen auch die Reaktionen so mancher Dorfbewohner im Landkreis Eichstätt, keine 30 Kilometer von Ingolstadt entfernt, mitten im hoch entwickelten Bundesland Bayern, das nur allzu gerne "mit Laptop und Lederhose" für sich wirbt. Immer wieder lässt sich im ländlichen Raum - in etwas abgewandelter Form - feststellen: "Zwar Laptop, aber tote Hose. " Unsere Mitarbeiterin Theresia Asbach-Beringer hat aus einigen Ortschaften im Landkreis ein Stimmungsbild zusammengetragen:
Standbild oder gar kein Bild, häufig fehlschlagende Up- oder Downloads sowie Karten und Katalogseiten, die gefühlt eine halbe Ewigkeit zum Laden benötigen. Eine junge Frau, die gebürtig aus Thailand kommt und nun in einem Ort im Landkreis Eichstätt wohnt, meint kopfschüttelnd: "Auf jedem Berg in Thailand gibt es besseres Internet als hier auf dem Land. " Ihr Mann würde gerne einmal störungsfrei und in guter Qualität eine Netflix-Serie anschauen, aber das ist so gut wie unmöglich.

Und während anderswo bereits die ersten Online-Kurse angeboten werden, muss eine Zumba-Trainerin ernüchtert feststellen, dass sie ihre Trainingsstunden den zahlreichen Interessenten nicht via Videoübertragung anbieten kann. Das Internet arbeitet einfach zu unzuverlässig und die Auflösung des Videos lässt ohnehin zu wünschen übrig. In manchen Dörfern funktionieren Videochats schlichtweg nicht - weder Skype noch Jitsi, das kürzlich in einem Leserbrief als Nonplusultra-Tool angepriesen wurde, weil es keine Daten von amerikanischen Unternehmen sammle. Übertragungsraten von weniger als 0,5 Megabits pro Sekunde sind in diesen Ortschaften keine Seltenheit. Es kommt sogar vor, dass Neubauten nicht an das Internet angeschlossen werden können, weil keine Leitungen frei sind.

Wo es Internet gibt, geht es in Zeiten von Heimarbeit oft nur schleichend vorwärts. Eine Mutter von zwei schulpflichtigen Töchtern ist frustriert: "Homeschooling läuft über mehrere Geräte und auch Homeoffice, keine Chance, da ist man mit dem Laufen schneller. " Eine andere Mama pflichtet ihr bei: "Bei uns schwirrt regelmäßig das Internet ab. Vor allem während des Homeschoolings ist es extrem nervig, wenn immer wieder das Internet wegbricht. " Das Hochladen von Dateien sowie das Versenden und Empfangen von Emails mit Anhängen sei oft nicht möglich oder koste sehr viel Zeit.

Da kann es durchaus passieren, dass man bei größeren Datenansammlungen ins Auto steigt und die Dateien per Stick transportiert. Oder man lädt diese in der Arbeit herunter, was nicht weniger umständlich ist. Wer grundsätzlich zu Hause arbeitet, schafft sich nicht selten - sofern es ein funktionierendes Handynetz gibt - einen Cube für Funk-Internet an, dessen Volumen aber begrenzt ist.

Die Kinder eines Pflegedienstleiters können das WLAN beispielsweise nicht mitnutzen, da die Gigabytes für die Tätigkeit ihres Vaters im ambulanten Pflegedienstbereich sonst nicht ausreichen. In manchen Gegenden kam es sogar schon vor, dass bei Gewerbetreibenden über mehrere Tage das Internet ausfiel, obwohl sie zusätzlich einen 24-Stunden-Support bezahlten. Hier trieb die Technik zuweilen ganz sonderbare Blüten: Hatte der eine Gewerbetreibende nach zahllosen Hotline-Anrufen wieder Internet, hatte ein zweiter in unmittelbarer Nachbarschaft keines und umgekehrt - ein richtiges "Ping-Pong-Spiel" erinnert sich die Tochter eines Firmenchefs. Solch unerträgliche Missstände haben häufig einen Anbieterwechsel zur Folge. Oft scheitert eine Beschleunigung des Internets aber an der mangelnden Grundversorgung, insbesondere an den schlechten Leitungen. Hin und wieder hilft ein Wechsel jedoch tatsächlich. Auch laufe in Corona-Zeiten das Internet wieder etwas schneller, ist mancherorts zu hören. Dies alles ist dennoch nur ein schwacher Trost, denn das Gefälle innerhalb der Gemeinden sowie im Vergleich zum näheren Umland von Ingolstadt bleibt. Licht am Horizont gibt es zumindest für ein paar Ortschaften - zum Beispiel im westlichen Landkreis: Dank staatlicher Förderprogramme und gleichzeitig nicht unerheblicher finanzieller Beteiligung der Kommunen bekommen sie spätestens 2022 Glasfaser bis ins Haus. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg und ein noch längerer bis zu einer flächendeckenden optimalen Grundversorgung, die Bayern dann tatsächlich zu einer High-Tech-Vorzeigeregion machen würde.

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